
90 Prozent aller Kinder haben bis zum Ende des dritten Lebensjahres eine Mittelohrentzündung durchgemacht. Die "Otitis media" ist eine akute Entzündung der Schleimhäute des Mittelohrs. Auslöser sind meist Viren, selten auch Bakterien. In vielen Fällen geht der Erkrankung eine Erkältung voraus. Dabei gelangen Bakterien aus dem Rachenraum über die Ohrtrompete – eine röhrenförmige Verbindung zwischen Nasenrachen und Mittelohr – in das Mittelohr und rufen die Entzündung hervor. Durch die Schwellung wird die Ohrtrompete verengt – es entsteht ein Unterdruck und gleichzeitig sammelt sich Flüssigkeit, die durch die Ohrtrompete nicht mehr richtig abfließen kann. Bei Kindern ist die Ohrtrompete zudem noch so eng, dass sie schon bei kleineren Entzündungen zuschwillt.
Manchmal ist Antibiotikum notwendig
Hinzu kommt: Die Ohrtrompete ist auch für die Belüftung des Mittelohrs zuständig. Behindert eine verstopfte Nase diesen Luftweg, steigt das Risiko für eine Mittelohrentzündung. "Ist eine Ohrtrompete verstopft, entsteht ein Unterdruck. In der Paukenhöhle sammelt sich Sekret an. Und aus einer harmlosen Mittelohrentzündung kann eine eitrige werden", erklärt Dr. Lothar Maurer, Kinder- und Jugendarzt aus Frankenthal in der Pfalz. "Hat das Kind zusätzlich hohes Fieber und bringen Schmerzmittel keine Besserung, geht es häufig nicht ohne Antibiotikum."
Eine schwere Mittelohrentzündung offenbart sich durch sehr hohes Fieber, das vielleicht sogar trotz fiebersenkender Behandlung ansteigt. Weitere Indizien für einen schweren Krankheitsverlauf: Erbrechen, Nackensteife, ein gerötetes und/oder abstehendes Ohr und unregelmäßige Atmung. Diese Anzeichen sind immer Anlass, sofort den Kinderarzt aufzusuchen. Denn schwere Krankheitsverläufe bedürfen unter anderem wegen der Nähe zum Gehirn einer schnellen Behandlung.
Ohrenschmerzen nach dem Baden
Hinter Ohrenweh muss aber nicht immer eine Mittelohrentzündung stecken. "Häufig handelt es sich um eine Gehörgangsentzündung, die durch Planschen im Schwimmbad ausgelöst wird", erklärt der Kinderarzt. "Wasser gelangt ins Ohr und weicht das Ohrenschmalz auf, sodass es weicher wird und seine Aufgabe als Bollwerk gegen Keime nicht mehr so gut erfüllen kann. Bakterien können sich dann leichter ausbreiten und eine Entzündung hervorrufen." Ein gutes Abwehrmittel: Dem Kind nach dem Schwimmbadbesuch einen Tropfen Olivenöl ins Ohr träufeln.
Was bei Ohrenweh hilft
Abschwellende Nasentropfen lindern die Beschwerden und verflüssigen den Schleim. Die Tropfen gelangen über die Nase auch in den Gehörgang. Gegen die Schmerzen und zum Abschwellen kannst du deinem Kind Ibuprofen als Saft oder Zäpfchen geben. Medikamente mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure sind dagegen für Kinder nicht geeignet. Auch homöopathische Komplexmittel (etwa Otovowen) können Ohrenschmerzen schnell und wirksam lindern.
Was sonst noch hilft:
- Weiche Nahrung ist empfehlenswert. Das vermeidet zusätzliche Schmerzen durch Kauen.
- Wärme lindert bei vielen Kindern die Schmerzen: Ein Stirnband oder Rotlicht können helfen (bei letzterem die Augen schützen).
- Den Gehörgang des Kindes nicht selbstständig reinigen. Apropos Reinigung: Wattestäbchen haben in Kinderohren grundsätzlich nichts verloren. Das Ohr ist ein selbstreinigendes Organ. Die Reinigung bis zur Öffnung des Gehörgangs mit einem feuchten Waschlappen genügt.
- Schwimmen ist bei einer Mittelohrentzündung und Ohrenschmerzen tabu. Das betroffene Ohr beim Haarewaschen gut abdecken.