
Da ist man den ganzen Tag allein mit Kind und alles läuft (halbwegs) entspannt. Und kaum kommt der Partner nach Hause, bricht das Chaos aus. Das Kind dreht auf, nimmt beide Elternteile in Beschlag, und am Ende kommt keiner zu irgendwas.
Die meisten Eltern kennen das Phänomen: Wenn nur ein Elternteil anwesend ist, sind Kinder oft erstaunlich tiefenentspannt. Weil sie die Aufmerksamkeit sicher haben und sich nicht lautstark Gehör verschaffen müssen, wenn Mama und Papa Erwachsenenkram besprechen, klappt es sogar oft auch ganz gut mit dem Alleinspielen.
Und auf der anderen Seite: Als Eltern sind wir nicht noch abgelenkt von den Bedürfnissen, Launen und liegengelassenen Socken des anderen, sondern können uns voll und ganz aufs Kind einlassen. Platt gesagt: eine Baustelle weniger.
Sobald man allein mit dem Kind ist, schraubt man außerdem automatisch die Ansprüche runter. Noch mal nebenbei die Küchenschubladen aufräumen oder Papierkram erledigen – geht jetzt halt gerade nicht. Ich muss mich ja ums Kind kümmern. Die Prioritäten sind klar.
Pragmatismus ist das Stichwort. Wer sich allein um alles kümmert, ist eben effizienter. Wie jeder gute Despot bestätigen würde: Es ist einfacher zu regieren, wenn man keine Kompromisse eingehen muss.
Falsche Erwartungen sind das Problem
Psychologen haben ganz gut aufgedröselt, warum allein mit Kind gefühlt oft alles viel einfacher ist: Das Problem liegt an der falschen Erwartungshaltung. Wer sich den ganzen Tag ums Kind kümmert und abends zu Recht platt ist, erwartet sich vom anderen Elternteil Entlastung auf Knopfdruck, sobald er oder sie zur Tür hereinspaziert. Wenn das nicht passiert – weil sich der andere selbst erst mal einen Überblick über die Lage verschaffen oder nach einem ebenfalls anstrengenden Tag kurz durchatmen muss –, sind Frust und schlechte Laune vorprogrammiert. Und zack sind wir gestresster und genervter als vorher.
Wie immer gilt: Kommunikation hilft. Wenn Paare einen Plan haben, wer wann was zu machen hat, laufen sie weniger Gefahr, am Ende enttäuscht zu sein. Auch Vorwürfe tragen nicht zur Verbesserung der Situation bei. Sätze wie "Schön, dass du wieder da bist. Ich bin total erschöpft und brauche mal 15 Minuten für mich" sind im Zweifelsfall immer zielführender als "Ich war hier den ganzen Tag allein mit den Kindern, und du hängst nur im Büro rum".
Ob das bedeutet, dass ein Leben allein mit Kind auf Dauer einfacher wäre? Definitiv nicht. Nur weil es hin und wieder bequemer ist, Pizza zu bestellen, heißt das ja nicht, dass uns gesunde Ernährung nicht langfristig gesehen deutlich besser tut. Und genauso verhält es sich doch auch mit Erziehung: An manchen Tagen kann es befreiend sein, einfach mal den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Aber so richtig erfüllend ist es doch erst, wenn alle an einem Strang ziehen. Wenn sich die ganze Familie zusammengehörig fühlt. Wie lautet doch der gute alte Kalenderspruch: Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt. Nur manchmal benötigt es eben ein bisschen Anstrengung, damit das Zusammenleben harmonisch läuft – und die lohnt es sich, in Kauf zu nehmen.