Mythen-Check

Macht Folgemilch Babys wirklich länger satt, sodass sie besser schlafen?

Früher oder später wünschen sich Eltern, dass ihr Baby in der Nacht endlich längere Zeit am Stück schläft. Der Rat, abends Folgemilch anstelle von Pre- oder Muttermilch zu füttern, wird bis heute gern gegeben. Dr. med. Celine Schlager, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und selber frischgebackene Mama, erklärt, ob das sinnvoll ist.

Kann Folgemilch dafür sorgen, dass Babys länger und besser schlafen?© iStock / PeopleImages

Viele Kinder trinken im Alter von etwa fünf Monaten auf einmal unruhiger oder wachen nachts häufiger auf. Dieses Verhalten lässt sich sowohl bei Still- als auch bei Flaschenkindern beobachten. Oft steht dann die Frage im Raum, ob die eher dünn aussehende Pre-Milch den Nährstoffbedürfnissen des Babys noch gerecht wird oder ob Hunger der Grund für die nächtliche Unruhe ist.

Mythos: Folgemilch sorgt für besseren Schlaf bei Babys

Pre-Nahrung enthält, ebenso wie Muttermilch, als einziges Kohlenhydrat Laktose. Sogenannte Folgenahrung kann zusätzlich weitere Kohlenhydrate wie Maltose, Maltodextrin oder auch Stärke beinhalten. Dadurch ist die Milch etwas sämiger und wirkt optisch gehaltvoller. Durch die zusätzliche Stärke kann die Magenverweildauer von Folgenahrung etwas länger sein. Das kann eventuell zu größeren Abständen zwischen den Mahlzeiten führen und unter Umständen auch die Anzahl der nächtlichen Mahlzeiten reduzieren.

Bei den meisten Kindern macht es allerdings keinen Unterschied in Bezug aufs nächtliche Aufwachen, ob sie mit Pre- oder Folgenahrung gefüttert werden. Schaut man auf das Original, so wird deutlich, dass sich die Nährstoffdichte der Muttermilch mit zunehmendem Alter des Kindes auch nicht verändert. Daraus lässt sich schließen, dass auch nicht gestillte Kinder keine anders zusammengesetzte Milch benötigen, wenn sie älter werden. Meist ist weder bei gestillten noch mit Pre-Nahrung gefütterten Kindern die jeweilige Nahrung Grund für unruhigere Schlafzeiten, sondern große Entwicklungsschritte des Kindes. Denn um den Zeitpunkt des fünften Lebensmonats herum nehmen Babys ihre Umwelt meist genauer wahr, und sie versuchen, sich fortzubewegen. Das sind ganz schön viele Eindrücke, die irgendwann eben verarbeitet werden müssen.

Folgenahrung schneidet in der Nährstoffzusammensetzung sogar schlechter ab. Die Proteinzusammensetzung ist oft unphysiologisch erhöht, die Aufnahme zu hoher Eiweißmengen kann aber das Risiko für Übergewicht stark erhöhen. Außerdem beinhaltet Folgenahrung unerwünschte Zusätze wie Aromen und zusätzlichen Zucker. Säuglinge bevorzugen die Geschmacksrichtung süß, weil auch die Muttermilch süß ist. Dennoch sollten die Kinder nicht an den süßen Geschmack gewöhnt werden. Pre-Nahrung enthält generell keinen zusätzlichen Zucker. Ernährungsphysiologisch bietet Folgenahrung also auch keinen Vorteil.

Mythos:  Mischt man Grießbrei oder Schmelzflocken in die Flasche, schläft das Baby durch

Dazu ergänzend: Auch Brei oder Ähnliches gehört definitiv nicht in eine Flasche! Es besteht das Risiko der Überfütterung, gerade wenn das Baby noch gar nicht für diese Form der Nahrung bereit ist. Mit der Breifütterung durch die Flasche kann das Baby schlechter den eigenen Hunger und die Sättigung steuern, sodass es oft zu große Nahrungsmengen in zu kurzer Zeit aufnimmt.

In Studien konnte außerdem gezeigt werden, dass Babys, die einen Abendbrei gegessen hatten (ob über die Flasche oder mit dem Löffel), nur rund sieben Minuten länger schliefen. Meiner Meinung nach ist es diese Tatsache nicht wert, die negativen Auswirkungen von zu früher und mengenmäßig zu großer Breigabe in Kauf zu nehmen.

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