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Die Gefühle, mit denen Schwangere einer Geburt entgegenblicken, mögen völlig unterschiedlich sein – manche verspüren Vorfreude und Zuversicht, andere werden von Ängsten geplagt. Doch eines gilt für sie alle: Eine Geburt ist ein lebensveränderndes Ereignis für jede Frau. Egal wie gut sie sich vorbereitet hat – am Ende kommt oft alles ganz anders als erwartet. Doch es gibt Möglichkeiten, mit denen die Gebärende den Geburtsverlauf maßgeblich mitbestimmen kann. Immer mehr Frauen setzen auf Hypnobirthing – eine Methode, die im englischsprachigen Raum längst etabliert ist.
Bianca Maria Heinkel ist Autorin ("Happy Birth Day") und Expertin für Hypnobirthing. Auch wenn die meisten Frauen mit realistischen Vorstellungen an das Thema Geburt herangehen, sind ihr in ihren Kursen auch schon zwei andere, ganz gegensätzliche Extreme begegnet: "Die einen sagen: 'Augen zu und durch'. Sie negieren, betreiben Vogel-Strauß-Politik, geben die Verantwortung ab. Die anderen werden von Ängsten überschwemmt und sind gar nicht mehr handlungsfähig. Unweigerlich geht die Geburt dann in diese Richtung", sagt sie.
Um sowohl das eine als auch das andere Extrem zu vermeiden, ist die richtige Geburtsvorbereitung das A und O. "Viele Frauen gehen wirklich unvorbereitet in die Geburt. Das geht nicht. Es ist so ein transformatives, herausforderndes Ereignis. Da braucht es einen guten Zugang zum eigenen Körper", erklärt Bianca Maria Heinkel. "Je weniger ich im Kontakt mit mir selbst bin, desto eher passieren Dinge, die nicht passieren sollten."
Was ist Hypnobirthing?
Der Begriff Hypnobirthing setzt sich aus den englischsprachigen Wörtern für Hypnose und Geburt zusammen. Die Frau bereitet sich während der Schwangerschaft durch Übungen mit Tiefenentspannung auf die Geburt vor. Verspannungen, die durch Angst entstehen, sollen vermieden werden. Der Gynäkologe Grantly Dick-Read hat bereits 1950 auf den Zusammenhang zwischen Angst und Schmerz deutlich gemacht. Er bezeichnete den Geburtsschmerz als Zivilisationskrankheit und plädierte dafür, dass Frauen die Absicht der Natur wieder verstehen lernen sollten. Marie F. Mongan, Dozentin für Hypnotherapie, griff das Konzept in den 1980er-Jahren auf und ergänzte es um ihr Wissen um die Kraft der Hypnose.
"Eine Geburt ist nicht sanft"
Ein gutes Gefühl für die Abläufe, die sich während einer Geburt im Körper abspielen, ist die Grundvoraussetzung. Problematisch wird es, wenn werdende Mütter mehr der Technik vertrauen als ihrem eigenen Bauchgefühl. "Viele Frauen nutzen schon in der Schwangerschaft Apps, statt selbst ihre Intuition zu schulen", so Bianca Maria Heinkel.
Viele falsche Vorstellung und Mythen darüber, wie eine Geburt abläuft, schüren zusätzlich Ängste. "Es ist ein Dogma, das Geburt und Schmerz synonym sind. Das ist falsch. Unzählige Frauen belegen, dass eine Geburt schmerzfrei sein kann."
Dennoch ist Hypnobirthing kein Wundermittel, das eine Geburt zum Spaziergang werden lässt. Gebärende sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Geburt körperliche und psychische Höchstleistungen abverlangt. "Viele Frauen gehen blauäugig in die Geburt, und dann kommt das böse Erwachen. Geburt ist nicht sanft. Es ist eine höchst komplexe Herausforderung, der sich die Frau stellen muss. 'Hypnobirthing macht das schon', ist ein Mythos. Die perfekte Geburt gibt es nicht."
Deshalb ist es entscheidend, dass Frauen sich ein realistisches Bild davon machen, was in einem Kreißsaal passiert. "Viele Frauen versteigen sich in ihre Angstszenarien oder ihre Rosamunde-Pilcher-Vorstellung. Geburt ist weder das einige noch das andere", stellt Bianca Heinkel klar. "Die Natur hat es in uns angelegt. Frauen sollten auf sich achten, für sich sorgen und sich selbst sagen: 'Ich kann das!'"
Richtige Vorbereitung für beide Elternteile
Die richtige Vorbereitung ist jedoch nicht nur für Frauen unerlässlich – sondern auch für den Partner. "Die Begleitperson ist der Übersetzer der Frau, ihr Backup und Händchenhalter. Sie kann die Frau daran erinnern, was sie in der Geburtsvorbereitung gelernt hat. Kognition bricht unter Belastung zusammen. Da hat man keinen Zugriff mehr auf das, was man sich vorher überlegt hat. Die Begleitung ist dann die Souffleuse", so Bianca Maria Heinkel.
Doch dieses Zusammenspiel gelingt nur, wenn beide auf dem gleichen Wissensstand sind. Dass unvorbereitete Begleitpersonen auch negative Auswirkungen auf den Geburtsverlauf haben können, zeigt ein Blick in die Geschichte. "In den 70er-Jahren, als die Männer in die Kreißsäle kamen, ging die Kaiserschnittrate erstmal hoch. Männer sind ziel- und leistungsorientiert. Dass Geburt aber ein Prozess ist, dass jegliches Eingreifen eher dazu führt, dass es schlechter vorangeht, wissen sie nicht." Unvorbereitete Partner bringen oft Unruhe in den Kreißsaal. "Die Ängste der Männer übertragen sich auf die Frau."
Problematisch sei auch, dass es in der westlichen Welt keine Geburtskultur für Männer gibt. "Bei indigenen Völkern ist das ganz anders, da haben die Väter eine feste Rolle." Hierzulande sind sie jedoch oftmals zu Untätigkeit verdammt. "Dabei sind die Männer so wichtig."
Sie erlebe es oft, dass Männer Hypnobirthing zunächst skeptisch gegenüberstehen, nur der Frau zuliebe am Kurs teilnehmen. Doch viele entwickeln im Verlauf eine regelrechte Faszination für das Thema. "Danach wollen sie dann oft mehr davon", weiß sie. Und diese Einstellung ist genau die richtige für eine gelungene Geburt – denn am besten funktioniert es im Kreißsaal als Team.
Unsere Expertin
Bianca Maria Heinkel (*1958) ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, arbeitet als Geburtsbegleiterin und Hypnobirthing-Kursleiterin. Sie absolvierte Aus- und Weiterbildungen, u.a. in Körperpsychotherapie, systemischer Familienaufstellung und Hypnose. 2013 gründete sie mit ihrem Mann das Hypnobirthing Institut in Gaggenau, in dem sie eine Ausbildung zur Hypnobirthing-2.0-Kursleiterin anbietet