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Jede Geburt ist eine Ausnahmeerfahrung – irgendwo zwischen wunderschön, kräftezehrend und in schlimmsten Fall sogar traumatisch. Frauen, die ihr Baby per Kaiserschnitt zur Welt gebracht haben, stehen im Wochenbett oft vor besonderen Herausforderungen – körperlich und seelisch –, die es nun zu meistern gilt. Laut Statistischem Bundesamt lag die Kaiserschnittrate 2021 bei 30,9 Prozent. Das heißt, dass fast jede dritte Geburt hierzulande durch einen Kaiserschnitt erfolgt. Hebamme Kerstin Lüking erklärt, worauf Frauen im Wochenbett nach einem Kaiserschnitt besonders achten sollten und was zu vermeiden gilt.
Wochenbett nach Kaiserschnitt: Zwischen Mobiliation und Schonung
"Erfreulicherweise geht es heute den meisten Frauen nach einem Kaiserschnitt relativ schnell wieder gut", erklärt Kerstin Lüking, Hebamme und Autorin ("Königin im Wochenbett: Warum Selbstfürsorge und Unterstützung so wichtig für Deine Gesundheit sind. Hebammentipps zur Regeneration"). "Durch die 'schonende' OP-Technik nach Misgav-Ladach, bei dem Gewebe eher gedehnt als geschnitten wird, stehen Frauen nicht selten schon am OP-Tag wieder auf den eigenen Füßen und können ein paar Schritte gehen." Medizinisch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen Kaiserschnitt einiges getan. "Das ist natürlich eine positive Nachricht, wenn wir uns noch einmal die Mütter vor Augen führen, die in den Siebziger- und Achtziger-Jahren mehrere Tage mit einem Sandsack auf dem Bauch das Bett hüten mussten", weiß die Hebamme.
Die frühe Mobilisation wirkt auch dem Thrombose-Risiko im Wochenbett entgegen, ist also grundsätzlich positiv zu bewerten – mit einer kleinen Einschränkung. "Das Problem ist nur, dass Frauen gerade wegen dieser frühen 'Fitness' schon wieder sehr viel im Haushalt übernehmen. Das ist maximal kontraproduktiv, denn Ruhe und Schonung, vor allem aber auch die Einnahme von Schmerzmitteln sind noch sehr wichtig."
Ein generelles Problem, wie Hebamme Kerstin Lüking aus Erfahrung weiß: "Meiner Meinung nach muten sich Frauen nach einer Geburt sehr schnell wieder viel zu viel zu. Das Pflichtbewusstsein gegenüber anderen Menschen ist oft sehr stark ausgeprägt – eine Frau hat irgendwie zu funktionieren. Auch in unserer Gesellschaft ist das leider immer noch nicht angekommen, dass eine Mutter, die gerade ein Kind geboren hat, ein schützenswertes Gut ist. Viele andere Kulturen sind uns, in der Hinsicht, meilenweit voraus."
So kommst du nach dem Kaiserschnitt wieder auf die Beine
Als kleine "Auf die Beine kommen"-Anleitung empfielt Kerstin Lüking die folgenden Tipps:
- Beim ersten Aufstehen rollst Du Dich zunächst über die Seite zur Bettkante und drückst Dich vorsichtig mit der Kraft des Unterarms, der zuunterst liegt, nach oben in den Sitz. Die Beine lässt Du über die Bettkante baumeln und aktivierst durch das Heben und Senken Deiner Fußzehen Deine Muskelpumpe in den Waden.
- Sollte es sehr warm im Zimmer sein, bittest Du eine weitere Person, ob sie einmal kurz das Zimmer durchlüften kann. Auch das hilft, damit einem nicht so schnell schwindelig wird. Bevor Du Dich gleich nach oben in den Stand drückst, trinke ruhig einen Schluck Wasser und verweile noch kurz auf der Kante.
- Mit leichtem Druck, den Du ausübst, wenn Du beide Hände gegen den Bauch presst, kommst Du vorsichtig in den Stand. Mit nach vorne gerichtetem Blick versuchst Du, die ersten Schritte zu machen, und lässt dabei ruhig eine Hand an Deiner OP-Naht und drückst dagegen. Die ersten Aufstehversuche machst Du bitte mithilfe einer weiteren Person.
- Lass Dir auch Zeit, wenn Du auf die Toilette gehst. Wenn Du unter Verstopfung leidest, wirst Du in der Klinik wahrscheinlich ein leichtes Abführmittel bekommen, damit Du nicht stark pressen musst.
- Für einen besseren Gang zur Toilette kannst Du abends auch zwei Pflaumen oder Feigen als Trockenobst essen. Solltest Du durch das Trockenobst unter Blähungen leiden, hilft ein Kümmeltee.
- Grundsätzlich solltest Du bitte in den ersten Tagen nicht auf die Einnahme von Schmerzmitteln verzichten. Bis zu 1600 Milligramm pro Tag an Ibuprofen sind erlaubt. In dieser Dosierung geht es nicht in die Muttermilch über und wird Dir helfen, ohne große Schmerzen durch den Alltag zu kommen. Ibuprofen wirkt nicht nur schmerz-, sondern auch entzündungshemmend und kann bei Fieber eingesetzt werden.
Seelisch gesund werden nach Kaiserschnitt
Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch brauchen viele Frauen im Wochenbett nach einem Kaiserschnitt Zeit zu heilen. "Als Hebamme erlebe ich es sehr oft, dass die Enttäuschung, das Kind per Sectio geboren zu haben, sehr groß ist. Es bedarf immer sehr viel Zeit im Wochenbett, um die Erlebnisse und vor allem die finale Entscheidung zur Sectio, aufzuarbeiten", weiß Kerstin Lüking.
Der Kaiserschnitt hinterlässt nämlich nicht nur körperliche Spuren, sondern auch in der Seele. In einigen Fällen ist deshalb therapeutische Hilfe ratsam. "Gelegentlich muss ich andere Berufsgruppen mit ins Boot holen, damit wir die Frau allumfänglich gut betreuen und auffangen können", erklärt die Hebamme. Meistens sind es Psychologinnen, die unterstützend zur Seite stehen. "Ich empfehle grundsätzlich, dass traumatische Geburtserlebnisse immer aufgearbeitet werden sollten, da es einen sonst oft eine lange Zeit im Leben begleiten wird. Spätestens, wenn sich ein weiteres Kind ankündigt, ploppen unverarbeitete Erlebnisse wieder auf, was einem eine weitere unbelastete Schwangerschaft, Geburt und Wochenbettzeit erschwert."
Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Kaiserschnitt in jedem Fall ein belastendes Ereignisses ist. "Ich möchte aber auch betonen, dass es Frauen gibt, die völlig 'fein' sind mit ihrem Kaiserschnitt. Auch diese Frauen dürfen wir nicht vergessen, denn nicht immer muss dieses Thema negativ belastet sein."
Unerwartete Komplikationen im Wochenbett nach Kaiserschnitt
Auch wenn die Kaiserschnittwunde im Regelfall problemlos verheilt, können doch hin und wieder unerwartete Komplikationen auftreten:
- Unter anderem können Wundheilungsstörungen auftreten, die meist durch eine Überlastungssituation ausgelöst wurden.
- Die Rückbildung kann verzögert sein .
- Die Frau kann unter starken Schmerzen leiden.
- Gelegentlich kommt es nach einer PDA zu einem Liquor-Verlustsyndrom, was zu starken Kopfschmerzen führen kann.
- Gelegentlich macht der Kreislauf schlapp und die Bewegung ist oft in den ersten Tagen eingeschränkt.
Treten im Wochenbett Komplikationen oder unerwartete Beschwerden auf, ist es ratsam, sich an die betreuende Hebamme oder nach Ermessen direkt an einen Arzt zu wenden.