Kleinkind-Ernährung

Picky Eater: Wenn euer Kind ein wählerischer Esser ist ...

Um sich gesund zu entwickeln, müssen Kinder essen. Möglichst frisch, abwechslungsreich, ausgewogen und – genug. Aber was tun, wenn ein Dauernörgler am Tisch sitzt, der alles ablehnt? Wir zeigen euch, wie ihr mit einem kleinen "Picky Eater" umgeht.

Manche Kinder spielen lieber mit dem Essen, als etwas zu sich zu nehmen ...© Getty Images/Catherine Delahaye
Manche Kinder spielen lieber mit dem Essen, als etwas zu sich zu nehmen ...

Max stochert nur in seinem Essen herum: Paprika ist bäh, Brokkoli fliegt direkt vom Tisch, Nudeln schmecken nur ohne Soße und Fisch geht sowieso gar nicht. Der Dreijährige ist ein "Picky Eater", also ein mäkeliger Esser. Und er ist einer unter vielen: Schätzungen zufolge beklagen etwa ein Viertel aller Eltern ein extrem wählerisches Verhalten bei ihren Kindern bis sechs Jahre. An dieser Stelle möchten wir erst mal Entwarnung geben: Glücklicherweise besteht dabei kein medizinisches Problem, es handelt sich auch nicht um eine Essstörung.

Familienstress durch Picky Eaters

Trotzdem können kleine Picky Eaters unser Familienleben ganz schön beeinträchtigen. Denn wir Eltern wollen bei der Ernährung unserer Kinder alles richtig machen. Leider führt es oft zu Stress, wenn wir unseren Nachwuchs überzeugen wollen, etwas Bestimmtes zu essen. Und leider führt es zu wenig Erfolg, denn je mehr Druck aufgebaut wird, desto mehr Ablehnung entsteht. Wie können es Eltern aber besser machen?

Auch kleine Picky Eater wissen, ob sie satt sind

Schon wenn es mit dem ersten Brei losgeht, können Eltern einen guten Rahmen für Rhythmus, Ort und Zeit des Essens zu schaffen. Dabei lernt euer Kind, dass Essen Spaß macht und die Erwachsenen es dabei verlässlich begleiten. Wenn Eltern eine Vorauswahl an gesunden Nahrungsmitteln fürs Kind treffen, sind sie schon mal auf der sicheren Seite.

Kinder haben schon früh ein verlässliches Hunger- bzw. Sättigungsgefühl – sie wissen sehr gut, wann sie hungrig sind und wann nicht mehr. Sie tragen für sich selbst die Verantwortung, ob oder wie viel sie essen. Ihr solltet sie also nie zwingen, mehr zu essen, als sie wollen. Helft besser eurem Kind dabei, die richtigen Worte und Gebärden zu finden, um seine Bedürfnisse auszudrücken.

Picky Eater – was ist eigentlich die Ursache?

Essen Kinder mit den Großen am Familientisch, müssen sie das Speisenangebot kennenlernen und selbstkritisch hinterfragen. Die Trotzhaltung gehört hier zur gesunden Entwicklung der Selbstbehauptung dazu. Jetzt seid ihr als Eltern gefragt, wählerisches Essverhalten zu begleiten. Weil Kinder durch Beobachten und Nachahmen lernen, solltet ihr Vorbild sein. Nicht nur hinsichtlich der Speisenauswahl. Vermittelt den Kleinen, dass Essen Genuss bedeutet – und nicht Zwang oder Stress.

Manchmal stecken auch ganz andere Gründe hinter der Nahrungsverweigerung. Das kann mit einem Problem in der Familie zusammenhängen. Auch eine Unverträglichkeit oder motorische Schwierigkeiten sind denkbar. Hat euer Kind beim Essen Schmerzen, fühlt sich unwohl oder nimmt mit der Zeit stark ab, solltet ihr den Kinderarzt oder eine Ernährungsberatung aufsuchen.

Hinweis: Manchmal tendieren Picky Eater dazu, viel zu trinken. Vor allem Milch! Die sättigt aufgrund ihres Fett- und Proteingehalts allerdings, sodass der Hunger und Appetit für die Hauptmahlzeiten fehlt. Und somit auch die Chance, Neues zu probieren. Kuhmilch ist zwar eine gesunde Nahrungsquelle (und kein Durstlöscher!) für kleine Kinder, zum Beispiel als wertvoller Calcium-Lieferant für gesunde Knochen, aber bitte in Maßen. Es sollten etwa zwei Gläser pro Tag getrunken bzw. gegessen werden, nicht mehr. Speisen, wie Müsli oder Milchreis, sollten einberechnet werden. 

Überraschender Grund, warum Kinder keinen Brokkoli mögen

Wusstet ihr, dass bestimmte Gemüsesorten für manche Menschen wie verdorbenes Fleisch schmecken? Eine Studie zeigt, dass die Zusammensetzung des Speichels bei einigen Menschen dazu führen kann, dass bestimmte Kohlsorten wie Brokkoli, Blumenkohl und Rosenkohl ungenießbar erscheinen. Solche Studien hatte es schon vorher gegeben, doch das Neue an dieser Studie ist, dass auch Kinder untersucht wurden und dass ihre Ergebnisse mit denen ihrer Eltern verglichen wurden.  

Bestimmte Bakterien in unserem Speichel interagieren mit bestimmten Kohlbestandteilen, was auf chemischer Ebene tatsächlich einen schwefelhaltigen Stoff entstehen lässt, der auch in verdorbenem Fleisch enthalten ist und für einen äußerst unangenehmen Geschmack sorgt. 

Übrigens: Wenn ihr selbst als Kind zum Beispiel keinen Brokkoli mochtet, ist es recht wahrscheinlich, dass es eurem Nachwuchs auch so geht. 

Zum Glück gewöhnt man sich tatsächlich an den Geschmack, und so geht es möglicherweise auch euren Kids. Immer wieder zu probieren, kann also wirklich helfen. Aber bitte zwingt eure Kinder nicht, etwas zu essen. Sie werden ihre Gründe haben. Doch vielleicht hilft euch bei eurem Nachwuchs ja der Trick des folgenden Videos: Tief gekühlten Brokkoli auf ein Blech geben und im Ofen backen. Lecker!

"Mag ich nicht" ist ganz normal

Essen und gemeinsame Mahlzeiten sollten etwas Positives sein. Lob als Anreiz oder Lockmittel fürs Aufessen ungeliebter Speisen solltet ihr nicht einsetzen. Kinder müssen mit dem Vertrauen in euch aufwachsen, dass immer etwas nach ihrem Geschmack dabei sein wird. Erlaubt ihnen, mit Essen zu experimentieren und es mit allen Sinnen zu erfahren.

Und ganz wichtig: Kein Kind sollte dazu gezwungen werden, aufzuessen. Allein die Angst davor kann zu einem gestörtem Essverhalten führen.

Gibt es eine Therapie für kleine Picky Eaters?

Gebt eurem Kind Zeit und probiert es immer wieder. Niemand kann von Anfang an alles mögen. Ein kleiner Trost: Es ist ganz normal, dass eure Kleinen "Mag ich nicht" sagen, wenn etwas Neues auf den Tisch kommt: Im Schnitt braucht es bis zu 20-mal, bis ein Kind ein neues Lebensmittel akzeptiert. Wenn es gar zu holprig läuft, empfehlen Ernährungsexperten "eine sensorische Lebensmittel-Analyse". Sie hilft herauszufinden, welche Nahrungsmittel nach Geschmack, Geruch, Konsistenz, Farbe und Form in die "sichere Palette" eures Kindes fallen. Denn einem Picky Eater schmecken in der Regel mindestens 30 Dinge in jeder Konsistenz. Bietet dazu Neues in Probiergrößen an und steigert die Konsistenzen von weicher zu härter. Das erweitert nach und nach den Essensradius eurer Kids. Auch wichtig: den Teller übersichtlich und nie zu voll anrichten. Gerne bedienen Kinder sich auch selber, etwa von einem "Regenbogenteller" mit einer bunten Vielfalt an frischen Nahrungsmitteln.

Wege aus dem Picky Eating

  • Regelmäßigkeit: alle zwei bis drei Stunden Haupt- und Zwischenmahlzeiten zur Verfügung stellen
  • Vertrauensbasis: den Kindern die Freiheit schenken, ob und wie viel sie essen
  • Achtsame Vorbereitung: jeden Tag verlässlich eine gute Auswahl an Mahlzeiten und Snacks anbieten
  • Ruhe: für die Mahlzeiten einen angenehmen und entspannten Rahmen schaffen und sich bewusst Zeit nehmen
  • Kreative Vielfalt: Nahrungsmittel aus der altbewährten Palette immer wieder anders zubereiten und mit einer Probierportion Neuem kombinieren
  • Vorbild sein: Was wir am Tisch vorleben, ahmen Kinder langfristig nach. Dazu gehören auch gute Stimmung, Tischmanieren und entspannte Gespräche
  • Eigene Wege finden: Essensituation an die familiären Bedürfnisse anzupassen, z. B. auch mal abends warm essen, unterwegs aus der Lunchbox oder Essen bestellen
  • Essenstagebuch: durch Notizen einen genauen Überblick verschaffen, was an Nahrungsmitteln wann angeboten und was tatsächlich gegessen wurde
  • Essensbrücken bauen: Damit zwanglos neue Vorlieben entstehen, Nahrungsmittel aus der bewährten Palette mit bisher verschmähten verbinden

Die Kinder beim Kochen helfen lassen

Ständige Verhandlungen bei Tisch bedeuten für alle Beteiligten Stress und bauen Druck auf. Besser ist es, die Eigenverantwortung der Kinder zu stärken. Wenn sich alle entspannen, kann auch das Kind seine Kompetenz im Essverhalten aufbauen. Und noch ein Tipp: Lasst die Kinder beim Kochen mithelfen. Wer selber den Quark umgerührt hat, die Paprika geschnibbelt oder Kräuter gezupft hat, der will hinterher doch mal vom bisher ungeliebten Essen probieren.

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