
Nach der Geburt meines Sohnes stand ich in regem "WhatsApp"-Kontakt mit Freundinnen, die ebenfalls frischgebackene Mamas waren. Eine kleine digitale Selbsthilfegruppe quasi. Wenn ich den Nachrichtenverlauf aus dieser Zeit durchscrolle, stoße ich immer wieder auf das Wörtchen Haushalt. Neben allen Entwicklungsschüben und durchwachten Nächten offenbar eines der größeren Themen junger Mütter.
"Das Kind schläft nicht, und ich schaffe im Haushalt noch weniger als ohnehin schon", klagte eine Freundin genervt. Eine andere gestand: "Wenn ich meinem Mann das Kind mal gebe, endet es darin, dass ich irgendwas im Haushalt mache."
Und auch in den Kommentarspalten bei Social Media – besonders unter Posts zum Thema Babyschlaf – ist der Tenor von Neu-Müttern eindeutig: "Hilfe, ich schaffe nichts im Haushalt!"
Ist Elternzeit auch Haushaltszeit?
Aussagen wie diese saßen immer irgendwie neben mir auf dem Sofa, wenn ich mit schlafendem Kind auf dem Bauch zum Nichtstun verdammt war und das heimlich auch ganz angenehm fand – wenn da nicht immer dieses Stimmchen im Kopf gewesen wäre: "Aber der Haushalt!"
Mutter und Hausfrau – diese beiden Wörter scheinen auch in unserer modernen Welt immer noch ein bisschen zu gut zusammen zu passen ...
Und es ist gar nicht so leicht, sich diesen Schuh nicht selbst anzuziehen. Nachdem der erste Wochenbett-Ausnahmezustand hinter mir lag, sickerte die Erkenntnis ein: "Ach, stimmt, ich schaffe ja auch nichts im Haushalt." Nur dachte ich bisher auch nicht, dass ich das müsste. Es heißt doch schließlich Elternzeit und nicht Haushaltszeit. Aber die allgemeine Meinung scheint ja eine andere zu sein ...
Wozu der Stress?
Also habe ich testweise in den Betriebsamkeitsmodus geschaltet.
Hätte jemand aus der Vogelperspektive in unsere Wohnung gucken können, hätte er ein unterm Spielbogen liegendes Baby gesehen und eine Mama, die währenddessen wie Road Runner Staub wischt oder Gemüse schnippelt. Im Nachhinein habe ich mich gefragt: Warum der Stress? Hätte ich nicht einfach mit einem Kaffee neben ihm sitzen können – also noch öfter, als ich es ohnehin schon gemacht habe? Schließlich stimmt der alte Eltern-Satz: So klein sind sie nur einmal – und die Zeit ist so wertvoll und vergeht so schnell!
Ganz ehrlich: Ich habe doch auch vor der Elternzeit während meiner 40-Stunden-Woche nicht unter der Woche einfach mal vormittags feucht durchgewischt. Da haben mein Mann und ich den Haushaltskram erledigt, wenn wir am Wochenende beide frei hatten. Warum sollte sich daran irgendwas ändern?
Ich habe meinen Job vorübergehend aufgegeben, um mich um mein Kind zu kümmern – nicht, um die Küche zu putzen.
Klar, mit einem dritten Bewohner potenziert sich die Menge an Wäsche und schmutzigem Geschirr. Und ich spreche hier auch nicht davon, dass ich nicht auch mal nebenbei die Geschirrspülmaschine einräume oder eine Ladung Wäsche mache. Aber Großreinemachen mit Baby? Nein, danke.
Alles kann, nichts muss
Ich habe gemerkt: Der Spagat zwischen Baby und Haushaltsführung klappt bei mir nur so semi-gut. Und mir ging es deutlich besser, sobald ich für mich meine Prioritäten geklärt hatte: Zuerst kommt mein Sohn – und was nebenher noch so an putzen, waschen, aufräumen klappt, wird erledigt. Aber nur, weil ich will – nicht, weil ich muss.
An manchen Tagen war es schwer genug, sich ohne Gequengel auch nur lange genug von der Spieldecke zu entfernen, um ein Glas Wasser zu trinken. Wer kann es denn da gebrauchen, sich auch noch wegen eines Wäschebergs zu grämen?
Elternzeit ist eben kein Baby-Urlaub. Care-Arbeit ist ein Vollzeitjob – ohne Feierabend und feste Pausenzeiten. Und weil mein Sohn monatelang fast ausschließlich in der Trage schlief, hatte ich am Ende des Tages immer locker 10.000 Schritte auf der Uhr. Je nach Tagesform auch mal das doppelte. Ich war selten besser in Form als im ersten Babyjahr – dazu war es gar nicht nötig, auch noch Kalorien bei der Hausarbeit zu verbrauchen. Was ich damit sagen will: Zum Faulenzen kommt man mit Baby so oder so eher wenig.
Vergleichen nervt
Richtig irre wurde es dann noch mal bei der Beikosteinführung. Vorbildliche Momfluencerinnen backten auf den Accounts, die Instagram mir vorschlug, ganz nebenbei noch mal ein zuckerfreies Zucchinibrot für den Nachwuchs. Und ich war froh, wenn ich fix den Abendbrei anrühren konnte, ohne dass mein Sohn mir die Hölle heiß machte.
Bedeutet so eine Eins-mit-Sternchen-Haushaltsführung für andere etwa gar keinen Stress – oder nehmen sie ihn in Kauf, um ihren eigenen Anforderungen gerecht zu werden?
Im Laufe des ersten Babyjahrs habe ich aufgehört, mir diese Frage zu stellen. Ich habe weder Zeit noch Lust, mich mit anderen zu vergleichen. Und mache nur noch das, was ich schaffe, ohne dass mein Adrenalinspiegel hochschießt. Der Rest muss warten.
Natürlich ist jede Situation individuell. Für andere ist der Haushalt sicher ein größeres Herzensthema als für mich. Und wer schon ältere Geschwisterkinder hat, hat auch noch mal mehr Verpflichtungen auf der To-do-Liste. Das ist ein Druck, den ich nicht kleinreden will.
Erschreckend finde ich aber, wie viele Frauen offenbar ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass des Heimes Pflege in der Elternzeit nun automatisch bei ihr liegen würde.
Da lobe ich mir meine Freundin, die nach der Geburt ihres Sohnes mal aus tiefstem Herzen verkündete: "Ich putze nicht mehr. Ich mache es einfach nicht."
Gut, das kaufe ich ihr zwar auch nicht zu hundert Prozent ab – dafür sah ihre Wohnung immer noch zu instagrammable aus. Aber ich feiere ihr Mindset. Bitte mehr von diesem Spirit!