Kinder müssen lernen, wie sie sich fair gegenüber anderen verhalten. © Foto: Getty Images/Wander Women Collective
Kinder müssen lernen, wie sie sich fair gegenüber anderen verhalten.

"Was gefällt dir hier in der Kita denn am besten, Marla?" Als Abschiedsgeschenk für die künftigen Schulkinder wollen die Erzieherinnen ein kleines Hörspiel erstellen und befragen dafür die Kinder. Die vierjährige Marla soll ihre Meinung sagen. Sie muss nicht lange nachdenken: "Ich finde Noel gut – und seine Brille." Sofort ertönt Gelächter. "Haha, Marla ist verknallt", ruft der sechsjährige Mattis. Alle Kinder lachen. Marla sagt nichts mehr. Jetzt ist Mattis dran. Der findet angeblich gar nichts gut, aber vieles doof. Zum Beispiel, dass die Kleinen "immer so laut sind und so viel stören". Danach traut sich kein Kind mehr, spontan zu antworten. Jeder Befragte schließt sich Mattis' Meinung an. "Ich finde es auch blöd, dass die Kinder hier immer so viel Krach machen." So oder ähnlich lauten jetzt die Antworten. Die Erzieherin bricht die Befragung erst einmal ab. Denn sie weiß, dass nun niemand mehr über seine eigene Meinung nachdenkt. 

Kommunikation unter Kindern anleiten, um ihre Kommunikationsfähigkeit zu schulen

Wie Erwachsene in Konferenzen oder anderen Meetings orientieren sich auch Kinder in Gruppen an anderen – insbesondere an älteren Kindern. Die Meinungsführer setzen sich durch. Stillere Mädchen und Jungen sind blockiert und passen sich lieber an, als aufzufallen oder gar ausgelacht zu werden. Das ist verständlich, aber natürlich schade. Denn nicht nur später in der Schule, sondern auch im Privat- und Berufsleben sind eigene Meinungen gefragt. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder schon früh lernen, ihre Ansichten zu äußern.

Fair kommunizieren: Das geht auch schon in der Kita

Dafür sollten Kitakinder die Regeln einer fairen Kommunikation lernen. Ähnlich wie Erwachsene es zum Beispiel beim Brainstorming tun, kann man festlegen:  

  • Alle hören zu, wenn einer spricht.
  • Jeder darf ausreden – kein Kind quasselt dazwischen.
  • Meinungen und Ideen werden nur gesammelt, aber nicht bewertet, kritisiert oder abgelehnt.
  • Auslachen, Augenverdrehen oder Schlechtmachen ist verboten.

Darauf achten, dass jedes Kind zu Wort kommt und niemand ausgelacht wird

In der Kita eignen sich Gesprächskreise dafür besonders gut. Ob Kinder ihre Erlebnisse vom Wochenende erzählen oder nach ihrer Meinung über das aktuelle Kräuterprojekt gefragt werden – hier sollten die Betreuer darauf achten, dass jeder mal zu Wort kommt und nicht nur die, die ohnehin viel reden. Bei schüchternen Kindern braucht man pädagogisches Fingerspitzengefühl. Erzieher können stillen Mädchen und Jungen helfen, indem sie nachfragen, aber nicht überfordern. Wenn ein Kind zum Beispiel sehr leise spricht, sollten Erwachsene nicht verlangen "Sag das noch mal lauter, damit wir dich verstehen", sondern dem Kind unauffällig Schützenhilfe geben, indem sie nah an es herangehen und seine Aussage noch einmal gut hörbar wiederholen. Wenn das betroffene Kind dabei erfährt, dass seine Meinung gefragt ist, wird es bald mutiger. Das ist nicht nur ein Gewinn für die Kleinen. Auch die Großen können jedes Kind mit seinen Besonderheiten besser wahrnehmen, wenn eine gute Gesprächskultur herrscht.

Autorin: Stephanie Albert

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