Kolumne von Randa Weiser

Dreifachmama erzählt: "Mein Kind kann nicht 'Nein' sagen"

Wenn deine achtjährige Tochter immer häufiger über Bauchkrämpfe, Kopfschmerzen oder Übelkeit klagt, gehst du mir ihr zum Kinderarzt. Logisch. Mein Mutterinstinkt sagte mir aber schon vorab, dass der wohl eher nichts finden wird. Und so war es auch: Keine körperlichen Krankheiten nachzuweisen, aber fast täglich neue Symptome ...

Junges Mädchen wird in der Schule ausgegrenzt© iStock/LumiNola
In der Schule geht es häufig darum zu gefallen ...

Ich nahm mir viel Zeit, redete in Ruhe mit ihr und ohne Druck, in der Hoffnung herauszufinden, was vielleicht über das Physische hinaus los sein könnte. Sie zog sich zurück. Von uns, von ihrer Schwester, von ihren Freundinnen. Für mich war das schwer auszuhalten, da ich sah, wie sie dabei litt. 

In einem unserer Gespräche fiel dann der Satz, der mich wie ein Stromschlag traf: 

Mama, ich kann nicht 'Nein' sagen!

Mit einem ziemlich unguten Gefühl und einer mulmigen Vorahnung frage ich nach, was das für sie heißen würde: "Die anderen in der Schule nutzen mich so oft aus, weil ich nicht 'Nein' sagen kann."

Da war es. Mein eigenes Trauma, übertragen auf meine Tochter. 

Während meiner Kindheit erlebte ich, wie sich mein Vater für andere Menschen aufopferte, er wollte es immer jedem recht machen und gefallen. Seine Sorge vor Ablehnung war groß, fast eine ausgeprägte Angst. So bin ich aufgewachsen und habe es adaptiert. Ich überfordere mich bis heute, obwohl ich es nach einer tiefen Depression und Therapie eigentlich besser wissen müsste. 

Und nun habe ich es, wie mein Vater auch, an mein Kind weitergegeben. Sie handelt wie ich. Kann ich nicht 'Nein' sagen, kann sie es auch nicht.

Als eine Schulfreundin ungefragt ans neue Federmäppchen meiner Tochter ging und ihre geliebte Ordnung absichtlich völlig durcheinanderbrachte, sagte sie kein Wort. Sie wollte ja gefallen. Mir wurde klar, dass ich etwas bei MIR ändern musste. Ich musste ein besseres Vorbild werden.  

Mittlerweile mache ich ein Eins-zu-eins-Coaching. Ich will lernen, Grenzen zu setzen. "Menschen, die dich lieben, werden dein 'Nein' immer akzeptieren.", sagt mein Coach. Es ist sogar essenziell für die Beziehung, dass der andere weiß, was man will und was eben nicht. Nur so entsteht ein harmonisches Miteinander, denn der andere kann auf dich eingehen und Rücksicht nehmen. Wenn unsere Kinder noch klein sind, machen sie das instinktiv. Sie provozieren sie uns bis aufs Äußerste. Das tun sie, weil sie Grenzen austesten und wissen wollen, wie weit sie gehen können. So lernen sie, was geht und was eben nicht. 

Wir müssen unseren Kindern zeigen, dass sie 'Nein' sagen dürfen, wir das akzeptieren und sie weiterhin bedingungslos lieben. Nur so können sie erfahren, dass es sicher und richtig ist, eigene Grenzen zu setzen, um sich selbst zu schützen. 

Die 'Freundin' mit dem Federmäppchen wurde dieses Jahr von meiner Tochter nicht mehr zum Geburtstag eingeladen. Sie ist einen guten Schritt weitergekommen, genau wie ich.  

Ein ausgesprochenes 'Nein' stärkt das Selbstwertgefühl und ist essenziell für die Selbstfürsorge der Kinder. 

Unsere Gastautorin

Randa Weiser© privat

Randa Weiser begeistert zusammen mit ihrer Familie als "Randa_and_the_gang" rund 467.000 Follower auf Instagram. Dabei bezeichnet sie sich selber als "lustig und etwas durchgeknallt." Und egal, wo Randa mit ihrem Mann, den beiden Töchtern und ihrem "baby boy" unterwegs ist, für ein Tänzchen ist immer Zeit. Schaut doch mal bei ihr vorbei!