Mythen-Check

Diese Dinge solltest du vorher über die Geburt wissen!

Nichts im Leben ist so aufregend wie die Geburt des eigenen Kindes. Doch was genau geschieht da eigentlich und worauf solltest du dich als werdende Mama einstellen?

Das Baby das erste Mal im Arm zu halten ist und bleibt der schönste Moment des Lebens.© Foto: Getty Images/RubberBall Productions
Das Baby das erste Mal im Arm zu halten ist und bleibt der schönste Moment des Lebens.

1. Die Maniküre kannst du dir sparen!

Ich verstehe den Wunsch, sich am großen Tag besonders wohl in der eigenen Haut fühlen zu wollen, so weit, so gut! Ich wollte das auch – und hab mir wenige Tage vor errechnetem Geburtstermin das volle Programm gegönnt: Spitzenschneiden, Wimpern färben, Pedi- und Maniküre. Wer weiß, vielleicht entsteht ja ein schöner Schnappschuss kurz nach der Geburt – und wenn ich darauf schon völlig fertig und verschwitzt aussehe, sollen wenigstens meine Hände gemacht sein.

Stolz trug ich also nicht nur meinen Babybauch, sondern auch meine übertrieben pink lackierten Nägel vor mir her, klimperte mit den Wimpern und fühlte mich wie die (zumindest optisch) bestvorbereitete Schwangere der Welt. Wann immer es auch losgehen würde: Ich würde dabei toll aussehen!
Bis es wirklich losging. Und ich für meine lackierten Nägel keine bewundernden, sondern genervte Blicke erntete. Was ich nicht wusste (und was mir auch in all den geburtsvorbereitenden Atemübungsstunden kein Mensch gesagt hatte): Während des Geburtsvorgangs wird die Sauerstoffsättigung des Körpers über einen Sensor an der Fingerkuppe gemessen. Und der funktioniert nicht zuverlässig, wenn er sich durch eine Schicht Lack arbeiten muss (oder in meinem Fall: Unterlack, zwei Schichten Farbe und Überlack).

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich ist es eine wunderbare Idee, sich vor der Geburt noch einmal etwas zu gönnen – zum Friseur habe ich es danach tatsächlich eine ganze Weile nicht geschafft. Aber es sollte vielleicht nicht die Maniküre mit Lack sein (und ganz ehrlich: Das Letzte, was dich später auf den Erinnerungsfotos interessieren wird, ist die Farbe deiner Fingernägel).

2. Du wirst meckern und fluchen

Die stundenlangen Wehen machen dich irgendwann mürbe, müde und kaputt. Ab einem gewissen Punkt wirst du vielleicht meckern und schimpfen und die Wehen verfluchen. Vielleicht gibst du deinem Mann auch an allem die Schuld, weil "das alles ja seine Idee" mit dem Baby war und, dass er doch mal stundenlag Schmerzen haben sollte. Vielleicht meckerst du auch die Hebamme und/oder den Arzt an, dass sie doch nun endlich mal was machen sollen und du keine Lust mehr hast. Keine Sorge: Das ist alles völlig normal und passiert bei fast jeder Geburt. Niemand wird es dir danach übelnehmen, weder dein Mann – denn der wird damit beschäftigt sein, unglaublich stolz auf dich zu sein – noch die Hebamme. Es ist ihr Job und sie weiß, dass du es nicht böse meinst. Und auch sie wird es dir keine Sekunde übelnehmen.

3. Halte nicht zu sehr an deinem Geburtsplan fest

Hast du einen Geburtsplan erstellt? Gut. Hast du keinen erstellt? Auch gut! Wenn nicht sogar besser. Denn ganz im Ernst: Nach Plan verlaufen die wenigsten Geburten. Natürlich ist es sinnvoll, sich vorab Gedanken zu machen. Aber zu konkrete Vorstellungen bieten auch immer Raum für Enttäuschungen. Denn so vieles, was nicht in deinen Händen liegt, kann am Tag der Geburt anders laufen. 

Vielleicht warst du immer gegen eine PDA, wirst dich unter dem Geburtsschmerz aber doch dafür entscheiden? Vielleicht war ein Kaiserschnitt für dich stets ausgeschlossen, muss aber zur Sicherheit des Kindes und deiner selbst doch durchgeführt werden? Nichts davon bedeutet, dass die Geburt schlechter oder gar "nicht richtig" laufen wird, im Vergleich dazu, wie du es dir gewünscht hast. Jede Geburt zählt. Natürlich. Auch dann, wenn sie sich nicht an deinen Plan gehalten hat.

4. Du wirst vielleicht nach einem Kaiserschnitt verlangen

Nachdem der Geburtsvorgang nun schon viele Stunden dauert, kommst du eventuell auf den Gedanken, dass du es gar nicht mehr schaffst. Dann verlangst du vielleicht nach einem Kaiserschnitt. Die Hebamme nimmt dich natürlich ernst in deinen Wünschen, wird aber nicht sofort deinem Wunsch entsprechend mit dir in den OP fahren. Sie wird dich beruhigen und ermutigen durchzuhalten. Denn meist, wenn dieser Wunsch in dir aufkommt, dauert es nicht mehr allzu lang, bis du dein Baby in den Armen hältst.

5. Du wirst eventuell Stuhlgang haben

Dieses Thema könnte einen ganzen Abend in Geburtsvorbereitungskursen füllen: Werde ich während der Geburt Stuhlgang haben? Werden es alle sehen? Werde ich es merken? Ist das schlimm? Sieht mein Mann das? Um dich zu beruhigen: Du wirst sehr sicher in der Sekunde der Geburt nicht daran denken, denn du bist in diesem Moment mit etwas ganz anderem beschäftigt. Genauso wie dein Mann. Der steht nämlich direkt neben dir am Kopfende – er kann also gar nichts sehen. Wenn er der Meinung ist, woanders stehen zu wollen, wird ihn die Hebamme an seinen Platz zurückschicken. Denn man kann auch aus der Position neben Mamas Kopf genug sehen, um die Geburt an sich nicht zu verpassen. Abgesehen davon wird die Hebamme dafür sorgen, dass du überhaupt nichts mitbekommen wirst. Versuche dich also zu beruhigen, denn egal, ob es bei dir passiert oder nicht: Es wird dir egal sein und du wirst es nicht mal merken.

6. Dir ist egal, wie der Kreißsaal aussieht

Du hast dir bestimmt vor der Geburt Gedanken gemacht, wo dein Baby zur Welt kommen soll. Vielleicht hast du auch einige Kreißsäle angeschaut. Vielleicht hast du dir gedacht, wie schön diese teilweise gestaltet sind oder auch, wie "hässlich" andere sind. Das interessiert dich aber während der Wehen gar nicht mehr so. Ob die Wände nun orange oder grau sind, spielt einfach keine Rolle für dein Wohlbefinden. Lass bei der Wahl des Geburtsortes also die "Schönheit" des Kreißsaals völlig außer Acht. Lass einfach dein Bauchgefühl entscheiden, wo dein Baby geboren werden soll.

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7. Du wirst wahrscheinlich nicht nur eine Hebamme haben

Hebammen arbeiten in Kliniken im Schichtdienst, also wird alle acht Stunden eine neue Hebamme für dich zuständig sein. Das hört sich komisch an und vielleicht ist man auch traurig, dass die Hebamme nun geht, obwohl man sie mag und sich mit ihr wohlfühlt. Aber es kann auch gut sein, frischen Wind und eine neue Hebamme zu bekommen. Versuche, dem Schichtwechsel positiv gegenüberzustehen, denn es wird sicherlich etwas Gutes sein. Wenn du dir diesen Wechsel absolut nicht vorstellen kannst und deine Hebamme kennen willst, musst du auf eine Beleghebamme zurückgreifen. Aber Achtung: Hier musst du früh dran sein und dich am besten sofort nach dem positiven Schwangerschaftstest darum kümmern.

8. Du kannst den Schmerz nicht einfach wegatmen

Jede Geburt ist anders. Und jedes Schmerzempfinden auch. Zur Sicherheit betone ich daher: Die folgende Aussage ist subjektiv. (Obwohl sie mir von zahlreichen Müttern exakt so bestätigt wurde.) Bereit? Los geht’s:

MAN KANN DEN GEBURTSSCHMERZ NICHT WEGATMEN!
Ich habe mir in meinem Leben schon beide Handgelenke gleichzeitig gebrochen, eine Wurzelspitzenresektion und eine missglückte Panaritium-Operation erlebt (google das Letzte nicht, es ist sau-ekelig). Und nichts davon hat auch nur im Ansatz den Schmerzlevel einer Wehe in der Austreibungsphase erreicht (trotz PDA).

Die Idee, dass das richtige Atmen einem hilft, diesen Ausnahmezustand zu überstehen, ist schön. Aber auch trügerisch. Natürlich entspannt tiefes Ein- und Ausatmen den Körper – selbst in der Extremsituation, in der du dich unter der Geburt befindest. Aber der Schmerz? Der bleibt. Und wie. 

Jetzt die gute Nachricht: Es ist nicht tragisch, wenn du mal eine Einheit deines Geburtsvorbereitungskurses versäumst, weil dir gerade mehr nach Schlafen als nach Gesellschaft ist. Du verpasst keinen mysteriösen Anti-Schmerz-Atem-Trick, der den Wehenschmerz überlistet. Klar helfen die Atemübungen, um sich mit bestem Gefühl auf den großen Tag vorzubereiten. Aber jetzt bist du vielleicht ein klein wenig weniger schockiert, wenn du im Moment der Momente realisierst, dass der verdammte Schmerz bleibt, ganz egal, wie schnell, langsam, regelmäßig, unregelmäßig, tief oder flach du atmest.

9. Du musst nach dem Kind auch die Plazenta gebären

Dein Baby ist da und du bist ganz verliebt und kuschelst mit deinem Wurm. Aber der Geburtsvorgang ist erst nach der "Geburt" der vollständigen Plazenta (Mutterkuchen) beendet. Dieses Organ, welches neun Monate perfekt funktioniert hat, kann dein Körper nach der Geburt nicht mehr gebrauchen. Deshalb wird etwa 30 Minuten nach deinem Baby die Plazenta geboren. Das ist natürlich – insbesondere aufgrund der weichen Konsistenz – nicht ansatzweise so schmerzhaft wie die Geburt des Babys. Es kann aber auch leicht unangenehm sein. Deine Hebamme wird dir wahrscheinlich erst nach der Geburt der Plazenta gratulieren, denn dann ist die Geburt erst offiziell vollendet. Wenn du etwas Blut sehen kannst und es in die Situation passt, lohnt es sich sehr, sich den Mutterkuchen anzuschauen und erklären zu lassen.

10. Du wirst alles in der Sekunde der Geburt vergessen haben

Eine Geburt dauert seine Zeit und kostet dich viel Kraft, aber eins kann ich dir versprechen: Die Sekunde der Geburt entschädigt dich für alles. Dieser Moment ist pure Magie und jede Frau, die ein Kind zur Welt gebracht hat, wird es dir bestätigen können. Dein Baby das erste Mal zu hören, zu sehen und auf deiner Haut zu spüren ist jeden Schmerz wert: das Gefühl der unendlichen und kaum beschreibbaren Mutterliebe. Dieses Gefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt. Hier ist es auch völlig egal, ob du dein Kind spontan geboren hast oder es per Kaiserschnitt auf die Welt kam: Diese unermessliche Liebe spürt jede Mutter nach der Geburt ihres Kindes. Es macht keinen Unterschied, denn diese besondere Liebe beginnt schon lange vor der Geburt, in dir zu wachsen. Mutterliebe steht nicht im Zusammenhang mit der Art der Geburt, sondern ist, unabhängig von den Umständen, einfach das schönste Gefühl der Welt.

Autorinnen: Franziska Luck, Silke Schröckert

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