Geht's noch?!

Sorry, aber diese Kosenamen für Kinder sind ein absolutes No-Go

Sag mir deinen (Spitz)namen, und ich sage dir, wer du bist. Unsere Namen beeinflussen, wie wir uns selbst wahrnehmen – und deshalb sollten Eltern manche Kosenamen für ihre Kinder noch mal gründlich überdenken ...

Wütendes Mädchen mit verschränkten Armen.© iStock/ideabug
"Kleine Zicke" ist nicht wirklich der schönste Kosename für Kinder ...

"Hey du Zicke, teil doch mal dein Spielzeug mit den anderen!"

"Traust du dich nicht allein auf die Rutsche, kleiner Schisser?"

"Jetzt hör mal auf zu weinen, du Drama-Queen!"

Klingt nach Mobbing auf dem Schulhof? Tatsächlich sind das alles Sätze, die Eltern ihren Kindern auf dem Spielplatz zurufen.

Schon klar: Die Eltern meinen das nicht böse. Das höre ich am Tonfall, erkenne ich an ihrem Lachen, ihrer Körpersprache. Nur wie meinen sie es dann? Neckisch, flapsig, launig – oder wie?

Augen auf bei der Spitznamen-Wahl

Ganz ehrlich: Ich kann mir den Zahnschmerz-Gesichtsausdruck nur schwer verkneifen, wenn Eltern ihre eigenen Kinder "liebevoll beleidigen".

Nebenbei bemerkt: Ich liebe Spitznamen. Mein Sohn hat schätzungsweise hundert, und manchmal wundere ich mich, dass er überhaupt weiß, wie er wirklich heißt. Kosenamen erzeugen ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie sind wie verbales Kuscheln. Kosenamen sind toll. Aber eines würde mir im Traum nicht einfallen: meinem Sohn eine Beleidigung als Spitznamen zu geben.

Sag mir deinen Namen und ich sag dir, wer du bist

Bin ich einfach zu unlocker, um Zicke, Drama-Queen und kleiner Scheißer als Anrede für ein Kind lustig zu finden? Oder ist es wirklich daneben?

Um mal die Wissenschaft ins Boot zu holen: Schon vor hundert Jahren stellten Psychoanalytiker fest, dass die Leiden mancher Patienten auffällig zu ihren Namen passten. Der amerikanische Sozialpsychologe Gilbert Pelham fand außerdem heraus, dass unser Name einen ungeahnten Einfluss auf unser Leben haben kann. So werden Menschen, die George heißen, mit viel höherer Wahrscheinlichkeit Geologen. Und wer Dennis oder Denise heißt, hat deutliche bessere Chancen, später Dentist, also Zahnarzt, zu werden.

Es wäre jetzt zu weit hergeholt zu behaupten, dass ein Kind, das von den Eltern "kleiner Diktator" oder "Tyrann" genannt wird, später tatsächlich mal ein Land ins Unglück stürzen wird. Fakt ist aber: Namen beeinflussen, wie wir uns selbst wahrnehmen und auch, in welche Richtung Kinder sich entwickeln. Wie ein Mantra hören wir unseren Namen – oder eben Spitznamen – tagein, tagaus. Das bleibt nicht ohne Folgen. Wer von kleinauf hunderttausend Mal hört, eine "Zicke" oder ein "Schisser" zu sein, den kann das durchaus prägen.

Sprache ist mächtig

Achtsame Sprache ist das Stichwort. Psychologen haben längst herausgefunden, dass jedes noch so kleine Wort eine Wirkung hat – manchmal eine größere, als man annehmen möchte.

Also sind auch negative Kosenamen mit Vorsicht zu genießen. Selbst wenn man damit bei anderen Erwachsenen vielleicht einen schnellen Lacher kassiert, können sie sich für die so angeredeten Kinder ganz und gar nicht lustig anfühlen. Schließlich schwingt mit, dass ihr Verhalten falsch ist, nämlich eben zickig, feige oder übertrieben. Und es gibt doch wirklich einen unerschöpflichen Quell an Spitznamen ohne beleidigenden Unterton, auch jenseits von Klassikern wie Schatz, Maus und Hase. Bei Findungsschwierigkeiten: Ich helfe gern.