Nahaufnahme Wichtel© iStock/EyeEm Mobile GmbH
So ein Wichtel kann sich als äußerst nützlich erweisen.

In der Vorweihnachtszeit erreicht Eltern-Bashing alle Jahre wieder ein neues Niveau. Wer im Dezember auch nur einen Handschlag mehr tut, als er müsste, dem werden schnell mal "selbstquälerische Tendenzen" unterstellt. Frei nach dem Motto: "Wer einen Adventskalender bastelt, ist selbst schuld." Gleicher Tenor beim Thema Wichtel. Die (anklagende) Frage lautet: "Muss das wirklich sein?"

Will sagen: Eltern brauchen sich ja nicht darüber zu beklagen, dass alles ach-so-anstrengend ist, wenn sie neben allem anderen noch Kapazitäten haben, um sich freiwillig Bastel-Kram aufzuhalsen. 

Aber möglicherweise ist Produktivitätssteigerung gar nicht das absolute Ziel der Elternschaft. Möglicherweise finden es Eltern persönlich erfüllend, wenn zwischen Kindkrank-Tagen, Impfterminen und Elternabenden noch ein klein wenig Zeit für etwas bleibt, was sie gern und freiwillig fürs Kind machen. Ohne dass ihnen dafür Perfektionismus und Helikopter-Elternschaft nachgesagt wird.

Zugegeben: Ich gehörte auch zu denen, die den Wichtel-Zirkus stets latent belächelten. Und trotzdem haben wir uns dieses Jahr so einen Kobold ins Haus geholt. Sind sozusagen eingeknickt – aus zwei, wie ich finde, guten Gründen. Zum einen wegen der leuchtenden Augen und der ehrfürchtigen Ruhe, mit denen der Dreijährige die Wichteltür bestaunte, die eines morgens plötzlich in der Kita prangte. Zum anderen weil mir dämmerte, dass so ein Wichtel ein ziemlich nützlicher Mitbewohner sein könnte ...

Der Wichtel als Retter in der Not

Also bappt bei uns seit Anfang Dezember auch eine dieser Türen, halb versteckt hinter einer Topfpflanze, an der Wohnzimmerwand. Und inzwischen ist der Wichtel ein unentbehrliches Familienmitglied geworden. Denn bei uns hat er eine wichtige Führungsaufgabe übernommen: Er füllt allnächtlich den Adventskalender für den nächsten Morgen. Das bedeutet für uns Eltern: Keine Diskussion mit dem Kind darüber, ob man heute nicht vielleicht doch schon mal ausnahmsweise zwei Säckchen auf einmal öffnen könnte. Kein Murren, wenn morgens mal keine Schokolade drin ist. Beschwerden bitte direkt an den Wichtel. Mama hat mit alldem nichts zu tun.

So ein Wichtel bleibt zwar im Verborgenen, aber dennoch ist er gewissermaßen dauerpräsent. Man kann ihm Briefchen schreiben, man kann ihm Snacks vor die Tür stellen, man kann ihm Spielzeug bringen, man kann Oma lang und breit von ihm erzählen. Oder anders ausgedrückt: Man hat an dunklen, regnerischen Dezembernachmittagen, wenn jede neue Beschäftigungsidee Gold wert ist, etwas zu tun.

Warum ein Wichtel? Weil's Spaß macht

Und manchmal, wenn Mama oder Papa abends noch Energie UND einen Geistesblitz haben, spielt der Wichtel vielleicht auch einen kleinen Streich. Weil wir uns dann uns auf die leuchtenden Augen unseres Sohnes am nächsten Morgen freuen.

Aber jetzt zurück zur Eingangsfrage: Muss das alles sein? Nö, sicher nicht. Für einen Dreijährigen ist die Vorweihnachtszeit ohnehin magisch – Wichtel hin oder her. Woran der Wichtel jedoch auch erinnert: Elternschaft ist eben nicht nur ein Beackern der To-do-Liste, sondern darf auch einfach mal Spaß machen – und dazu gehört der Luxus, sich Zeit für etwas zu nehmen, das ganz und gar freiwillig ist.