Beine mit Jogginghosen© iStock/ViewFramer
Jogginghosen an Schulen verbieten – ist das sinnvoll?

Mein Sohn (inzwischen 10 Jahre alt) hat schon immer gerne Jogginghosen getragen. Jeans fand er oft "zu hart", weil er sich gerne bewegt und dabei nicht eingeschränkt sein möchte. Und die weichen Hosen haben noch mehr Vorteile: Man muss keinen Reißverschluss, keine Knöpfe schließen, dank des Gummizugs halten sie einfach so. Doch immer wieder werden Stimmen laut, die für ein Jogginghosen-Verbot an Schulen sind.

Jogginghose: Das absolute Lieblingsstück

Die Lieblingshose meines Sohnes ist eine schwarze Jogginghose mit Reißverschlusstasche seitlich über dem Knie. Hier kann er perfekt die Karte reinstecken, mit der er sich in der Schule sein Mittagessen abholt. Außerdem hat er beim Toben keine Einschränkungen, was seine Bewegungen angeht. Die Hose gibt immer nach. Der Stoff ist schön weich und kuschelig, es kratzt und drückt nirgendwo – auch nicht, wie bei vielen Jeans, durch einen Knopf oder so. Aus meiner Sicht sieht die Hose aufgrund der Farbe sogar einigermaßen schick aus. Und sie ist auch perfekt für den Theaterunterricht, wo sie Schwarz tragen sollen. 

Einheitliche Kleidung an Schulen erwünscht?

Doch zwischendurch wird immer wieder überlegt, Kindern (und Jugendlichen) diese Freiheit (in Stil und Bewegungsmöglichkeit) zu nehmen. Das fordert auch die Deutsche-Knigge-Gesellschaft, unsere höchste Instanz für Benimmfragen. Sie sieht im Tragen von Jogginghosen eine "Gefahr des moralischen Verfalls". Mit der Kleidung drücke man eine Aufgabe, Autorität oder Zugehörigkeit aus. Eine Jogginghose lasse sich keiner wertvollen Aufgabe zuordnen.  

Schule schickte Jogginghosenträger nach Hause

Vor einiger Zeit berichtete sogar die "Tagesschau", der Bundeselternrat sei für Kleidungsregeln an deutschen Schulen. Eine Begründung dafür ist, dass dies den Eltern morgendliche Diskussionen mit dem Nachwuchs bei der Kleiderwahl ersparen würde. Im Gespräch sind dabei neben Jogginghosen auch zerrissene Kleidungsstücke und sehr freizügige, zum Beispiel Miniröcke, Hotpants, bauchfreie Tops oder tief ausgeschnittene Oberteile. 

In einer Schule in Wermelskirchen (Nordrhein-Westfalen) wurden Schüler*innen nach Hause geschickt, weil sie Jogginghosen trugen. Diese seien laut Schulordnung verboten. Weiter hieß es in der Begründung, die Schule sei eine Vorbereitung aufs Berufsleben und dort trage auch niemand Jogginghosen.

Rechtlich gesehen darf eine Schule keine Jogginghosen, Miniröcke oder bauchfreie Tops verbieten. Die Schulvertretung kann eine Kleidungsordnung vorschlagen, sofern alle in der Schulkonferenz vertretenen Schüler*innen zustimmen. Es handele sich dann um eine Empfehlung, nicht aber um eine Pflicht, denn persönliche Kleidung ist Ausdruck der Persönlichkeit, deren freie Entfaltung über die Grundrechte geschützt ist. 

Bundeselternrat für Kleidungsregeln

Die Vorsitzende des Bundeselternrates, Christiane Gotte, sagte gegenüber der Funke Mediengruppe, dass Schulen einen Konsens finden könnten, der dann Teil der Hausordnung würde. Dadurch hätte ein Verstoß auch Konsequenzen. "Dann kann man Schülerinnen oder Schüler nach Hause schicken und verlangen, dass sie sich ordentlich anziehen", sagt die Vorsitzende.

Lehrerverband will kein Verbot

Laut "Tagesschau" sprachen sich Vertreter des Deutschen Lehrerverbandes und des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) gegen feste Regeln aus. Selbstbestimmung und Freiheitsverständnis seien geschichtlich gewachsen und tief in der Gesellschaft verankert. 

Nachdem sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für Einheitskleidung an Schulen ausgesprochen hatte, wies der Vizeleiter des Verbandes für Bildung und Erziehung auch darauf hin, dass Schuluniformen keine soziale Ungerechtigkeit verhindern würden.

Tatsächlich ist es doch so, dass viele Menschen über ihre Kleidung ihren individuellen Stil und damit auch ihre Persönlichkeit ausdrücken. Wollen wir es jungen Menschen nehmen, ihren eigenen Stil zu entwickeln und selbst herauszufinden, wie sie sich definieren wollen? Ich hoffe jedenfalls, dass mein Sohn sich weiterhin selbst aussuchen darf, was er trägt – auch in der Schule. 

Was findet ihr, sollte an Schulen verboten werden?

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In der Schule gibt es schon genug Regeln – da braucht man nicht auch noch ein Klamotten-Verbot

Saskia Niechzial ist Lehrerin, Podcasterin und Autorin. Sie nimmt eine ähnliche Position ein. Ihrer Meinung nach könne man – auch als Lehrkraft – in dem Gewirr zahlreicher Regeln durch Schulgesetze und Schulordnungen leicht mal den Überblick verlieren. Das Pochen auf das Einhalten all der Regeln könne sehr kraftraubend (und nicht zielführend) sein, daher findet sie es sinnvoll, individuelle Lösungen zu finden. Sie plädiert grundsätzlich für einen offenen Austausch statt starrer Regeln. Und schlägt vor, auch mal die Schüler selbst zu befragen, warum die Jogginghosen tragen wollen. Argumente wie "Diese Hosen sind günstiger als Jeans" lassen sich wohl nur schwer entkräften ...

Hier seht ihr ihren Instagram-Post dazu:

Euch interessiert noch mehr zu diesem Thema? Dann schaut euch die beiden Videos weiter oben in diesem Artikel an.