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Verliebt, verlobt, verheiratet – im Leben von Tina König* läuft alles nach Plan. Kurz nach der Hochzeit wollen sie und ihr Mann Ralf eine Familie gründen. Am liebsten sofort. Also setzt sie die Pille ab. Monat für Monat vergeht, doch Tina König wird nicht schwanger. Die junge Frau aus dem Saarland wird zunehmend ungeduldig. So hatte sie sich das nicht gedacht. Wieso klappt es nicht? Sie ist doch jung, gerade mal 32 Jahre alt und gesund. Das Paar sucht Hilfe bei zahlreichen Ärzten. Tina König: „Wir haben wirklich so gut wie alles versucht.“ Auch fünf künstliche Befruchtungen lässt sie über sich ergehen. Vier Jahre hoffen die Königs vergeblich auf Nachwuchs. Der Traum von der eigenen Familie rückt in weite Ferne.
Nicole wird einfach nicht schwanger
Im Leben läuft eben nicht alles nach Plan – das müssen auch Nicole und Jörg Steinmetz erfahren. Die 37-Jährige wird zwar problemlos schwanger, doch in der 32. Woche stirbt das Ungeborene. Das Ehepaar aus Niedersachsen macht harte Monate durch, startet schließlich einen neuen Versuch. Doch vergebens. Nicole Steinmetz wird einfach nicht wieder schwanger. Auch künstliche Befruchtungen schlagen fehl. Die Situation belastet sie körperlich und psychisch enorm. „Nach zwei Versuchen haben wir gesagt, es reicht“, so Nicole Steinmetz.
Die Zeit läuft ihnen davon: Nicole Steinmetz ist inzwischen 40 Jahre alt, ihr Mann 42. Sie denken jetzt ernsthaft über Adoption nach. „Wir haben uns gefragt, ob es denn wirklich ein leibliches Kind sein muss. Oder ob es nicht vor allem darum geht, eine Familie zu sein.“ Bei Tina und Ralf König steht das Thema ebenfalls im Raum. Auch sie haben inzwischen mit der Vorstellung abgeschlossen, dass es noch mit einer Schwangerschaft klappt.
Beide Partner müssen die Adoption wirklich wollen
„Es ist sehr wichtig, dass der Prozess der Trauer darüber, kein leibliches Kind bekommen zu können, weitgehend beendet ist“, so der Psychologe und Adoptionsexperte Jürgen Stapelmann. „Man sollte in der Lage sein, offen darüber zu reden.“ Ganz entscheidend sei zudem, dass sich beide Partner über eine Adoption absolut einig sind. „Keiner darf sich nur dem anderen zuliebe für diesen Schritt entscheiden“, so Stapelmann.
Tina und Ralf König informieren sich über Adoptionen, lesen Bücher, besuchen Informationsveranstaltungen des Jugendamts zum Thema. Auch Nicole und Jörg Steinmetz gehen diesen Weg. Beide Paare sind bald sicher, dass die Adoption eines Kindes für sie das Richtige ist. Ihnen ist auch klar, dass ein Adoptivkind ein erhöhtes Gesundheitsrisiko tragen kann, zum Beispiel wenn die Mutter während der Schwangerschaft getrunken hat oder drogensüchtig war. Stapelmann: „Man muss ganz ehrlich sagen, wo die Grenzen der eigenen Belastbarkeit liegen.“ Ein schwerbehindertes Kind aufzunehmen, trauen sich beide Paare zwar nicht zu. Aber gewisse gesundheitliche Einschränkungen können sie akzeptieren. „Bei einem leiblichen Kind gibt es ja auch keine Garantie, dass es gesund zur Welt kommt“, sagt Nicole Steinmetz.
Nachdem ihr Entschluss feststeht, wenden sich Tina und Ralf König an das Jugendamt ihres Wohnorts, absolvieren das übliche Eignungsverfahren für Adoptionsbewerber. Nun heißt es, Geduld haben. Rund 3.000 Kinder werden in Deutschland jedes Jahr adoptiert, rein rechnerisch kommen auf ein Kind mehr als sieben mögliche Adoptiveltern. Da sind Wartezeiten von drei Jahren keine Seltenheit.
Auslandsadoption: Eine Chance auch für ältere Paare
Nicole und Jörg Steinmetz entscheiden sich für eine Auslandsadoption. „In Deutschland haben Paare, die jünger sind als wir, einfach die besseren Karten“, so Nicole Steinmetz. „Wir haben uns gesagt, dass in anderen Ländern auch Kinder leben, die sich eine Familie wünschen.“ Zwar gibt es in Deutschland keine Altersobergrenze für Adoptionswillige, der Abstand zwischen Eltern und Kinder sollte allerdings nicht mehr als 40 Jahre betragen. Säuglinge und Kleinkinder werden dennoch in aller Regel nur an Paare vermittelt, die nicht älter als 35 Jahre sind.
Die Eheleute machen sich auf die Suche nach entsprechenden Vermittlungsstellen. Beim Verein Zukunft für Kinder haben sie ein gutes Gefühl. Die Organisation ist spezialisiert auf die Vermittlung von Kindern aus Osteuropa. Nicole und ihr Mann durchlaufen nun ein ähnliches Eignungsverfahren wie Tina und Ralf König. Dann heißt es auch für sie: warten. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 600 Mädchen und Jungen aus dem Ausland adoptiert, fast jedes vierte Kind stammt aus Osteuropa, die meisten aus Russland.
Nach zwei Jahren kommt der ersehnte Anruf
„Wir haben ein Baby für Sie!“ Zwei Jahre sind seit dem Antrag auf eine Adoption vergangen, als Tina König und ihr Mann den sehnsüchtig erwarteten Anruf erhalten. Ein Junge, vier Wochen alt, steht zur Adoption. Seine Mutter hat sich noch vor der Geburt entschieden, ihn herzugeben. Sie ist noch sehr jung, fühlt sich der Verantwortung für ein Kind nicht gewachsen. Bei einem kurzen Treffen im Jugendamt lernen die leibliche Mutter und die Königs einander kennen – der übliche Weg bei einer sogenannten halboffenen Adoption.
In Windeseile wird alles für das Kind vorbereitet
Anschließend macht sich das Paar auf den Weg zur Pflegefamilie, in der ihr zukünftiger Sohn seit seiner Geburt lebt. Maximilian werden sie ihn nennen. „Als wir ihn in seiner Wiege gesehen haben, sind Freudentränen geflossen“, erinnert sich Tina König an diesen aufwühlenden Moment. In den folgenden zwei Wochen ist sie jeden Tag bei Maximilian, wickelt, füttert und badet ihn. So können sie sich ganz in Ruhe aneinander gewöhnen.
In Windeseile wird alles für die Ankunft des Kleinen vorbereitet: Ein Kinderwagen muss besorgt werden, Kleidung, Fläschchen, Windeln. Die kleine Familie wächst schnell zusammen, die drei sind ein gutes Team. Als Maximilian zwei Jahre alt ist, stellen die Königs einen weiteren Adoptionsantrag, Maximilian soll ein Geschwisterchen bekommen. Schon ein Jahr später gehört auch Niklas zur Familie. Er wurde anonym geboren, ist drei Tage alt, als sie ihn zu sich nach Hause holen. Nun ist die Familie vollständig. Tina König: „Unsere Jungs sind unser größtes Glück.“
In Niedersachsen bei Nicole und Jörg Steinmetz klingelt das Telefon drei Monate nachdem sie das Eignungsverfahren bestanden haben. Für ein zwölf Monate altes Mädchen in Russland werden Eltern gesucht. Sola heißt es. Direkt nach der Geburt wurde es von der Mutter im Kreißsaal zurückgelassen, lebt seither im Kinderheim. Wenige Tage nach dem Anruf reist das Paar nach Kirov, einer Stadt im Osten Russlands, um Sola kennenzulernen. Auf wackligen Beinen kommt sie ihnen entgegen, sie lernt gerade laufen. „Sola hat uns vom ersten Moment an verzaubert“, erinnert sich Nicole Steinmetz. Eine dreiviertel Stunde haben die beiden mit der Kleinen, dann müssen sie sich wieder trennen. Ein Wiedersehen gibt es erst, wenn die Adoption in Russland tatsächlich rechtskräftig ist.
Vor Ort stellen sie sofort den Antrag, eine Mitarbeiterin des Vereins Zukunft für Kinder begleitet sie bei den Behördengängen, dolmetscht und übersetzt alle notwendigen Dokumente. Danach fliegen sie erst einmal wieder zurück nach Deutschland.
Nicole und Jörg Steinmetz wissen: Bei einem Gerichtstermin in Russland werden sie die Gründe für die Adoption erläutern müssen. Dann erst fällt die Entscheidung. Vier Monate vergehen, bis endlich der Termin für die Verhandlung feststeht. Sie reisen wieder an, vor Gericht läuft alles glatt, Sola ist nun offiziell ihre Tochter. Schon zwei Tage später sind sie wieder zu Hause in Niedersachsen. Diesmal endlich zu dritt. Sola gewöhnt sich rasch an ihre neue Umgebung und vor allem an ihre neuen Eltern. Und sie lernt sehr schnell Deutsch. Nicole Steinmetz: „Sola ist für uns das höchste Glück auf Erden.“
Die Adoptivkinder wissen von ihren leiblichen Eltern
Sowohl der inzwischen fünf Jahre alte Maximilian als auch die vier Jahre alte Sola wissen, dass sie noch leibliche Eltern haben. Beide Familien gehen ganz offen mit dem Thema um. So, wie es von Adoptionsexperten empfohlen wird. Sola bekommt an einem Nachmittag in der Woche sogar Besuch von einer russischen Kinderfrau, damit sie ihre Muttersprache nicht verlernt. Bald werden ihre Sprachkenntnisse sehr von Nutzen sein: Dann, wenn sie mit ihren Eltern nach Russland reist, um ihr neues Geschwisterchen kennenzulernen. Den Antrag haben Nicole und Jörg Steinmetz bereits gestellt. Das Telefon kann jetzt jeden Tag klingeln.
*Name von der Redaktion geändert
So läuft das Bewerbungsverfahren
Wer in Deutschland ein Kind adoptieren möchte, wendet sich an das Jugendamt am Wohnort oder einen freien Träger wie die Caritas. Bewerberpaare müssen wenigstens zwei Jahre verheiratet sein, ein gesichertes Einkommen und eine ausreichend große Wohnung haben. Ausführliche Lebensläufe, Führungs- und Gesundheitszeugnisse werden verlangt. Dann stehen diverse Gespräche mit den Mitarbeitern des Jugendamtes und ein Hausbesuch an.
Wer ein Kind aus dem Ausland adoptieren möchte, ist am besten bei einer der zwölf anerkannten Auslandsvermittlungsstellen aufgehoben. Hier muss man ein ähnliches Eignungsverfahren durchlaufen wie bei einer Adoption in Deutschland. Mit Reisekosten, Beglaubigung und Übersetzung von Dokumenten kommen zwischen 8.000 bis 15.000 Euro für eine Auslandsadoption zusammen.
Weitere Infos
Der Bundesverband der Pflege- und Adoptiveltern bietet viele Infos, Broschüren und Adressen. Über die Ortsgruppen kann man andere Adoptiveltern kennenlernen: www.pfad-bv.de
Die Adressen anerkannter Vermittlungsstellen findet man auf der Homepage der Bundeszentralstelle für Auslandsadoptionen: www.bundesjustizamt.de
Verschiedene Adoptionsformen
Inkognito-Adoption
Hier bleiben die leiblichen Eltern anonym, diese Form der Adoption kommt nur dann vor, wenn das Kind anonym zur Welt gebracht oder in eine Babyklappe gelegt wurde.
Halboffene Adoption
Die meisten Adoptionen in Deutschland sind halboffene Adoptionen. Hier lernen sich die Adoptiveltern und die leibliche Mutter meist bei einem Treffen im Jugendamt persönlich kennen. Die leibliche Mutter erfährt jedoch nicht mehr als den Vornamen der Adoptiveltern. Briefkontakt über das Jugendamt ist später möglich.
Offene Adoption
Beide Elternpaare kennen sich persönlich, auch die Namen und Adressen sind ihnen bekannt. Gelegentlicher Kontakt der biologischen Eltern mit den Adoptiveltern und dem Kind ist möglich. Diese Form der Adoption ist eher selten.