Danke für nichts.

"Wart mal ab, bis ..." – Toxische Mama-Weisheiten, die keiner mehr hören will

Die bösen Sprünge, die schlimme Trotzphase – wenn es nach anderen Müttern gehen würde, kämen wir aus dem Fürchten gar nicht mehr heraus. Unsere Autorin plädiert für mehr Positivität. 

Mutter mit Baby im Arm hält sich die Ohren zu.© iStock/nicoletaionescu
Bei manchen Ratschlägen stellt frau die Ohren lieber auf Durchzug.

Tatort Spielplatz. Während die Kleinen in der Sandkiste buddeln, plaudere ich mit einer anderen Mutter über das leidige Thema Babyschlaf. So weit, so unverfänglich. Bis ich unbedacht sage: "Bei uns klappt es mit dem Einschlafen gerade ganz gut." Fataler Fehler. Meine Gesprächspartnerin, die bereits ein älteres Geschwisterkind hat, entgegnet prompt: "Wart mal ab, bis er vier ist – dann diskutieren sie immer, dass sie nicht ins Bett wollen." Und zack – vorbei war es mit meiner guten Laune.

Nächstes Szenario: Ich sitze mit einer Mama-Freundin in einem Café. Ihr Sohn war damals eins, meiner ein gutes halbes Jahr alt und viele Dinge in meinem Leben wurden laaangsam wieder leichter. Als ich dies voll freudiger Naivität erwähnte, erwiderte sie: "Genieß es, das sind jetzt die Wonnemonate." Nicht mitgesprochen: Freu dich nicht zu früh, es wird alles wieder schlimmer. Autsch.

Dieser Mechanismus ist mir inzwischen etliche Male begegnet: Eine Mutter sagt etwas Positives – und bekommt direkt eins reingewürgt. 

Weiteres Beispiel gefällig? Ich freue mich darüber, dass mein Sohn die ersten Schritte gemacht hat – und bekomme zu hören: "Pass mal auf, wenn er erst richtig läuft. Dann musst du die ganze Zeit hinterher sein." Danke für nichts.

Nur wer sich beklagt, gehört zum Club

Die Liste der Dinge, vor denen ich mich in Acht nehmen soll, lässt sich bis in die Unendlichkeit fortführen: die schlimme Trotzphase, die Wackelzahnpubertät, die richtige Pubertät ...

Ganz ehrlich: Ich bin bestimmt nicht die Mutter, die ihr Kind den ganzen Tag über den grünen Klee lobt und andere damit nervt, ach-wie-toll das Mamasein doch ist. Und trotzdem fände ich es unauthentisch, wenn ich nicht auch mal sagen würde, was gerade einfach gut läuft. Es scheint jedoch ein ungeschriebener Eltern-Codex zu sein: Nur, wer sich beklagt, gehört zum Club.

Es kommt mir manchmal vor wie kleine Tauschgeschäfte im Sandkasten. Ich klage dir mein Leid, dafür bekomme ich von dir Lob und Anerkennung und andersherum. 

Liebe Mamas, ganz ehrlich: Ich sehe euch und ich weiß, wie schwer das Leben mit Kind sein kann und wie wenig Wertschätzung man manchmal für die ganzen Mühen bekommt. Es geht mir oft genug genauso und ich bin mehr als dankbar, wenn ich jemandem mein Herz ausschütten darf und auf Verständnis stoße. 

Ohren zu und durch

Aber trotzdem: Auch die schönen Momente möchte ich frei heraus benennen dürfen, ohne dass mir direkt eine Warnung um die Ohren gehauen wird.

Um fair zu sein: Natürlich kenne ich auch genug andere Mütter und Väter, mit denen ich mich ungehemmt über Entwicklungsfortschritte und Meilensteine freuen darf. Und bei allen anderen reagiere ich jetzt auf die einzig sinnvolle Weise: lächeln und winken – und die Ohren auf Durchzug stellen. Denn eines habe ich inzwischen auch gelernt: So schlimm, wie andere einen glauben machen wollen, wird es (meist) gar nicht.

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