
Der mütterliche Körper vollbringt während der Geburt wahre Wunder: Erst das „Aufmachen“ (der Muttermund öffnet sich bis zehn Zentimeter), dann das „Mitmachen“ (mit den Presswehen wird das Kind geboren) und zum Schluss das „Loslassen“ (die Plazenta wird abgestoßen). Bist du schon mit häufiger und regelmäßiger Wehentätigkeit oder einem vorzeitigen Blasensprung in der Klinik angekommen, wird eine erste vaginale Kontrolluntersuchung durchgeführt.
Wenn dir die Hebamme dann bestätigt, dass sich der Muttermund nun geöffnet hat, ist der große Augenblick gekommen: Die Geburt hat wirklich begonnen! Nun wirst du in regelmäßigen Abständen vaginal untersucht, um den Geburtsfortschritt festzustellen. Der Herzschlag deines Babys wird mittels Monitor überwacht.
Natürliche Geburt
Wie die meisten Frauen, wünschst vermutlich auch du dir und deinem Baby eine natürliche Geburt, frei von Komplikationen. Das ist absolut verständlich und in den meisten Fällen auch sehr wahrscheinlich. Du solltest dich aber nicht auf eine ganz bestimmte Geburtsstellung oder eine Geburtsart gedanklich fixieren. Generell steht zum Beispiel einer Wassergeburt nichts im Wege, solange es dem Kind gut geht, es nicht zu groß ist und die Geburt normal voranschreitet. Vieles kann sich jedoch plötzlich anders ergeben, als du gedacht hast. Die Geburt ist kein Verfahren, das nach festen Regeln abläuft, sondern ein fließender Prozess.
Die Eröffnungsphase
Die Eröffnungsphase ist die längste und deshalb für Erstgebärende auch die anstrengendste Phase der Geburt. Sie kann beim ersten Kind 18 Stunden und länger dauern. Aber so extrem muss es nicht kommen. Manche Frauen haben diesen ersten Teil auch schon nach sechs Stunden überstanden. Die Eröffnungsphase dauert zwar lange, dafür sind die Wehenschmerzen aber anfangs noch sehr gut zu ertragen.
Zu Beginn kommen die Wehen etwa alle zehn Minuten und dauern 30 bis 50 Sekunden. In dieser Phase sind die Wehen noch nicht besonders schmerzhaft. Durch die sogenannten Eröffnungswehen wird der Druck auf den Muttermund immer größer, das Köpfchen des Babys tritt tiefer ins Becken ein. Langsam, die ersten fünf Zentimeter dauern am längsten, öffnet sich der Muttermund. Bis er vollständig geöffnet ist (zehn Zentimeter) dauert es noch eine ganze Weile. In dieser Zeit kommen die Wehen immer häufiger und dauern immer länger. Am Ende der Eröffnungsphase bleiben der werdenden Mutter maximal zwei Minuten zwischen den Wehen, die bis zu 80 Sekunden anhalten, zum Ausruhen. Diese kurze Atempause sollten die Schwangere so gut es geht zum Entspannen nutzen. Wenn der Wehenschmerz in dieser Phase unerträglich wird, ist jetzt der beste Zeitpunkt, um nach Schmerzlinderung zu fragen.
Tipp:
Wenn die Eröffnung nicht richtig vorangeht, liegt es vielleicht an der Position. Meistens geht’s schneller, wenn die Gebärende eine aufrechte Haltung einnehmen kann. Vielleicht hilft auch ein Bad in der Geburtswanne? Bekanntlich fördert warmes Wasser die Wehen.
Die Übergangsphase
Wenn die letzten Eröffnungswehen kommen, beginnt die intensivste Phase der Geburt. Während die Gebärmutter sich auf die Austreibungsphase vorbereitet, werden die Wehen unregelmäßiger und auch extrem schmerzhaft. In dieser Phase bleibt zwischen den einzelnen Wehen kaum noch Zeit zum Ausruhen und Entspannen. Viele Frauen erleben diesen Teil der Geburt als den schwierigsten überhaupt. Die Schmerzen sind schier unerträglich, die Gefühle schwanken zwischen Verzweiflung und Zorn, das Gefühl, "einfach nicht mehr zu können", wird häufig übermächtig.
Tipp:
Die Übergangsphase ist der schwierigste und schmerzhafteste Teil der Geburt. Gegen dieses Gefühlschaos kann man sich nicht wehren, und man sollte auch nicht versuchen, es zu beherrschen oder gar zu unterdrücken. Am besten lässt man den Gefühlen freien Lauf! Schreien, weinen, schimpfen – all das kann helfen, die Situation erträglicher zu machen. Und keine Sorge: Die Geburtshelfer wissen, unter welch enormem Druck eine Gebärende jetzt steht und haben dafür wirklich Verständnis.
Die Austreibungsphase
Sobald der Muttermund vollständig geöffnet ist, beginnt der letzte und aufregendste Teil der Geburt, der eine halbe bis eineinhalb Stunden dauert: die Austreibungsphase. Viele Frauen empfinden diese Phase im Vergleich zur langen Eröffnungsphase als ausgesprochen angenehm. Jetzt kann die werdende Mutter endlich aktiv werden und ihr Baby herauspressen, während sie die Wehen in der Eröffnungsphase nur passiv veratmen konnte.
Die Austreibungswehen sind so kraftvoll, dass einige wenige genügen, um das Baby mit dem Köpfchen voran durch den Scheideneingang zu schieben. Endlich ist das Baby geboren. Die Hebamme legt das Baby mitsamt der Nabelschnur, blutig und von einer dicken Schicht Käseschmiere überzogen, auf den Bauch der frischgebackenen Mama. Die große Kraftanstrengung hat sich gelohnt.
Tipp:
Im Augenblick des Durchtritts durch die Scheide darf die Mutter nicht mehr mitpressen, jetzt muss sie ihr Baby kommen lassen. So soll der Kopf des Kindes geschont und das Dammgewebe, das aufs Äußerste gespannt ist, vor dem Zerreißen geschützt werden. Den entscheidenden "Schritt ins Leben" schafft das Baby ganz allein.
Die Nachgeburtsphase
Während die Mama das Baby noch in den Armen hält, setzen erneut Wehen ein. Dadurch löst sich die Plazenta von der Innenwand der Gebärmutter und wird samt Nabelschnurresten und Eihäuten als Nachgeburt abgestoßen. Der Zustand der Nachgeburt gibt den Geburtshelfern Hinweise auf den Gesundheitszustand des Babys. Wenn die Plazenta gut durchblutet ist, ist das Baby im Mutterleib gut versorgt worden. Eine schlechte Durchblutung deutet auf eine Mangelversorgung hin. Ist die Plazenta vollständig, oder sind Reste in der Gebärmutter geblieben? Bald darauf setzen die Nachwehen ein. Sie müssen sein, damit die Gebärmutter sich wieder zusammenzieht und die aufgerissenen Blutgefäße sich schnellstmöglich schließen. Die Nachwehen beginnen übrigens fast immer, wenn die Mutter ihr Baby zum ersten Mal zum Trinken anlegt.
Tipp:
Was geschieht, wenn das Baby geboren ist? Direkt nach der Geburt wird das Baby zum ersten Mal gründlich untersucht. Wenn das Dammgewebe gerissenen ist oder ein vorsorglicher Dammschnitt gemacht wurde, wird der Damm genäht. Der junge Vater darf sein Kind abnabeln, muss es aber nicht. Innerhalb von 20 Minuten sollte das Baby zum ersten Mal an der Mutterbrust trinken. In dieser Zeit ist der Saugreflex am größten.
Bonding - die Bindung zum Kind
Nutze zusammen mit deinem Partner die Chance, euer Baby während der ersten Stunden mit viel Ruhe zärtlich willkommen zu heißen. Bestaunt seine kleinen Finger, die süße Nase oder seine zarte Haut. Sprecht liebevoll mit ihm, während es auf deinem Bauch liegt oder schon Saugversuche an deiner Brust macht. Es hört so die vertraute Stimme, die es schon in deinem Bauch gehört hat. Solche Zuwendung und Aufmerksamkeit helfen dem Neugeborenen, sich geborgen und sicher zu fühlen in dieser neuen Welt. Selbstverständlich ist es wunderbar, wenn auch der frischgebackene Vater seinem Kind diese Zärtlichkeiten schenkt. Falls es bei der Geburt zu Komplikationen oder sogar zu einer Trennung von Mutter und Kind gekommen ist, dann halte dein Baby besonders oft und lange im Arm oder lege es dir nun auf die nackte Brust. Mit solchen tiefen und zärtlichen Schmusestunden heilst du Spuren des Trennungsschmerzes. Auch nach der Verlegung auf die Wochenbettstation dürfen längere Telefonate und erste Besuche von ungeduldigen Großeltern oder Freunden ruhig etwas warten. Nimm dir Zeit für dieses erste Kennenlernen.