Abschied vom Wunschnamen

Babynamen-Trauer: Wenn Eltern ihren Lieblings-Namen einfach nicht vergessen können

Es kommt vor, dass Eltern aus verschiedensten Gründen nicht den Babynamen verwenden können, den sie sich für ihr Kind gewünscht haben. Mit der Trauer um den geliebten Namen sind sie nicht allein – und es gibt keinen Grund, sich für diese Gefühle zu schämen ...

Schwangere Frau in einem Feld bei Sonnenuntergang.© iStock/eclipse_images
Die Trauer um den Wunsch-Babynamen ist für viele Eltern ein emotionaler Prozess.

Die Namensfindung ist etwas Heiliges. Viele werdende Eltern tragen schon lange vor der Schwangerschaft einen ganz speziellen Namen im Herzen, den sie ihrem zukünftigen Kind geben möchten. Doch manchmal kommt dann alles ganz anders: Weil es ein Junge wird und kein Mädchen. Oder andersrum. Oder weil der Partner sein Veto eingelegt. Oder weil die beste Freundin ihr eigenes Kind genauso genannt hat. Aus welchen Gründen auch immer: Es passiert häufig, dass sich Eltern von ihrem Lieblings-Babynamen verabschieden müssen. Und was nach einer Kleinigkeit klingt ("Na, und? Schöne Babynamen gibt es doch wie Sand am Meer!"), ist für viele Eltern dennoch schmerzhaft und bedeutet einen Abschied von einem Lebenstraum.

Babynamen-Trauer lautet der Begriff dafür, den die Namensberaterin Taylor Humphrey geprägt hat. Dahinter verbirgt sich der Prozess der Trauer um den Namen, der einem entgangen ist. Die Namensexpertin erklärt: "Viele Eltern sind wirklich traurig, dass sie ihren Lieblingsnamen nicht für ihr Kind verwenden konnten."

Den Wunschnamen loszulassen, ist emotional und braucht Zeit. "Wir trauern um unerfüllte Pläne", so Taylor Humphrey, "und um das Leben, von dem wir dachten, dass wir es leben würden und um den Verlust des alten Ichs, das sich so sicher war, dass das DER NAME sein würde!"

Trauer um den Babynamen zulassen

Sie betont, dass diese Trauer wichtig und angebracht ist – auch wenn sich viele Eltern womöglich für ihre Gefühle schämen.

"Trauer bedeutet nicht, dass wir unsere Liebe für diesen Namen aufgeben müssen", so Taylor Humphrey. "Es ist eine Anerkennung der Liebe, die wir einst für diesen Namen hatten, und für den Teil von uns, der enttäuscht ist, dass wir ihn nie für unser Kind verwenden können."

Indem Eltern diese Trauer zulassen, haben sie die Möglichkeit, mit dem Namen abzuschließen und sich für Neues zu öffnen. "Während wir trauern, schaffen wir Platz für neue Lieblingsnamen. Wir erlauben uns sogar, uns eine neue Zukunft vorzustellen."

Auch in der Psychologie ist Trauer um den Wunsch-Babynamen ein bekanntes Phänomen. "Namen haben eine große Bedeutung und gehen oft mit der eigenen Identität einher", erklärt die Psychologin Deema Soufan. "Wir filtern eine Liste mit Babynamen heraus, oft lange bevor wir überhaupt planen, ein Baby zu bekommen", so die Expertin. "Es kann passieren, dass wir uns auf die Vorstellung davon konzentrieren, wie etwas aussehen könnte. Und wenn diese Vorstellung zerbricht, kann großer Kummer die Folge sein."

Wenn Eltern den Babynamen bereuen

Babynamen sind mit Erwartungen und Träumen verknüpft, und es ist nicht leicht, sich davon zu verabschieden.

Eng verwandt ist die Babynamen-Trauer mit einem anderen Thema: dem Bereuen des Babynamens. Viele Eltern bedauern nach der Geburt, dass sie nicht doch einen anderen Namen gewählt haben. Vor allem Mütter, deren Partner ihren Lieblingsnamen abgelehnt haben, hadern oft damit, sich nicht stärker für ihren Herzensnamen eingesetzt zu haben. "Die Trauer darüber, nicht auf die innere Stimme gehört zu haben, die Trauer darüber, nicht für die eigenen Bedürfnisse und Wünsche eingetreten zu sein, die Trauer darüber, es den Leuten recht machen zu wollen und die Trauer darüber, den Namen, den man liebt, letztlich nicht zu verwenden, können Eltern in eine Spirale tiefer, dunkler Reue über den Namen stürzen", so die Psychologin. 

Babynamen-Trauer überwinden

Um mit der Trauer abzuschließen, sei es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, was der Name einem in Wirklichkeit bedeutet. Die Expertin rät dazu, "tief zu graben und herauszufinden, was die Ursache für den Kummer ist." Entscheidend ist auch, die eigenen Gefühle anzuerkennen und zu akzeptieren. "Je mehr Mitgefühl und Neugier wir für unsere Gefühle entwickeln, desto eher können wir sie verarbeiten."

Einen nicht genutzten Babynamen zu betrauern, sei ganz natürlich. "Wir stellen uns vor, wie wir dieses kleine Wesen erziehen und es durchs Leben führen. Wenn wir erkennen, dass wir nicht den Namen verwenden können, den wir lieben, ist es nur richtig, den Verlust dieses Menschen zu betrauern, die wir nie persönlich kennenlernen werden." Anders ausgedrückt: Eltern trauern um den Verlust einer Figur, die sie in ihren Gedanken geschaffen haben. Die kleine Emma wird es niemals geben, aber dafür vielleicht den kleinen Anton oder die kleine Mia ...