
And the Oscar goes to: Mama und Papa in der Rolle als größte Blumenkohl-Fans der Welt ...
Ganz ehrlich: Am Esstisch performen Eltern manchmal wie übereifrige Moderatoren einer Shopping-TV-Sendung. "Das ist wirklich das BESTE, was ich je gesessen habe", "Mmmmmh, das MUSST du probieren", "So LECKER!" Dazu stelle man sich schwärmerische Gesichtsausdrücke vor: schwelgerisch, natürlich mit geschlossenen Augen, wie die Frau aus der Zott-Sahnejoghurt-Werbung. Keine Frage: Eltern legen sich wirklich ins Zeug, um ein paar schnöde Brokkoli-Röschen oder Möhrenschnitze anzupreisen. Und die Kinder? Bleiben von dem Bauerntheater in der Regel recht unbeeindruckt und verlangen trotzdem stoisch weiterhin ihre Nudeln.
Hinter Mamas und Papas bühnenreifer Schauspielkunst stecken natürlich nur die besten Absichten: Schließlich plagen wohl alle Eltern Sorgen, dass ihr Kind nicht genug Gesundes isst. Aber mal Hand aufs Herz: So ganz richtig fühlt sich diese Performance am Esstisch auch für Eltern nicht an. Eher unbeholfen. Man wittert Fremdscham-Potenzial. Und auf dieses innere Stimmchen dürfen wir in diesem Fall gern vertrauen. Denn tatsächlich wirken die übertriebenen Lobreden auf Obst und Gemüse oft sogar kontraproduktiv.
Wie Kinder Neugier auf Gemüse entwickeln
Kinder haben feine Antennen und riechen hundert Meter gegen den Wind, wenn Eltern ihnen etwas vormachen. Denn mal ernsthaft: Kein Mensch gerät in echte Ekstase, weil da Rosenkohl auf dem Teller liegt. Die Botschaft, die bei Kindern ankommt, ist also eher: Irgendwas ist hier faul …
Statt Kohlrabi & Co. völlig überzogen über den grünen Klee zu loben, sollten Eltern lieber neutral und nüchtern an die Sache herangehen – und mit echten Argumenten aufwarten, mit denen Kindern auch etwas anfangen können und die ihre angeborene Neugier und ihren Entdeckergeist ansprechen.
Zum Beispiel:
- Schau mal, die Rosinen/Datteln/Aprikosen sind genauso süß und weich wie Gummibärchen.
- Das hier ist Fisch. Das ist das gleiche, was in den Fischstäbchen drin ist.
- Heute gibt es Brokkoli mit geschmolzener Butter – so wie du deine Nudeln gern isst.
- Hör mal, Paprika knirscht lustig, wenn man draufbeißt.
- In dem Nudelauflauf ist die Tomatensoße drin, die du so gern magst.
Wenn Kindern Essen ohne Druck und Übertreibung erklärt wird, sind sie oft viel eher bereit, Neues zu probieren.
Es geht nicht darum, Kindern das Essen "zu verkaufen" und als Nonplusultra anzupreisen. Zielführender ist es, sachlich zu bleiben und das Kind zu ermutigen, etwas Neues zu probieren – damit es selbst feststellen kann, dass auch andere Lebensmittel gut schmecken. So bauen sie nach und nach eine gesunde und positive Verbindung zu verschiedenen Geschmacksrichtungen und Nahrungsmitteln auf. Dabei hilft es, eine Brücke zu bauen zu Speisen, die sie bereits kennen und mögen und Schritt für Schritt Neues auf den Speiseplan zu setzen. Kinder bekommen so Sicherheit und Orientierung – und Eltern dürfen sich entspannen ...