Klischees in Kindersendungen

Wie das "Schlumpfine"-Prinzip Kindern beim "Paw Patrol"-Gucken schadet

Eine Gruppe männlicher Protagonisten kämpft gegen das Böse, während der einzige weibliche Charakter nett lächelt?! Das "Schlumpfine-Prinzip" beschreibt die immer noch ziemlich verstaubten Genderklischees in vielen Kinderserien. 

Schlumpfine und die Schlümpfe© Getty Images/Rachel Murray
Schlumpfine hat keinen weiblichen Support in ihrer Schlumpf-Truppe.

Als ich ein kleines Mädchen war, habe ich ganz gern mal die ein oder andere etwas actionreichere Kindersendung geguckt. Aber eines ist mir erst heute, als erwachsene Frau und Dreifachmama, klar: Die spannendsten Geschichten wurden meist rund um die männlichen Charakteren gestrickt – daneben natürlich immer das eine Quoten-Girl! Das aber eher hübsch, niedlich und nett war, zuständig für die sanften Einsätze und den Applaus. 

Nun habe ich gelernt, dass es dafür sogar einen Begriff gibt: Diese Überrepräsentanz männlicher Akteure nennt sich Schlumpfine-Prinzip. Eigentlich sollte man meinen, dass Kindersendungen in den 2020ern mehr können als in alte Genderklischees zu rutschen ... leider nicht unbedingt!

Stereotypen im Kinderfernsehen

Auf das Thema bin ich durch einen sehr spannenden Beitrag auf der Website von Deutschlandfunk gestoßen: "Wie umgehen mit Stereotypen in Kindermedien?" Hier wird das Schlumpfine-Prinzip folgendermaßen definiert: 

Einer rein männlichen Gruppe von Protagonisten mit differenzierten Charaktereigenschaften wird eine einzige weibliche Figur zur Seite gestellt, deren Hauptmerkmal ihr Geschlecht ist. Nicht selten wird jene weibliche Figur dann auch noch als extrem hilfsbedürftig und abhängig dargestellt und dient den männlichen Figuren am Ende ausgestandener Abenteuer bestenfalls als Trophäe.

Die Theorie geht auf die amerikanische Dichterin, Schriftstellerin Katha Pollitt zurück, die dieses mediale Phänomen bereits in den Neunzigern kritisiert hat. Doch auch heute, dreißig Jahre später, begegnen uns immer wieder solche Fernsehformate für Kids. "Bestes" Beispiel: Paw Patrol! Eine der derzeit beliebtesten Sendungen für Kinder weltweit. Und wer trägt in diesem Format Rosa und rettet eher Kätzchen als sich um die Großeinsätze zu kümmern? Sky, die einzige Hündin des Vierpfoten-Teams. Okay okay, folgsame PP-Fans werden jetzt einwerfen: Was ist mit Everest, der Bergretterin? Oder Liberty aus dem Kinofilm? Zwar handelt es sich bei den beiden um weibliche Unterstützung für Sky, aber die Hündinnen spielen mit Sicherheit keine starke, imponierende Hauptrolle wie Chase oder Marshall. 

Fakt ist: Weibliche Protagonistinnen sind in medialen Kinderangeboten generell unterrepräsentiert. Eine Studie der Malisa Stiftung aus 2017 ergab, dass auf eine weibliche Fantasiefigur neun männliche kommen. Und diese eine weibliche Rolle glänzt dann oft eher eindimensional ... 

Was daran so schwierig ist? 

Weertje Willms, Professorin für Neuere Deutsche Literatur, erklärt gegenüber Deutschlandfunk: "Die Wirkung, die Rollenmuster auf Kinder ausüben, ist umso stärker, je höher die Dosis ist und je weniger im unmittelbaren Umfeld diese Konstrukte reflektiert werden." Werden Kinder also regelmäßig und schon sehr früh mit überholten Geschlechterklischees zugedröhnt, dann wirkt sich das natürlich auf ihr Denken und Handeln aus. Bereits mit fünf Jahren beginnen Kinder sich über ihr Geschlecht zu definieren, ordnen sich diesem ganz natürlich zu und suchen selbstverständlich nach Vorbildern. Auch in den Medien. 

Wichtig: Die eine Folge Paw Patrol ab und an ist überhaupt nicht dramatisch, wenn bei Eltern ein grundsätzliches Bewusstsein darüber herrscht, wie wichtig Vielfältigkeit ist. Es gibt so wundervolle Angebote für Kinder, die Diversität würdigen, nicht nur aufs Geschlecht bezogen. Sei es im Bereich der Kindersendungen, Bücher oder selbst bei Computerspielen, etwas näher und bewusster hinschauen lohnt sich also auch für uns Eltern immer wieder. 

Einige Kindersendungen und -bücher, die es besser machen: 

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