Sternekoch Johann Lafer hat selbst zwei Kinder.© Foto: PR
Sternekoch Johann Lafer hat selbst zwei Kinder.

Johan Lafer – zur Person

Sternekoch Johann Lafer (geboren 1957) hat bis 2019 das Hotel "Stromburg" im Hunsrück in Reinland-Pfalz geleitet. Der gebürtige Österreicher und Hobby-Hubschrauberpilot hat über 60 Kochbücher geschrieben und in mehr als 3.000 TV-Kochsendungen mitgewirkt. Zwischenzeitlich unterrichtete er außerdem angehende Ernährungswissenschaftler im Fach "Kulinaristik" an der Hochschule Fulda. Im November 2012 hat Johann Lafer im Rahmen des Projekts "Food@ucation" die Mensa im Gymnasium Römerkastell in Bad Kreuznach eröffnet. Zusammen mit seiner Frau Silvia Buchholz-Lafer (geboren 1958), mit der er seit 1990 verheiratet ist, hat er zwei Kinder: Tochter Jennifer (geboren 1995) und Sohn Jonathan (geboren 2001).

Warum haben Sie das  Projekt "Food@ucation" ins Leben gerufen?

Johan Lafer: Bei meinen Kochvorführungen und Geschmackstests an Schulen fiel mir immer öfter auf: Viele Kinder kennen die einfachsten, frischen Produkte gar nicht mehr. Da war Handeln angesagt. Bloßer Aktionismus reichte nicht.

Was beinhaltet das Projekt?

Das Modellprojekt läuft in der Schulmensa eines Gymnasiums in Bad Kreuznach in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda, dem Land Rheinland-Pfalz und dem Kreis Bad Kreuznach. Die Kinder und Jugendlichen werden täglich frisch und gesund bekocht. Vor dem Start wurden die Schüler befragt, was sie mögen. Jetzt gibt es einen Mensabeirat aus Schülern, Eltern und Lehrern, der ein Mitspracherecht bei neuen Rezepten hat. Eine Ökotrophologin gibt Ernährungsunterricht und fungiert als Schnittstelle zwischen der Mensa und den Schülern.

Wie sind die Rückmeldungen der Schüler?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mit einem solchen Erfolg nicht gerechnet hätte. Wir haben etwa 250 bis 300 Essen täglich kalkuliert, inzwischen sind es fast 500. Das heißt doch, dass es den Kindern und Jugendlichen schmeckt!     

Ihre Kinder wachsen mit einem Sternekoch als Vater auf. Sind sie beim Essen verwöhnt?

Ich kann schon sagen, dass meine Kinder gerne und auch fast alles essen. Es wird bei uns immer frisch gekocht, aber sicher nicht jeden Tag Sterneküche.

Schmeckt es den beiden denn in ihrer eigenen Schulmensa?

Wir haben das Problem, dass wir das Essen an der Schule der Kinder zwar bestellen – aber in der Tat mögen sie es nicht ...

Schlechtes Essen, Lärm und auch schon mal Tausende von Schülern, die sich durch verdorbene Erdbeeren einen Magen-Darm-Virus zuziehen – einen guten Ruf haben Schulkantinen gemeinhin nicht. Woran liegt das?

Es ist ganz klar eine Geldfrage! Für die meisten darf Schulessen nichts kosten. Es ist grotesk, dass Eltern den Kindern Geld für Fast Food mitgeben, aber das Schulessen nicht bezahlen wollen. Wenn ich daran denke, dass manche Schulträger stolz darauf sind, den Preis für das Schulessen auf zwei Euro heruntergehandelt zu haben, kann ich nur den Kopf schütteln. Haben die Entscheider schon einmal für zwei Euro gekocht? Ganz klar, dass dann solche Skandale passieren.

Auch Kindergartenkinder essen in der Einrichtung. Worauf sollten Erzieher bei der Mahlzeitenzusammenstellung achten?

Dass aus frischen Produkten abwechslungsreich und saisonal gekocht wird. Die Kinder haben durch die ständige Verfügbarkeit aller Lebensmittel den Geschmack der  Jahreszeiten fast gänzlich verlernt. Damit nehmen wir ihnen ein großes Stück natürlicher Geschmackserinnerungen.

Passiert von staatlicher Seite zu wenig in Hinsicht gesunder Ernährung?

Ja, es passiert viel zu wenig! Zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer. Es ist lächerlich, dass Süßigkeiten oder Hundefutter mit sieben Prozent, gesunde Lebensmittel oder Mineralwasser mit 19 Prozent besteuert werden. Eine Ernährungsampel wäre sicherlich auch ein guter erster Schritt, um ein Zuviel an Zucker und Fett in Produkten deutlich zu machen. Dazu müssten aber auch die zahlreichen unnatürlichen Zusatzstoffe gekennzeichnet werden.

Hipp hat auf Druck der Verbraucherorganisation Foodwatch einen Instantee aus dem Programm genommen, die Supermarktkette Real überzuckerte Frühstücksflocken. Werden die Verbraucher hellhöriger?

Nach meinem Gefühl kündigt sich so langsam ein Wandel an – für mich allerdings zu langsam. Wir sind in Deutschland das Schlusslicht, wenn es um die Ausgaben für Lebensmittel prozentual zum Einkommen geht. Und: Wir haben weltweit den größten Anteil an Lebensmitteldiscountern. Kein Mensch fragt nach dem Preis eines Motoröls, beim Speiseöl wird aber akribisch verglichen.

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