
Die Geburt ist geschafft! Und während sich Mutter und Kind in Ruhe kennen lernen, legt Mamas Körper den Rückwärtsgang ein. Schon unmittelbar nach der Entbindung schaltet er nämlich auf "nicht schwanger" um. "Die Konzentration von Östrogen und des Gelbkörperhormons, das in der Plazenta gebildet wird, sinkt stark ab", erklärt Gynäkologe Dr. Bernd Morgenstern.
Hitzewallungen und Schweißausbrüche
Durch den veränderten Hormonhaushalt ist es völlig normal, dass die frischgebackene Mama gerade in den ersten Tagen nach der Geburt ordentlich schwitzen wird. Manchmal kann es sogar zu richtigen Schweißausbrüchen und Hitzewallungen kommen. Auch Wasser, dass sich während der Schwangerschaft im Körper angelagert hat (bevorzugt in den Händen, Füßen und den Beinen) wird nun vom Körper ausgeschwemmt. "Wasseransammlungen im Körper werden vermehrt über die Nieren ausgeschieden, was wiederum dazu führt, dass die Mutter rund sechs Kilogramm Körpergewicht in den ersten Wochen verliert.“ Dadurch kommt es natürlich auch zu erhöhtem Harndrang. Meistens hören das vermehrte Schwitzen und der Harndrang noch im Frühwochenbett auf – so heißt der Zeitraum vom ersten bis zum zehnten Tag nach der Geburt.
Nützliche Nachwehen
Nachwehen helfen der Gebärmutter, sich nach der Geburt zurückzubilden, nachdem sie sich in der Schwangerschaft auf das 20-Fache ausgedehnt hat. Und: Sie sind insbesondere beim Stillen zu spüren. "Durch den Saugreiz des Neugeborenen schüttet der weibliche Körper vermehrt Oxytocin aus. Dieses Wehenhormon sorgt dafür, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht und sich schneller zurückbildet als bei Frauen, die nicht stillen“, erklärt Dr. Morgenstern. Vielen Frauen machen die Nachwehen ordentlich zu schaffen. Und viele Frauen werden davon auch überrascht, da sie der Meinung sind, dass mit der Geburt der Wehenschmerz vorbei sei. Doch auch die Nachwehen können noch Schmerzen verursachen. Eine Wärmflasche oder ein warmes Kirschkernkissen lindern die Beschwerden. "Ist der Schmerz sehr stark, kann der Arzt auch leichte Medikamente verordnen", fügt der Experte hinzu.
Wochenfluss
Nach der Geburt löst sich die Plazenta von der Gebärmutter und hinterlässt an dieser Stelle eine Wunde. Im Zuge des Heilungsprozesses bildet sich ein Wundsekret, das zusammen mit Schleimhautresten als sogenannter Wochenfluss (Lochien) ausgeschieden wird. In den ersten Tagen nach der Geburt ist im Wochenfluss noch viel Blut enthalten, so dass er eine rote bis bräunliche Färbung hat. Mit der Zeit wird die Blutung immer heller, bis sie nach vier bis sechs Wochen ganz versiegt.
Dr. Morgenstern empfiehlt Frauen, in dieser Zeit unbedingt zu Binden greifen. "Das Risiko von Wundinfektionen ist größer, wenn der Wochenfluss durch Tampons im Inneren des Körpers zurückgehalten wird, weil sich dadurch Bakterien rasant vermehren." In der Apotheke gibt es spezielle Binden für die Zeit im Wochenbett, sogenannte Wöchnerinnen-Vorlagen. Sie sollten regelmäßig gewechselt werden, da sie ansonsten ein Nährboden für Keime sein können. Wenn der Wochenfluss ins Stocken gerät, kann ein sogenannter Wochenflussstau aufgetreten sein. Sitzbäder, Massagen oder eine Wärmflasche, auf die man sich bäuchlings drauflegt, können den Wochenfluss wieder anregen. Falls das nicht helfen sollte und zudem Bauch- und Rückenschmerzen sowie Kopfschmerzen im Stirnbereich auftreten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Durch den Stau des Wochenflusses kann es zu einer Infektion der Gebärmutter und Kindbettfieber kommen.
Beckenboden und Rückbildung
Weil der Beckenboden durch die Schwangerschaft stark beansprucht wurde, sollten frischgebackene Mütter die Rückbildung mit entsprechender Gymnastik unterstützen. Gezielte Übungen kräftigen den Beckenboden und sorgen dafür, dass er seine Funktion als Stütze von Rumpfmuskulatur und inneren Organen wie vor der Schwangerschaft ausüben kann. "Mit der üblichen Rückbildung beginnt man in der Regel am Ende des Wochenbetts. Es gibt aber spezielle Übungen, mit denen Frauen – abhängig von der Art der Geburt – bereits einige Tage nach der Entbindung die Rückbildung fördern können", weiß Dr. Morgenstern. Richtiger Sport ist während des Wochenbetts nicht empfehlenswert. "Erst nach Ablauf des Wochenbetts sollten Mütter leichten Sport treiben und das Training nach Körpergefühl langsam steigern." Frauen sollten unbedingt Rücksicht auf ihre körperlichen Veränderungen nehmen. Bildet sich der Beckenboden nicht richtig zurück, kann dies im schlimmsten Fall zu Inkontinenz führen.
Geburtsverletzungen
Geburtsverletzungen wie z. B. Kaiserschnittwunde, Dammriss und Dammschnitt heilen normalerweise problemlos bedürfen keiner besonderer Pflege. "Nach einem Dammschnitt oder Dammriss genügt das Abspülen mit klarem, lauwarmem Wasser nach dem Toilettengang. Von Sitzbädern und Salben rate ich ab. Auch gibt es keine überzeugenden wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass Salben den Heilungsprozess eines Kaiserschnitts beschleunigen.“ Die Hebamme kontrolliert im Rahmen der Wochenbettbetreuung, ob die Dammnaht und ggf. die Kaiserschnittnarbe gut verheilen. Wenn die Geburtswunden stark schmerzen oder eitern, sollten Frauen einen Arzt aufsuchen.
Viele Frauen leiden nach der Geburt auch an Hämorrhoiden. Ein Thema, über das die wenigsten gerne sprechen. Manchmal tauchen sie durch den vermehrten Druck schon in den letzten Schwangerschaftswochen auf, manchmal entstehen sie auch erst durch das Pressen bei der Geburt. Für gewöhnlich heilen sie von alleine wieder ab. Wichtig ist, sie nicht unnötig zu reizen. Daher sollte auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden, so dass es nicht zu Verstopfung kommt. Wenn sie sehr stark jucken, kann auch ein Kondom helfen, das mit Wasser gefüllt und ins Eisfach gelegt wird. So lassen sich die juckenden Hämorrhoiden gut kühlen. Alternativ gibt es auch schmerzstillende Salben in der Apotheke.
Schlechte Stimmung
Durch die hormonelle Umstellung kann auch der sogenannte "Baby Blues" im Wochenbett einsetzen. Dieses Stimmungstief, das mehr als die Hälfte aller frisch gebackenen Mütter in den ersten zehn Tagen nach der Geburt durchlebt, ist völlig normal. Es darf jedoch nicht zum Dauerzustand werden. Dr. Morgenstern: "Halten die typischen Symptome wie Stimmungsschwankungen, Erschöpfung, Appetitlosigkeit länger als zwei Wochen an, empfehle ich Betroffenen umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, da ansonsten schwere postpartale Depressionen die Folge sein können."
Entspannte Momente
Frisch gebackene Mütter sollten sich Zeit nehmen, um sich auf die neue Situation einzustellen. "Ich empfehle ihnen, die schönen Seiten der neuen Lebenssituation auszukosten und zu entspannen", ermuntert Dr. Morgenstern. Dazu gehört auch, euphorischen Besuchern Grenzen zu setzen. Denn: "Babytourismus" auf der Wochenbettstation oder Zuhause bedeutet Stress für Mutter und Kind. Tipp: Facebook oder Instagram erweisen sich in diesem Zusammenhang als probates Mittel: Ein Bild mit den wichtigsten Babyinfos posten – und alle sind ruhig gestellt (zumindest fürs Erste). Wer sein Baby nicht im Netz zeigen möchte, kann stattdessen einen Fußabdruck oder nur einen Ausschnitt mit einer Baby-Patschehand posten.
Auch Hebamme Simone Wirtz empfiehlt, die ersten Tage im Wochenbett möglichst ruhig anzugehen und auch mal nein zu sagen, wenn sich zu viel Besuch ankündigt: "Die ersten Wochen mit dem Baby werden nie mehr so sein und wiederkommen. Das sollte man sich bewusst machen und die zeit ganz bewusst genießen. Besuche sind okay, aber nur die, die die Mutter nicht anstrengen und auch nur Menschen, die man wirklich sehen möchte. Der beste Besuch ist der, der keine zusätzliche Arbeit macht und nicht nervt. Mamas sollten lernen, kein schlechtes Gewissen zu haben!"
Ab nach Hause
Eine andere Frage, die Simone Wirtz immer wieder zum Thema Wochenbett begegnet: Darf man die Klinik nach der Geburt direkt verlassen? "Gerade beim ersten Kind fragen mit großen Augen: 'Darf man denn das? Muss man nicht im Krankenhaus bleiben?' Ja, man darf das! Die Gründe, die gegen ein ambulantes Wochenbett bei gesunder Mutter und Kind sprechen, sind meist durch Angst und Unwissenheit genährt. Es ist – und kann – nach der Geburt die schönste Erfahrung sein, die eine Mutter mitnehmen kann und sollte. Ich versuche Mamas zu ermuntern, Vertrauen in das instinktive, mütterliche Verhalten zu haben. Auch die Versorgung eines Dammrisses oder eines Dammschnitts stellt kein Hindernis dar, einige Stunden nach der Geburt heimzugehen. Voraussetzung sollte aber sein, dass sich jemand in den ersten Tagen rund um die Uhr um die Mutter kümmern kann und eine nachsorgende Hebamme bereit steht, die in den ersten zehn Tagen tägliche Hausbesuche leistet – wenn nötig sogar zweimal täglich."