
Eure Kinder gehen gern zur Schule und freuen sich, dass sie so einen tollen und engagierten Klassenlehrer bekommen haben? Dann könnt ihr euch so richtig glücklich schätzen, denn meist steht und fällt mit der Lehrkraft so ziemlich alles, was die Bereitschaft in der Schule und das Interesse am Thema Schule generell so mit sich bringt. Und spätestens wenn das Schuljahr wieder herum ist, die Abiturprüfungen hinter einem liegen oder wenn Weihnachten bevorsteht, kommt oft die Frage nach einem Geschenk für den Lehrer bzw. die Lehrerin in der Klasse auf – als Dankeschön, als Wertschätzung. Das ist doch eine nette Geste, aber dürfen Lehrer überhaupt Geschenke von Schülern annehmen? Und wenn ja, was ist im Schulrecht erlaubt und was nicht? Unser Rechtsexperte, Rechtsanwalt Benjamin Grunst von "Buse Herz Grunst Rechtsanwälte", klärt euch darüber im Nachfolgenden auf.
Sind Geschenke an Lehrer erlaubt? Welches Gesetz besagt, was und wie viel eine Lehrkraft an Geschenken annehmen darf? Und gibt es dazu bundesländerübergreifend eine Einigung?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Grundsätzlich sind Geschenke an Lehrkräfte verboten. Das folgt aus Paragraph 42 BeamtStG bzw. Paragraph 3 Abs. 3 TV-L. Danach bedürfen Ausnahmen der Zustimmung des Dienstherrn bzw. des Arbeitgebers. Geschenke sind also nur erlaubt, wenn sie im Einzelfall von der dienstvorgesetzten Stelle genehmigt werden oder als "stillschweigend genehmigt" angesehen werden dürfen. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn eine Beeinflussung der Lehrkraft nicht zu befürchten ist. Dabei wird man bei einer Gruppe von Schülern einen höheren Betrag ansetzen können, als bei einer Einzelperson. Um für Klarheit und Rechtssicherheit zu sorgen, haben einige Bundesländer und teilweise sogar einzelne Schulen eigene Regelungen getroffen und Höchstgrenzen festgesetzt.
Warum muss das überhaupt gesetzlich geregelt sein?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Lehrkräfte sind Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst. Im Rahmen ihrer Amtsausübung dürfen sie nicht korrupt oder bestechlich sein. Man stelle sich einen Prüfling vor, der der Lehrkraft kurz vor der Prüfung ein Geschenk macht. Da in einem solchen Fall die Chancengleichheit nicht mehr gewährleistet wäre, müssen solche Zuwendungen verboten werden.
Wenn sich jetzt bspw. eine ganze Klasse am Ende des Schuljahres bei ihrer Lehrkraft bedanken möchte, welche Geschenke und welche Summe wären dann bei der Vielzahl an Personen erlaubt?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Das lässt sich aufgrund der verschiedenen Regelungen in den einzelnen Bundesländern nicht einheitlich beantworten. Generell gilt, dass zum Beispiel Geldgeschenke grundsätzlich als unzulässig angesehen werden.
Können Sie zum Verständnis in diesem Zusammenhang Beispiele aus den unterschiedlichen Bundesländern nennen?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst:
- In Berlin gilt für Gruppengeschenke ein Höchstwert von 50 Euro, wobei ab 30 Euro eine Anzeigepflicht der Lehrkraft besteht. Bei Zuwendungen von Einzelpersonen beträgt der Höchstwert 10 Euro.
- In Brandenburg gilt die Genehmigung als stillschweigend erteilt, wenn die Zuwendung einen Wert bis zu 15 Euro pro Zuwendungsgeber:in im Kalenderjahr nicht übersteigt.
- In Hamburg gilt nur ein Höchstwert von 5 Euro als genehmigungsfrei, Zuwendungen bis zu 20 Euro sind genehmigungsfähig. Dabei sind Zuwendungen von Einzelpersonen generell verboten, es sei denn, es handelt sich um handgefertigte Geschenke von rein ideellem Wert.
- In Hessen beträgt die Obergrenze für stillschweigend genehmigte Geschenke 20 Euro.
- In Niedersachsen ist die Grenze auf 10 Euro festgesetzt.
- In Rheinland-Pfalz gilt eine entsprechende Empfehlung.
- Auch in Schleswig-Holstein ist die Bagatellgrenze auf 10 Euro festgesetzt.
- Im Saarland gilt eine stillschweigende Zustimmung für Zuwendungen bis zu einem Wert von 15 Euro je Einzelfall und einer Höchstgrenze von 60 Euro im Kalenderjahr.
- In Sachsen gilt die Zustimmung als stillschweigend erteilt für Zuwendungen im Wert von 20 Euro und jährlich insgesamt höchstens 60 Euro.
- In Thüringen sind Zuwendungen bis zu einem Wert von 25 Euro stillschweigend genehmigt.
- In den übrigen Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) wird eine feste Wertgrenze, bis zu der Geschenke angenommen werden dürfen, nicht angegeben. In diesen Bundesländern dürfen grundsätzlich nur "geringwertige" Aufmerksamkeiten als stillschweigend genehmigt angesehen werden.
Was passiert mit zu teuren Geschenken? Müssen diese zurückgegeben werden oder ist in jedem individuellem Fall eine Einzelfallentscheidung zu treffen?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Übersteigt ein Geschenk die Bagatellgrenze, so hat die Lehrkraft die beabsichtigte Annahme unverzüglich der dienstvorgesetzten Stelle anzuzeigen. Diese prüft dann, ob durch die Annahme des Geschenks eine unzulässige Beeinflussung droht. Wird die Genehmigung versagt, so darf das Geschenk nicht angenommen werden bzw. muss zurückgegeben werden.
Mit welcher Strafe hat der Lehrer zu rechnen, sollte er doch mal ein teures Geschenk einbehalten?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Behält die Lehrkraft das Geschenk trotzdem, so stellt das ein Dienstvergehen dar bzw. hat das dann arbeitsrechtliche Konsequenzen. Im Extremfall können sich die Beteiligten sogar strafbar machen. Für Lehrkräfte kommt eine Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme (Paragraph 331 StGB) oder Bestechlichkeit (Paragraph 332 StGB) in Betracht. Die schenkenden Schüler und Eltern machen sich gegebenenfalls wegen Vorteilsgewährung (Paragraph 333 StGB) oder Bestechung (Paragraph 334 StGB) strafbar.
Und zu guter Letzt: Ihr Tipp an alle Schüler, die ihrem Lehrer eine Freude bereiten wollen?
Rechtsanwalt Benjamin Grunst: Grundsätzlich ist es ratsam, dass Geschenke an Lehrkräfte von der Klassengemeinschaft und nicht von Einzelpersonen gemacht werden. Hinsichtlich der Höchstgrenze sollten sich die Schüler direkt an die Schulleitung wenden und die in ihrem Fall geltenden Regeln erfragen.
Unser Experte: Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Benjamin Grunst ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei "Buse Herz Grunst Rechtsanwälte" und verfügt über mehrjährige Erfahrung im Bereich des Sexualstrafrechts, Wirtschaftsstrafrechts, Drogenstrafrechts und des allgemeinen Strafrechts.