
Schon häufig habe ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mitbekommen, dass sich nicht jeder darüber im Klaren ist, wie wichtig Rückbildung nach der Entbindung ist. Und erst letztens sagte eine Freundin: "Aber nach einem Kaiserschnitt muss man doch keine Rückbildung machen! Der Beckenboden hat sich ja nicht gedehnt." STOPP! Das denken viele Frauen. Aber es stimmt nicht. Rückbildung nach einem Kaiserschnitt ist extrem wichtig. Wer sich nicht darum kümmert, riskiert ernste gesundheitliche Konsequenzen …
Inhaltsverzeichnis
- Rückbildung nach Kaiserschnitt: Warum muss das sein?
- Wann sollte ich mit der Rückbildungsgymnastik nach einem Kaiserschnitt starten?
- Rückbildungsübungen nach Kaiserschnitt – was genau bewirken sie?
- Den richtigen Rückbildungskurs nach einem Kaiserschnitt finden
- Wie lange dauert die Rückbildung nach einem Kaiserschnitt?
- Rückbildung nach dem Kaiserschnitt: Sanfte "Übung" fürs Wochenbett
- Die richtigen Rückbildungsübungen nach einem Kaiserschnitt
- Diese Rückbildungsübungen sind nach einem Kaiserschnitt tabu!
Rückbildung nach Kaiserschnitt: Warum muss das sein?
Entgegen vieler Annahmen ist eine gezielte Rückbildung auch nach einem Kaiserschnitt wichtig – genauso wie nach einer spontanen Geburt. Und warum ist das so? Wir haben mit Franziska Liesner gesprochen. Sie ist Beckenboden-Physiotherapeutin sowie Gründerin der Praxis "Stabile Mitte" in Hamburg-Eppendorf, von www.stabile-mitte.de (Onlineprogramme für Beckenboden, Bauch und Rückbildung) und Autorin: "Der kleine Beckenboden-Coach".
Die Expertin sagt dazu: "Nicht nur die Geburt, sondern auch die Schwangerschaft belastet den Beckenboden. Und durch das immer größer werdende Gewicht des Kindes wird nicht nur der Beckenboden, sondern auch der Rücken belastet." Das Gewicht – zuzüglich des Gewichts von Fruchtwasser und Plazenta – lastet auf dem Beckenboden. Der Beckenboden ist eine Muskelschicht (eher gesagt drei Schichten). Diese verschließt die Beckenöffnung nach unten und hält Organe wie etwa Gebärmutter, Blase, Darm fest im Bauchraum. Nicht nur die Geburt, sondern auch schon die Schwangerschaft belastet den Beckenboden extrem. Der Beckenboden verliert durch die Schwangerschaft an Haltekraft. Aus diesem Grund ist Rückbildungsgymnastik nach einem (geplanten) Kaiserschnitt genauso wichtig, wie nach einer Spontangeburt.
"Die hormonelle Situation in der Schwangerschaft lockert alles auf: Die Gelenke sind beweglicher – was viele Frauen zum Beispiel an der Symphyse, also dem Schambein, oder hinten im unteren Rücken merken – das Fußgewölbe gibt nach, et cetera", erklärt Franziska Liesner. Durch die Schwangerschaft entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulatur. "Und einige Kaiserschnitte entstehen erst, nachdem Frauen versucht haben, vaginal zu gebären und auch dieser Versuch hat den Beckenboden schon belastet."
Wann sollte ich mit der Rückbildungsgymnastik nach einem Kaiserschnitt starten?
Wie lange sollten sich Mamas nach der Geburt schonen und ab wann dürfen sie mit der Rückbildung starten? Die ersten Tage nach der Geburt solltet ihr euch noch gut schonen und auf euch aufpassen – das unterstützt den Heilungsprozess und füllt die Energietanks. Denn Kraft braucht ihr in jedem Fall, damit ihr euch um euer Kleines kümmern könnt. In der Klinik werdet ihr viel Unterstützung erhalten. Schön ist es auch, wenn ihr ein Familienzimmer bekommt, so kann euer Partner helfen. In den ersten zwei Wochen nach der Geburt kommt es meistens zur groben Wundheilung der Verletzungen, die durch die Kaiserschnitt-OP entstanden sind. "Sechs bis acht Wochen sollte die Frau noch vorsichtig sein. Danach ist die Rückbildung ähnlich wie sonst auch und die Frau kann rund acht Wochen später mit einem Rückbildungskurs beginnen", sagt Franziska Liesner.
Diese Dinge solltet ihr unbedingt nach der Geburt bzw. dem Kaiserschnitt beachten:
- In der ersten Zeit nach der Geburt solltet ihr nichts Schweres heben.
- "Vor jedem Lagewechsel den Bauchnabel ganz sanft hineinziehen und dabei ausatmen. So entsteht wenig Druck auf der Narbe und auf dem Beckenboden", so die Expertin.
- Damit ihr die Narbe sowie die Bauchmuskulatur nicht zu stark belastet, bitte nur über die Seite aufstehen.
- "Wenn die Wundheilung abgeschlossen ist, wäre es gut darauf zu achten, dass die Narbe beweglich wird und sie später auch sanft zu massieren und zu verschieben", sagt Liesner.
- Schon in den ersten Tagen solltet ihr aufstehen und kurze Spaziergänge machen (keine Gewaltmärsche, sondern ganz ruhig kurze Strecken gehen). Das stärkt den Kreislauf und minimiert das Risiko einer Thrombose oder Lungenembolie.
Behaltet im Hinterkopf, dass jeder Körper individuell ist. Bei den einen dauert die Heilung länger, bei den anderen kürzer. Doch generell kann man sagen, dass ihr nach einem Kaiserschnitt mindestens acht bis zehn Wochen warten solltet, bis ihr mit der Rückbildung startet. Solange könnt ihr mit viel Ruhe im Wochenbett die Wundheilung sowie die Rückbildungsprozesse unterstützen.
Rückbildungsübungen nach Kaiserschnitt – was genau bewirken sie?
Es geht weniger darum, seine Figur von vor der Schwangerschaft so schnell wie möglich wiederzubekommen. Vielmehr um die Stärkung der Körpermitte und der Tiefenmuskulatur im Bauch und Beckenboden.
Folgenden Beschwerden könnt ihr durch Rückbildung vorbeugen:
- Inkontinenz / Blasenschwäche
- Senkung der Organe
- Rückenprobleme
- Haltungsschwäche (häufig nach Kaiserschnitt: Hohlkreuz oder Beinfehlstellungen wie X-Beine)
Den richtigen Rückbildungskurs nach einem Kaiserschnitt finden
Informiert euch am besten schon frühzeitig über mögliche Rückbildungskurse in eurer Nähe oder online. Es gibt sogar spezielle Kaiserschnitt-Rückbildungskurse. Fragt im Zweifel gern auch bei eurer Hebamme nach. Vielleicht kennt sie die beste Anlaufstelle für euch. Ein guter Rückbildungskurs sollte auf die Besonderheiten eingehen, die sich durch einen Kaiserschnitt ergeben. So kann man Folgeproblemen, wie der Entstehung eines Hohlkreuzes, früh entgegenwirken.
Wie lange dauert die Rückbildung nach einem Kaiserschnitt?
Es gibt leider keine pauschale Antwort auf diese Frage. Jeder Körper ist eben verschieden. ABER, an diesem alten Hebammenspruch ist tatsächlich etwas dran: Eine Schwangerschaft kommt und geht 9 Monate – egal ob Kaiserschnitt oder spontane Geburt.
In der Regel dauert die innere Heilung nach einem Kaiserschnitt noch ein wenig länger: Knapp ein Jahr brauchen die Wunden für die vollständige Heilung. Demnach kann auch der Zeitaufwand für die Rückbildung nach einem Kaiserschnitt variieren. Doch spürbare Veränderungen werdet ihr erst nach mindestens drei Monaten regelmäßigen Trainings feststellen. Wer sich regelmäßig Zeit für die Rückbildung nimmt (z. B. zwei- bis dreimal die Woche 30 Minuten), der wird in der Regel fit und gestärkt sein. Natürlich sollte sich der Umfang immer nach den individuellen körperlichen Begebenheiten richten.
Auch die Rückbildung des Bauches kann nach einem Kaiserschnitt etwas länger dauern. Warum? Das liegt zum Beispiel an der Gebärmutter, die durch die Kaiserschnitt-Wunde meist mehr Zeit benötigt, um sich wieder zurückzubilden und auch an den inneren Heilungsprozessen.
Wichtig: Wenn euch etwas wehtut, solltet ihr dieses Warnsignal nicht ignorieren, sondern vorsorglich unterbrechen. Ihr dürft eure Kaiserschnittnarbe zwar merken, aber sie sollte nicht schmerzen. Gebt Acht auf euren Körper!
Rückbildung nach dem Kaiserschnitt: Sanfte "Übung" fürs Wochenbett
Expertin Franziska Liesner erklärt: "Die Frau kann vom ersten Tag an zarte Übungen für den Beckenboden machen. Aber die Narbe muss noch geschont werden." In den ersten zwei Wochen nach dem Kaiserschnitt solltet ihr es deshalb noch ruhig angehen lassen. Doch folgende sanfte Übung könnt ihr (in Absprache mit eurer Hebamme) schon durchführen:
- Ab dem zweiten Tag nach der Entbindung könnt ihr euch sehr vorsichtig mit dem Bauch auf ein weiches Kissen legen.
- Vorsichtig und sanft "in die Narbe" atmen. So wird sie gut durchblutet. Das unterstützt den Heilungsprozess.
Weiterer Effekt: Die Gebärmutter kann sich durch die eingenommene Bauchlage und den sanften Druck besser zurückbilden.
Die richtigen Rückbildungsübungen nach einem Kaiserschnitt
Bevor ihr wirklich mit der Rückbildungsgymnastik beginnt, solltet ihr euch die Zustimmung eures Arztes sowie eurer Hebamme holen. Und auch, wenn alle zugestimmt haben: Tastet euch langsam an die Übungen heran und gebt nicht gleich Vollgas. Startet mit leichten Atem- und Wahrnehmungsübungen für den Beckenboden, zum Beispiel so:
- Atmet bewusst ein und wieder aus und verteilt den Atem gleichmäßig im Bauch.
- Nehmt alle drei Schichten des Beckenbodens isoliert wahr, indem ihr sie bewusst anspannt und dann wieder entspannt.
Wenn ihr euch etwas fitter fühlt und die Heilung gut voranschreitet, könnt ihr beispielsweise folgende Rückbildungsübungen durchführen:
Die Beckenbrücke
- Ihr befindet euch in der Rückenlage. Stellt die Beine auf, klemmt eventuell sogar ein flaches Kissen zwischen eure Knie. Nun aktiviert ihr euren Beckenboden und rollt das Becken nach oben.
- Spannung in der Bewegung halten.
- Optional: In der Bewegung den Bauchnabel leicht nach innen ziehen. So aktiviert ihr auch noch die innere Bauchmuskulatur.
- Vier- bis sechsmal wiederholen.
Beinheber (seitlich)
- Legt euch auf die Seite – mit gestreckten Beinen bis in die Zehenspitzen.
- Den unteren Arm über den Kopf strecken.
- Ausatmen und den Beckenboden aktivieren. Bauchnabel vorsichtig nach innen ziehen.
- Das obere Bein heben und den Kopf vom Boden lösen.
- Während des Einatmens Kopf wieder ablegen sowie Bauch- und Beckenbodenspannung lösen.
Hinweis: Es ist auch möglich, erst nur das Bein vom Boden zu lösen und den Kopf liegenzulassen. Später könnt ihr dann beide Beine vom Boden abheben lassen.
Leichte Beinkreise
- Legt euch auf den Rücken und legt die Arme seitlich neben eurem Körper ab.
- Beide Beine anwinkeln.
- Nun streckt ihr abwechselnd ein Bein in die Luft und zeichnet mit dem Fuß unterschiedlich große Kreise in die Luft. Easy!
Diese Rückbildungsübungen sind nach einem Kaiserschnitt tabu!
Sit-ups, Crunches oder Planks? Bitte nicht! Konzentriert euch zuerst lieber darauf, eure Tiefenmuskulatur (innere Bauchmuskeln, tiefe Rückenmuskeln und Beckenboden) zur Körpermitte zu stärken. Auch Hüpfen und Springen kann kontraproduktiv sein. Deshalb auch nach der Geburt (egal ob spontan oder Kaiserschnitt) rund sechs Monate auf Sportarten, bei denen gehüpft oder gesprungen wird, verzichten. "Wenn euer Rückbildungskurs abgeschlossen ist und ihr ein gutes Gefühl für eure Beckenbodenmuskuatur und die tiefen Bauchmuskeln habt, könnt ihr auch wieder mit einem gezielten Bauchmuskeltraining beginnen. Dafür muss euer Beckenboden aber schon wieder gut arbeiten können", erklärt Expertin Franziska Liesner.