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Was ist ein Scheidenriss?
Bei etwa zwei Drittel aller Geburten treten Verletzungen auf, vor allem Erstgebärende sind betroffen. Eine dieser Geburtsverletzungen ist der Scheidenriss. Dabei handelt es sich um einen Riss der Vaginalschleimhaut, der mehr oder weniger stark bluten kann. Sie kann bei natürlichen vaginalen Geburten ebenso vorkommen wie bei vaginal-operativen Entbindungen. Instrumente wie die heute eher selten angewendete Geburtszange (Forcepsentbindung) oder die Saugglocke (Vakuumextraktion) können das Risiko für einen Scheidenriss erhöhen.
Bei einer unkomplizierten, spontanen Geburt ist die Wahrscheinlichkeit geringer. Grundsätzlich aber, so erklärt Gynäkologin Dr. Susanne Koene aus Hamburg, können Scheidenrisse bei Geburten immer auftreten. "Angst müssen Frauen trotzdem nicht vor diesen Geburtsverletzungen haben. Die Wunden sind in der Regel sehr gut zu versorgen."
Der Scheidenriss entsteht meist im seitlichen oder im hinteren Teil der Vagina. Reißen die Schamlippen ein, spricht man von einem Labienriss. Auch der Damm zwischen Vagina und Anus kann bei einem Scheidenriss mit verletzt werden.
Wie kommt es zu einem Scheidenriss?
“Bei einer Geburt kommen große Kräfte zum Tragen. Auch wenn das Scheidengewebe sehr elastisch ist und sich der Geburtskanal stark weitet, kann es immer zum Einreißen der Vaginalschleimhaut kommen. Besonders bei Entbindungen, die eine sehr kurze Austreibungsphase haben, ist das Risiko erhöht”, so Dr. Koene.
Eine große Rolle spiele auch die Größe und Lage des Babys. Der Kopf eines Neugeborenen hat im Schnitt einen Umfang von 33 bis 38 Zentimetern. "Es reicht manchmal schon, wenn das Köpfchen ein kleines bisschen verdreht ist, sodass die Vagina die Spannung nicht mehr halten kann und reißt", ergänzt die Hamburger Frauenärztin.
Neben einer ungünstigen Kopfhaltung könnte eine Steißlage des Kindes einen Scheidenriss begünstigen. Weitere Risikofaktoren können zu starkes Pressen oder Verkrampfungen im Unterleib sowie eine geringe Dehnungsfähigkeit des Vaginalgewebes sein.
Wie werden Scheidenriss und Labienriss behandelt?
Können andere Geburtsverletzungen ausgeschlossen werden, wird ein einfacher Scheidenriss in den meisten Fällen direkt nach der Entbindung unter einer lokalen Betäubung genäht.
Liegt ein Scheidenriss am Gebärmutterhals vor, kann unter Umständen ein Eingriff notwendig sein, der unter Narkose stattfinden muss. Die Verletzung ist häufig mit sehr starken Blutungen verbunden, sodass die Patientin schnell chirurgisch versorgt werden muss.
Bei einem Labienriss kommt es auf den Verlauf der Verletzung an. Ein längsverlaufender Riss muss nicht zwangsläufig chirurgisch geschlossen werden, ein querverlaufender üblicherweise schon.
Wie können Frauen die Heilung nach einem Scheidenriss unterstützen?
Grundsätzlich gilt nach einem Scheidenriss, die ersten Tage zu ruhen. Viel liegen, die Beine übereinander schlagen und den Körper schonen. Hausgeburtshebamme Friederike Ruof aus Hamburg rät vielen betroffenen Frauen zudem zu einer Spülung mit Calendula. Die Essenz der Ringelblume soll abschwellend wirken und die Heilung fördern. Dafür klares, lauwarmes Wasser mit etwas Calendula-Essenz* vermischen und die Wunde damit täglich abspülen.
Noch ein Tipp der Expertin: Wochenbetteinlagen* zu Eispacks umfunktionieren. Die Binden in etwas Wasser, wahlweise zusammen mit Olivenöl oder Calendula, tränken und einfrieren. Die Einlagen, welche ohnehin im Wochenbett benötigt werden, haben dann zusätzlich einen angenehm kühlenden Effekt und können die Wundheilung unterstützen.
Besonders beim Urinieren kann ein Vagina- oder Labienriss Schmerzen verursachen. Es kann helfen, bei jedem Toilettengang mit Wasser während des Urinierens zu spülen. Dazu einfach von oben oder außen klares Wasser über die Vulva und die Geburtsverletzung laufen lassen, um den Urin zu verdünnen und um potentiell schmerzhaftes Abwischen mit Toilettenpapier auf das Nötigste zu reduzieren. Außerdem sollten Frauen viel trinken, damit der Urin wässriger ist und so weniger brennt.
Nicht zuletzt seien stillverträgliche Schmerzmittel immer eine Option. "Ich erlebe oft, dass Frauen glauben, stark sein zu müssen, oder Sorge haben, die Medikamente könnten dem Baby schaden. Dem ist nach dem neuesten Stand der Medizin aber nicht so, solange man sich an die korrekte Dosierung hält", so Ruof. Sie rät daher, in Rücksprache mit der Hebamme oder der Frauenärztin beziehungsweise dem Frauenarzt, die ersten Tage im Wochenbett alle vier Stunden ein Schmerzmittel einzunehmen.
"Frauen, die offen dafür sind, empfehle ich außerdem, sich mit ihrer Wunde zu beschäftigen", verrät die Hamburger Hebamme. "Geburtsverletzungen können erstmal angsteinflößend sein. Meist sind sie bei näherer Betrachtung aber weniger schlimm oder kompliziert als in der Vorstellung der Frau. Schaut euch die Wunden deshalb ruhig allein oder zusammen mit eurer Hebamme an. Auch das kann die Heilung fördern."
Kann man einen Scheidenriss verhindern?
"Eine gute Vorbereitung auf die Geburt ist das Beste, was Frauen tun können", sagt Dr. Susanne Koene. Dazu gehören Vorgespräche mit der Hebamme, das Erlernen von Atemtechniken für die Entbindung und gegebenenfalls Dammmassagen. Die können besonders in den letzten drei bis fünf Wochen vor der Geburt für eine bessere Elastizität des Gewebes sinnvoll sein. Noch ein Tipp: Um den Heilungsverlauf eines möglichen Labienrisses zu unterstützen, könnten Frauen, die zu trockenen, rissigen Schamlippen neigen, diese schon vor der Geburt regelmäßig mit einer Fettsalbe eincremen.
Grundsätzlich rät die Gynäkologin und Sportmedizinerin Frauen, sich während der Schwangerschaft ausreichend zu bewegen und gesund zu ernähren, um das Gewicht und damit die Größe des Kindes positiv zu beeinflussen. "Wenn das Kind normalgewichtig ist, kann das bei der Geburt einen großen Unterschied machen." Die Expertin ergänzt: "Ein guter Dammschutz und eine konsequente Geburtsleitung der Hebamme während der Austreibungsphase machen meiner Erfahrung nach letztlich am meisten aus."
Generell gilt: Frauen, die Angst vor einem Scheidenriss haben, sollten keine falsche Scheu haben und ihre Frauenärztin oder Hebamme schon während der Schwangerschaft darauf ansprechen. Sie kann die Sorgen ein wenig nehmen und hilfreiche Tipps geben.
Autorin: Lisa Gutknecht