Organisations-Wahnsinn

Genervte Mutter fordert: "Schluss mit dem Plattformchaos an Schulen!"

Unsere Autorin ist es leid: Mehr als ein Dutzend Log-ins und Passwörter braucht sie, um den Schulalltag ihrer Kinder zu organisieren. Wieso ist all das nicht über ein einziges System möglich? 

Eine Mutter sitzt genervt am Rechner. © iStock/millann
Zum Kopfschütteln: 16 verschiedene Log-ins plus Passwörter verwaltet unsere Autorin mittlerweile für ihre zwei Kinder ... 

Eines vorweg: Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht wirklich froh darüber bin, dass ich meine Zwillinge vor gut drei Jahren an dieser Schule angemeldet habe, an der sie in einigen Wochen tatsächlich schon in ihr letztes Schuljahr starten.

Zufrieden bin ich nicht nur wegen wirklich guter, engagierter LehrerInnen und einer tollen Schulleiterin – sondern auch, weil das, was in ihrem Klassenzimmer abläuft, vermutlich deutlich moderner ist als an vielen anderen Schulen des Landes: Es gibt nicht nur ein riesiges Smartboard, sondern auch für jedes Kind der Klasse ein eigenes Tablet. Dienstags ist immer Internet-Stunde, in der die Schüler lernen, wie sie Suchmaschinen bedienen, auf digitalen Karten bestimmte Orte finden oder recherchieren, wie das Wetter am Wochenende wird. Abseits davon bringen sie teils Skills mit, bei deren Präsentation ich mich oft nicht wie ihre Mama, sondern eher wie ihre 94-jährige Uroma fühle, weil ich kaum hinterherkomme.

Das Thema Digitalisierung innerhalb der Schule scheint demnach – zumindest hier bei uns – zu funktionieren. Außerhalb des Schulgeländes bzw. in allen Belangen, die uns Eltern betreffen, sieht’s leider komplett anders aus.

Der Wandel nach Corona 

Fest steht: Die Pandemie hat einiges verändert. Längst verdrängt haben viele von uns die nervenzerreißenden Vormittage, in denen wir zwischen eigenen Meetings im Homeoffice auch noch mit den nicht funktionierenden Videokonferenzen unserer Kinder zu kämpfen hatten. LMS hieß bei uns in Hamburg die Plattform, über die alles laufen sollte – und über die einfach gar nichts lief. Weil die LehrerInnen aus Datenschutzgründen nicht auf funktionierende Systeme wie Zoom & Co. zurückgreifen durften, teilte man die Klasse in Kleingruppen auf – wenn nur fünf Kinder zeitgleich online waren, funktionierte das Ganze sogar mit Bewegtbild ... Ich schüttele noch heute ungläubig bis wütend den Kopf darüber. Doch was im Nachgang passierte, ist noch absurder: Denn anstatt in LMS zu investieren, schossen plötzlich digitale Konzepte wie Pilze aus dem Boden, es nahm kein Ende. Plötzlich schien einfach jede einzelne Lehrkraft eine Idee zu haben, wie man die Eltern online einbinden könnte. Eine digitale Pinnwand sollte über die aktuellen Hygienekonzepte informieren, eine andere über Klassenarbeiten und Schulfeste. Über eine weitere Website sollten in Ergänzung des Englisch-Unterrichts zu Hause lustige Videos mit dem Nachwuchs angeschaut werden. Nicht zu vergessen: die neue Schulmanager-App, über die man die Kinder neuerdings krank- oder von der Hort-Betreuung abmelden konnte.

Hilfe, Passwörter-Wahnsinn! 

Alles grundsätzlich und im Einzelnen keine schlechten Ideen (denn Letztgenanntes funktionierte bis dato nur über ein ausgedrucktes Formular, das man ausfüllen, einscannen und ans Sekretariat mailen musste – verrückt!). Aber: Wer, in Gottes Namen, soll hier neben Haushalt, Job und Alltagswahnsinn noch den Überblick behalten und regelmäßig einfach alle Seiten checken, um mangels Push-Nachrichten-Funktion nicht zu verpassen, dass die Kinder morgen in der 2. Stunde 3,50 Euro für den nächsten Ausflug mitbringen sollen? Noch so ein Punkt: die Zugangsdaten! Für den Schulmanager etwa braucht man pro Kind eine eigene E-Mail-Adresse, weil es im jeweiligen Profil keine Funktion für mehrere Kinder gibt. Alles in allem habe ich für zwei Kinder inzwischen 16 verschiedene Log-ins samt Passwörtern, von denen sich viele aus technischen Gründen nicht einmal im Schlüsselbund speichern lassen.

Her mit den Steuergeldern

Im vergangenen Jahr veröffentlichte der Bund der Steuerzahler bereits zum 50. Mal sein Schwarzbuch, in dem er besonders absurde Ausgaben anprangert. Wenn ich mir diese Auflistung anschaue, frage ich mich: Wäre es nicht angemessen, einen kleinen Bruchteil dieser Wahnsinns-Summen in ein System zu stecken, das die gesamte Schul-Kommunikation bündelt? Eine Plattform, über die Elternsprechtagtermine vereinbart, Materialien für kranke Kinder heruntergeladen, Mittagessen beim Schulcaterer abgemeldet und alle anderen Dinge erledigt werden können? Ich bin sicher, dass das ein möglicher Ansatz wäre, um viele Eltern vor dem täglichen Durchdrehen zu bewahren.