Viele Frauen sind sich unsicher, ob nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt noch möglich ist. © Foto: Getty Images
Viele Frauen sind sich unsicher, ob nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt noch möglich ist.

Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt, das war vor einigen Jahren noch die Devise. Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert. Mittlerweile belegen viele Studien, dass eine Spontangeburt nach einem Kaiserschnitt sehr wohl möglich sein kann. Etwa 30 Prozent der Babys in Deutschland erblicken das Licht der Welt im Operationssaal. Lediglich zwei bis fünf Prozent dieser Eingriffe werden auf Wunsch der Mütter durchgeführt und sind sogenannte Wunschkaiserschnitte. Die meisten Kaiserschnitt-Babys werden also aus medizinischen Gründen so geboren, entweder als sogenannter primärer, also von vornherein geplanter Kaiserschnitt, oder als sekundärer, weil im Verlauf der Geburt medizinische Gründe einen Kaiserschnitt erfordert haben.

VBAC – Spontangeburt nach Schnittentbindung

Viele Frauen, insbesondere Mütter, die sich beim ersten Kind eine vaginale Geburt gewünscht haben, dann aber einen Kaiserschnitt hatten, hoffen trotzdem auch bei einer folgenden Schwangerschaft wieder auf eine Spontangeburt. Seit einigen Jahren ist dafür die Abkürzung VBAC in Fachkreisen in aller Munde: Sie bedeutet "Vaginal Birth After Caesarean Section", also vaginale Geburt nach Kaiserschnitt. Studien zufolge kann das bei immerhin bis zu 70 Prozent der Frauen gelingen.

Ein wichtiger Faktor: der Geburtsort

Für eine gute Ausgangssituation ist eine geeignete Klinik wichtig. Nicht alle Krankenhäuser haben die gleiche Kompetenz, wenn es um eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt geht – hier sollten Schwangere ihre Hebamme und Frauenärztin nach Erfahrungen und Empfehlungen fragen. Eine gute Sache ist auf jeden Fall eine Beleghebamme, da sie Schwangeren eine Eins-zu-eins-Betreuung bietet. Diese Hebammen sind schnell ausgebucht, deswegen solltest du dich sofort nach dem positiven Schwangerschaftstest darum bemühen. Wenn du das Gefühl hast, mit deinem Wunsch nach einer natürlichen Geburt ernst genommen zu werden, solltest du eine zweite Meinung in einer anderen Klinik einholen.

Ausschlaggebend ist die vorherige Geburt

Einer vaginalen Geburt kann jedoch einiges im Wege stehen. Etwa der Abstand zur Geburt davor: Die Narbe gilt zwar nach etwa sechs Monaten als verheilt, trotzdem wird nach einem Kaiserschnitt ein Abstand zur nächsten Schwangerschaft von mindestens zwölf, besser 24 Monaten empfohlen. In den meisten Fällen ist das aber kein absolutes Ausschlusskriterium.

Wenn der Grund für den Kaiserschnitt ein Missverhältnis zwischen der Größe des Kindes und dem Becken der Mutter war, wertet man dies ebenfalls häufig als schlechte Ausgangslage. Denn das kann bei der nächsten Geburt erneut vorkommen. Wenn der Geburtsverlauf stockend verlief oder ein Geburtsstillstand eingetreten ist und die Entbindung deswegen durch einen Kaiserschnitt beendet werden musste, ist das ebenfalls nicht ideal.

War der Kaiserschnitt hingegen nötig, weil das Baby Stress unter der Geburt hatte, steht das einer späteren natürlichen Geburt nicht entgegen. Denn dann war der Geburtsverlauf an sich nicht beeinträchtigt. Allgemein sind vorangegangene Geburten, bei denen die Frau Wehen hatte und eine Muttermundseröffnung stattfand, ein positiver Ausgangspunkt. War der vorherige Kaiserschnitt hingegen geplant, ist schwerer einzuschätzen, wie die neuerliche Geburt verläuft – das wird als neutraler Faktor gewertet.

Eine natürliche Geburt nach Kaiserschnitt birgt auch Gefahren

Es gibt allerdings auch absolute Ausschlusskriterien für eine VBAC. Das gilt unter anderem, wenn die Mutter bereits eine Uterusruptur erlitten hat, die Gebärmutter also an der alten Kaiserschnittnarbe wieder aufgerissen ist. In diesem Fall besteht eine erhöhte Gefahr, dass es nochmals dazu kommt. Auch wenn der Bauchschnitt nicht quer über dem Schambein, sondern horizontal am Bauch verläuft, gibt es kaum eine Möglichkeit, eine vaginale Geburt anzustreben. Und wenn eine Frau mehr als drei Kaiserschnitte hatte, würde sie wohl kaum ein Krankenhaus eine Spontangeburt versuchen lassen.

Jedes Krankenhaus beziehungsweise die Hebammen und Ärzte entscheiden individuell über diese Kriterien. An erster Stelle steht immer, das Leben der Mutter und des Kindes zu schützen. Besonders gefährlich ist der Riss der Kaiserschnittnarbe: Diese geschieht in den meisten Fällen während der Geburt. Die Wehen belasten die Gebärmuttermuskulatur stark, dadurch kann das Narbengewebe an der Schnittstelle teilweise oder ganz aufreißen. In diesem Fall heißt es, schnell zu sein und das Kind per Kaiserschnitt auf die Welt zu holen – denn es besteht massive Lebensgefahr für Mutter und Kind. Das Risiko, bei einer Geburt eine solche Ruptur zu erleiden, liegt normalerweise bei etwa einem Prozent und steigt nach einer Entbindung per Kaiserschnitt auf zwei Prozent an. Positiv ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit, dass alles gut geht und die Narbe hält, liegt bei 98 Prozent. Diese Zahlen belegen auch Studien, die sich mit dem Thema natürliche Geburt nach Kaiserschnitt beschäftigen.

Eine Kaiserschnitt-Mutter ist: eine Mutter

Je nach Ausgangslage ist eine Spontangeburt nach Kaiserschnitt also durchaus umsetzbar. Mütter sollten aber bedenken: Eine Geburt läuft selten nach Plan, noch weniger eine natürliche. Und wenn es bei einer Frau nicht möglich ist oder vaginal nicht geklappt hat: Sie ist dadurch keine Mutter zweiter Wahl.

Egal welchen Weg ein Baby nimmt, um auf die Welt zu kommen: Eine Mutter ist eine Mutter und hat eine unglaubliche Leistung vollbracht. Wenn du eine Kaiserschnittnarbe hast, kannst du sie mit Stolz tragen, denn sie erinnert dich daran, dass du Leben geschenkt hast. Ich selbst sehe dort keine Narbe, sondern nur Liebe und eine Mutter, die bereit ist, alles zu geben.

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