Sinnvolle Förderung?

Sollten Kinder auch in den Ferien für die Schule lernen?

Sind die Ferien wirklich zum Faulenzen da? Oder sollten Kinder die freie Zeit nutzen, um Vokabeln zu lernen und das kleine Einmaleins zu pauken? Wir haben eine Expertin befragt, die dazu eine klare Meinung hat. 

Ein kleiner Junge ist genervt von seinen Hausaufgaben. © istock/romrodinka
Büffeln während der Ferien? Für viele Kinder ist das ganz schrecklich! 

An jedem letzten Schultag vor den Ferien passierten bei mir genau zwei Dinge: Erst kaufte ich mir mit meiner Freundin Eva im Süßigkeitenladen auf dem Heimweg von der Schule eine Tüte grün-weiße Gummifrösche für eine Mark. Dann, zu Hause angekommen, warf ich meinen pinken Scout-Ranzen in die Ecke. Und dort blieb er konsequent und bis zum letzten Ferientag liegen, ohne auch nur einmal berührt zu werden. An die Wochen dazwischen habe ich, wie vermutlich viele von uns, die besten Kindheitserinnerungen überhaupt. Weil wir frei waren und keiner mit Schulkram nervte. Damals waren Ferien einfach Ferien.

Und heute? An der Schule meiner Kinder herrschen deutlich härtere Ansagen als bei uns früher. In den letzten Herbstferien sollten meine Zwillinge alle noch offenen Lücken im Mathe-Arbeitsheft füllen. Im März übten wir im Skilift das kleine Einmaleins. Und im bevorstehenden Strandurlaub werde ich Elli und Theo vermutlich beim Sandburgenbauen abfragen müssen, was denn "cupboard" und "kitchen" noch mal heißt. Fakt ist: Gerade die Kinder, die in Corona-Zeiten eingeschult wurden, haben in den vergangenen Jahren viel verpasst, durch den ausgefallenen Unterricht in den Lockdowns noch immer einiges aufzuholen. Klar ist auch: Gerade für berufstätige Eltern ist in den Ferien viel eher als im Alltagstrubel Zeit, sich mit den Kindern gemeinsam hinzusetzen und Unterrichtsstoff zu wiederholen, den die Kinder vielleicht noch nicht komplett verstanden haben. Aber: Auch unsere Kids brauchen Auszeiten.

Lernen in den Ferien: Bitte nicht übertreiben!

"Ich werde so oft gefragt, ob Kinder in den Ferien lernen oder richtig freimachen sollen", erzählt die Berliner Lehrerin Viola Patricia Herrmann. "Dazu sage ich ganz klar: Kinder sollen in den Ferien lernen. Sie sollen lernen, wie die Natur im Frühling erwacht. Sie sollen lernen, was ihnen im Sommer zu ihrer Erholung guttut. Und sie sollen lernen, wie sich freie Tage ohne das Korsett des Schulalltags von ihnen selber sinnvoll gestalten lassen." All das sei Lernen fürs Leben und ist ungemein wichtig – in weiten Teilen sogar noch viel wichtiger als alltägliche Unterrichtsinhalte. "Lernen bedeutet nicht, dass man stundenlang am Schreibtisch über Arbeitsblättern brütet. Lernen darf leicht sein, es soll Freude machen und vor allem die Interessen der Kinder aufgreifen."

Natürlich spreche nichts dagegen, jeweils ein paar Minuten des Tages zu nutzen, um das in der Schulzeit Gelernte wieder zu reaktivieren (am besten spielerisch, man kann im Wald ja auch mal die Erdbeeren mit den Marienkäfern multiplizieren). Doch: "Schulkinder brauchen vor allem Erholung in den Ferien, um ihre Akkus wieder aufzutanken", sagt Viola Patricia Herrmann. Denn diese sei im Schulalltag bei den meisten sehr schnell wieder aufgebraucht. 

Je entspannter Kinder aus den Ferien in den Unterricht zurückkehren, umso besser können sie sich konzentrieren. Also: Lernen in den Ferien? Bitte nur so, dass es Freude, Mehrwert und Regeneration für das Kind bringt.

Viola Patricia Herrmann, Lehrerin aus Berlin

Weitere Ideen, um das Lernen spielerisch in den Ferienalltag einzubinden:

  • Ein Ferien-Tagebuch kann Kinder für freies und kreatives Schreiben begeistern. Sucht das schönste Exemplar im Schreibwarenladen gemeinsam aus. 
  • Selber einkaufen: Das schult das Zahlenverständnis ganz von allein. Was kostet wie viel? Und vor allem, was bekomme ich für mein Geld? Und erhalte ich auch noch Rückgeld? 
  • Musizieren, am liebsten zusammen: Das kann auch ganz simpel mit Singen, Tanzen und Trommeln passieren. Wer schon weiter ist, zückt das Instrument der Wahl, Hauptsache es wird von ganz viel Spaß begleitet.
  • Bewegung fördert automatisch auch die Gehirnleistung. Sich ordentlich bei Fußball, Federball oder Wettlauf auszupowern, kurbelt die kleinen grauen Zellen an.
  • Wenn Kinder schon zu Zugang zu Tablets haben, nutzt diese auch gezielt für Lern-Apps. Denn daran haben die meisten Kids mehr Spaß als am simplen runterschreiben. 
  • Lesen und Vorlesen fördert ganz klar die sprachlichen Kompetenzen. Wie wäre es mit einem Gang zur lokalen Bücherei und euer Kind sucht sich ganz allein den Stapel neuer Bücher aus. Ob Comics oder Astrid Lindgren-Literatur, alles ist erlaubt!
  • Zusammen basteln, denn genau dafür ist jetzt wirklich mal Zeit.