Wenn es im Bäuchlein ziept

Bauchschmerzen bei Kindern: Was dahinterstecken kann

Vom Säugling, der sich bei einer Dreimonatskolik die Seele aus dem Leib schreit, bis zum Schulkind, das vor der Matheprüfung ein Grummeln in der Magengegend verspürt – Bauchschmerzen bei Kindern können viele Ursachen haben.

Auch seelischer Stress kann sich bei Kindern als Bauchweh äußern. © Foto: Getty Images/Light Field Studios
Auch seelischer Stress kann sich bei Kindern als Bauchweh äußern.

Der vierjährige Tim soll sich eigentlich gerade seine Jacke anziehen. Eben hat er noch putzmunter gefrühstückt, und nun ist es Zeit, in die Kita zu gehen. Aber plötzlich bewölkt sich die kleine Stirn: "Mama, ich hab Bauchweh!"

Welche Kleinkindeltern kennen sie nicht, die dubiosen Bauchschmerzen. Anders als bei Husten, Schnupfen oder einem aufgeschlagenen Knie ist die Ursache oft erst einmal nicht so leicht zu deuten. Das fängt schon bei Babys an: Wird ein Säugling zum "Schreibaby", dann sind nicht selten Dreimonatskoliken dafür verantwortlich. "Im Säuglings­alter sind die Koliken die häufigste Ursache für Bauchschmerzen", erklärt Dr. Ulrike Kullmer vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Mainz. Erst ab dem zweiten Lebensjahr, wenn das Kind auch mehr Kontakt zur Außenwelt und damit zu anderen Kindern hat, kommen vermehrt andere Ursachen hinzu: Infektionen, Verstopfung, Nahrungsmittelunverträglichkeiten – oder sogar eine Blinddarmentzündung.

Wo sitzt der Schmerz?

Manchmal, so die Kinderärztin, ist es aber gar nicht der Bauch, der wehtut. "Kleine Kinder können oft nicht genau lokalisieren, wo die Schmerzen sind, und zeigen auf den Bauch, obwohl etwa eine Bronchitis oder Lungenentzündung vorliegt", so Kullmer. Darum fragen Kinderärzte bei der Untersuchung von Bauchschmerzen auch immer sonstige Symptome ab wie Fieber, Husten, Erbrechen oder Durchfall. So kann der tatsächliche Herd der Schmerzen oft rasch eingegrenzt werden. 

Auch nicht unterschätzt werden sollte die Möglichkeit, dass Kleinkinder einen Fremdkörper verschluckt haben: Batterien, Spielzeugteile, Magnete, Haarspangen und Münzen stehen auf Kullmers "Hitliste" jener Dinge, die häufig von Babys und Kleinkindern gegessen werden und dann zu Schmerzen führen. Hat ein Kind Reinigungsmittel getrunken, rät Kullmer davon ab, das Kind künstlich zum Erbrechen zu bringen. Besser lässt man das Kind viel Wasser trinken, um die chemischen Stoffe zu verdünnen, und ruft sofort die Giftnotzentrale an, um sich Rat zu holen.

Gut zu wissen

Auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit lässt sich über die Suchmaske eine Liste der Giftnotzentralen im gesamten Bundesgebiet einsehen. Es lohnt sich, die für das eigene Bundesland zuständige Nummer im Handy einzuspeichern, sodass man sie im Zweifel griffbereit hat. www.bvl.bund.de

Tim allerdings leidet nicht an einem Magen-Darm-Infekt und hat auch keinen seiner Lego-Bausteine verschluckt. Seine Mutter ahnt schon, woher die Bauchschmerzen kommen könnten: Denn Tim ist vor ein paar Wochen in eine neue Kita-Gruppe gekommen, in der er sich noch nicht ganz zu Hause fühlt. Seit einigen Tagen hat er immer wieder Bauchschmerzen, gepaart mit dem Wunsch, heute mal zu Hause bleiben zu dürfen. Sie hat einen Weg gefunden, damit umzugehen: "Ich zeige Tim, dass ich seine Schmerzen ernst nehme, aber ich lenke das Gespräch dann auch auf das, worauf er sich in der Kita freuen kann." Auch plane sie viel Zeit ein, um nachmittags mit Tim über seine neue Umgebung zu sprechen. Sobald sie morgens an der Kita ankommen, hat Tim seine Bauchschmerzen übrigens immer vergessen – und sie treten inzwischen auch immer seltener auf.

Zum Weiterlesen: Kinderunfälle – was ihr zu Hause tun könnt und wann ihr in die Klinik solltet

Das Kleinkind steckt sich eine Murmel in die Nase. Die Tochter kriegt beim Spielen im Wald einen Ast ins Auge. Der Sohn knallt auf dem Trampolin mit seinem Kumpel zusammen … Kinder tun sich ständig weh, manchmal ziemlich übel. Der erste Impuls vieler Eltern: Ab in die Klinik! Dabei sind die meisten Verletzungen gar keine echten Notfälle. Die Folge: überlastete Notaufnahmen und auf allen Seiten zum Zerreißen angespannte Nerven.

Genau das wollen die Kinder-Docs Benedict-Douglas Sannwaldt und Till Rausch mit ihrem neuen Buch ändern. Es soll Eltern eine Orientierungshilfe für die häufigsten Arten von Verletzungen und Unfällen bieten, um den Ernst der Lage besser einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Ein Buch zum vorsorglichen Drin-Schmökern, aber auch Schnell-mal-Nachschlagen. Mal hoch emotional, mal extrem dramatisch, zwischendurch sogar urkomisch. In jedem Fall aber immer mit viel Herz und Verständnis für alle Eltern, die sich Sorgen um ihren Nachwuchs machen.

"Verknackst, verschluckt, verbrannt: Wie ihr euren Kids zu Hause helft – und wann ihr in die Klinik solltet" von Till Rausch und Dr. Benedict-Douglas Sannwaldt (191 Seiten, Junior Medien, 18,95 Euro).

Bauchschmerzen beim Kind: Wenn die Seele den Bauch stört

Bereits bei Kleinkindern, "verstärkt aber ab einem Alter von acht bis zehn Jahren, haben die Bauchschmerzen oft keine organische Ursache", so Kullmer. Die Mediziner nennen sie dann funktionell – sie übernehmen also die Funktion eines Störmelders für ein psychisches Problem. Wenn sich gar keine körperlichen Gründe finden lassen, schickt Kullmer ihre kleinen Patienten darum weiter zu den Kollegen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. "Schlafprobleme, Kopf- und eben Bauchschmerzen sind die Standardsymptome, weswegen viele Kinder zu uns kommen", sagt Kinderpsychiater Michael Huss. "Es ist ein altes Muster, dass sich seelische Störungen bei vielen Menschen, nicht nur bei Kindern, über körperliche Symptome zeigen. Insgesamt seien – trotz aller Fortschritte in der Geschlechtergerechtigkeit – immer noch häufiger Jungen als Mädchen von solchen psychisch bedingten Schmerzen betroffen, "weil sich Mädchen vielleicht wie Frauen leichter über ihre Gefühle äußern können, auch wenn man das natürlich nicht pauschal sagen kann". In den vergangenen Jahren habe es keinen Anstieg von Kindern gegeben, die wegen undefinierbarer Bauchschmerzen in seine Klinik kamen. Es gebe aber Situationen, in denen sie gehäuft auftreten würden, "nämlich Übergangszeiten und Krisen: Schuleintritt, Umzug, Trennung der Eltern, Tod eines Haustiers oder Krankheit und Tod in der Familie". Doch warum bekommt ein Kind Bauchschmerzen, wenn es umziehen muss oder um seine Katze trauert? "Es ist wichtig, dass wir bei solchen Symptomen immer im Blick haben, dass Körper und Seele eine Einheit sind", betont Huss. "Unser Magen zum Beispiel ist darauf angewiesen, dass alles in unserem Körper in einem bestimmten Gleichtakt abläuft. Eine psychische Störung aber kann sich auf Atmung, Kreislauf und mehr auswirken. Das ist wie bei einem Orchester, in dem plötzlich alles durcheinander ist." Dann ist der Klang dissonant – oder der Magen schmerzt.

Eltern von Kindern, bei denen eine psychische Ursache für Bauchschmerzen vermutet wird, könnten viel zur Heilung beitragen, wenn sie dies beachteten. Gemeinsam mit den Medizinern könne man dann schauen, wo man eine Therapie ansetzt. So kann das Kind Stück für Stück wieder zu einem seelischen Gleichgewicht finden – und das Bauchweh überwinden.

Was tun, wenn Kindergarten- und Schulkinder über Bauchschmerzen klagen?

Mit welchen Informationen die Eltern dem Arzt weiterhelfen ...

... wenn die Schmerzen plötzlich kommen:

  • Treten zusätzlich Erbrechen und Fieber auf?
  • Wie lange dauern die Schmerzen bereits an?
  • Treten die Schmerzen bei Bewegung auf?
  • Hat das Kind zusätzlich einen anderen Infekt (z.B. eine Erkältung)?
  • Hat das Kind (möglicherweise) einen Gegenstand verschluckt?

... wenn die Schmerzen immer wieder kommen:

  • Wie häufig kommen sie vor?
  • Treten sie im Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln auf?
  • Wacht das Kind nachts von den Bauchschmerzen auf?
  • Tut der Bauch bei Bewegung weh?
  • Treten sie im Zusammenhang mit bestimmten Situationen auf?
  • Hat das Kind Sorgen?

Sofort zum Arzt, wenn ...

  • ... Säuglinge Bauchschmerzen zu haben scheinen und gleichzeitig schläfrig sind, fiebern oder nur wenig trinken
  • ... das Kind wegen der Schmerzen über mehrere Stunden schreit
  • ... die Schmerzen mit galligem und blutigem Erbrechen einhergehen
  • ... das Kind blutigen Durchfall hat
  • ... die Schmerzen plötzlich und stark gekommen sind

Autorin: Elisabeth Friedgen

Hausmittel-Hilfe bei Bauchschmerzen

Hier findet ihr ein paar schnelle Ideen aus der Hausapotheke, wenn euer Kind Bauchschmerzen mit einer körperlichen Ursache hat:

Das hilft bei Bauchschmerzen

Eine sanfte Massage, bei der ihr mit angewärmten Händen und in kreisenden Bewegungen über den Bauch eures Kindes streicht, tut jetzt gut. Auch Wärme wirkt Wunder, zum Beispiel eine Wärmflasche, ein warmes Kirschkernsäckchen oder ein Kamillenteewickel. Feuchtet dazu ein Baumwolltuch mit lauwarmem Kamillentee leicht an und legt es flach auf den Bauch. Den Wickel mit einem trockenen Tuch fixieren und dann eine Wärmflasche darauf legen.

Bei Blähungen hilft Rotbuschtee. Dazu gießt ihr einfach einen Teelöffel Rotbuschspitzen oder einen Teebeutel mit 200 Milliliter kochendem Wasser auf. Das Ganze drei Minuten ziehen lassen, mit Milch mischen und ins Fläschchen oder eine Tasse füllen.

Wenn euer Kind zu Verstopfung neigt, gebt ihm noch vor dem Frühstück Saft aus eingeweichtem Trockenobst. Dazu abends fünf Trockenpflaumen und eine getrocknete Feige in einer Tasse mit so viel Wasser übergießen, dass sie gut bedeckt sind. Morgens abseihen. Als Alternative, auch bei Säuglingen, bietet sich Pflaumen- oder Birnensaft an. Ebenfalls für Babys geeignet ist Milchzucker: Gebt einen Teelöffel davon ins Fläschchen.

Das hilft bei Durchfall

Bei starkem Durchfall verliert euer Kind Flüssigkeit und viele Mineralien. Dagegen helfen spezielle Glukose-Elektrolyt-Mischungen aus der Apotheke, die es in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt. Sie werden in Wasser aufgelöst und enthalten auch Traubenzucker. Ein Hausmittel ist Blutwurztee: Zwei Teelöffel zerkleinerte Blutwurz mit einem halben Liter Wasser aufkochen, zehn Minuten sieden und weitere 30 Minuten ziehen lassen. Das Kind kann mehrmals täglich eine Tasse von diesem Tee trinken. Auch Heidelbeeren stopfen. Kocht drei Esslöffel getrocknete Beeren zehn Minuten lang in 400 Milliliter Wasser. Danach abseihen und dem Kind mehrmals täglich löffelweise den Sud anbieten.

Als Aufbaunahrung nach einer Teepause eignen sich für Babys Reisschleim und Karottensuppe. Reisschleim gibt es als Fertigprodukt. Die Karottensuppe ist im Handumdrehen zubereitet: Zwei geschälte Karotten in einem Viertelliter Gemüsebrühe weich kochen und pürieren. Gebt eurem Kind diese Suppe über den Tag verteilt, eventuell im Wechsel mit einer zerdrückten Salzkartoffel. 

Das hilft bei Erbrechen

Einmaliges Erbrechen ist noch kein Grund zur Sorge. Die Kleinen können sich leichter als Erwachsene von Nahrung befreien, die sie schlecht vertragen. Erst wenn dein Kind sich mehrmals hintereinander erbricht, wenn es keine Flüssigkeit im Magen behalten kann und möglicherweise auch noch Fieber bekommt, solltet ihr mit ihm zum Arzt gehen.

Fertigtees aus Kamillenblüten oder Melissenblättern entspannen und beruhigen die gereizte Magenschleimhaut. Bei Übelkeit raten Ärzte zu Fencheltee.
Ein feuchtwarmer Wickel mit Heilerde entspannt die Magenmuskulatur und lindert Schmerzen. Verrührt dazu zwei Esslöffel Heilerde mit etwas lauwarmem Wasser zu einem Brei. Das Ganze auf ein feuchtes Tuch streichen und dem Kind mit der bestrichenen Schicht auf den Oberbauch legen. Den Wickel könnt ihr mit einem trockenen Handtuch und einem Wollschal fixieren.

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