Andere Länder, andere Schlafmethoden

"La Pause": Warum französische Babys schon mit 2 Monaten durchschlafen

Was auf den ersten Blick nach Schlaftraining aussieht, ist eigentlich anders gemeint: In Frankreich wird in Sachen Babyschlaf auf die Methode "La Pause" gesetzt. Was steckt wirklich dahinter? 

Ein kleines Baby schläft in seinem Bett. © Pexels/Enrique Hoyos
Babyschlaf wird in Frankreich etwas anders gehandhabt.

Babyschlaf ist wohl eines DER Themen, das uns Eltern mit großer Sicherheit wach hält. Klar ist: Die wenigsten Neu-Mamas und -Papas würden wohl von sich selbst behaupten, ausgeschlafen zu sein. Dauermüde trifft es da wohl eher. Ein Baby, das durchschläft? Klingt nach einer echten Rarität. Für Franzosen hingegen ist eine durchgeschlafene Nacht – auch mit Säugling – schon das ultimative Ziel. Wie unsere Nachbarn das angeblich hinkriegen? Schon mal von "La Pause" gehört? 

Die Idee hinter "La Pause" klingt eigentlich so simpel: Wenn sich das Baby in der Nacht beginnt zu regen, sollten Eltern nicht sofort reagieren. Die Franzosen machen es vor. Sie lassen erst einmal ein bis zwei Minuten verstreichen und warten, ob der kleine Schatz sich von allein beruhigen kann – und im besten Fall selig weiterschläft. Statt also bei jedem kleinen Mucks zu reagieren, geben französische Eltern ihrem Bébé die Chance, es allein zu regeln. Selbst ist der kleine Knirps! Denn oft erledigen sich so manche Vorkommnisse in der Nacht von ganz allein – wenn es nach den Franzosen geht. Hätten wir das doch bloß schon früher erfahren. Denn angeblich ist das Zeitfenster begrenzt auf die ersten vier Monate, um auf ein durchschlafendes Baby zu hoffen.

Aber: Ist es wirklich so einfach? 

Haben wir nicht gelernt, dass kleine Babys noch gar nicht durchschlafen können. Dass wir bindungsorientierten Eltern doch stets an ihrer Seite wachen, um uns um die Bedürfnisse unserer Mini-Menschen zu kümmern. 

Klar ist: Hunger, Durst und das Bedürfnis nach Nähe sollen selbstverständlich nicht vernachlässigt werden. Dafür sind wir Eltern schließlich da! Das sehen auch unsere französischen Nachbarn nicht anders. Wenn die Kleinen es nicht schaffen, wieder einzuschlafen bzw. weiterzuschlafen, dann kümmern sich Maman et Papa. Aber manchmal, da lösen sich so manch vermeintliche "Probleme" in der Nacht von ganz allein und sekundenschnell. Mal ehrlich, das können wir doch bestätigen.

Wir wissen ja eigentlich auch: Babys machen Geräusche in der Nacht. Viele Geräusche. Babys bewegen sich im Schlaf. Babys hangeln sich von Schlafzyklus zu Schlafzyklus. Und werden dabei auch mal unruhig oder kurz wach. Die neuseeländische Schlafberaterin Cat vergleicht das in ihrem Tiktok-Video etwas provokant damit, dass wir Erwachsenen uns schließlich auch bedanken würden, wenn uns jedes Mal jemand auf den Arm nimmt, streichelt und vollquasselt, wenn wir uns nachts eigentlich nur mal eben auf die Seite drehen.

Ist "La Pause" ein Schlaftraining?

Klar, Babyschlaf ist nicht mit dem Schlaf von Erwachsenen zu vergleichen. Aber ein dezenter Hinweis, dass wir unseren Kleinsten ein klitzekleines bisschen mehr zutrauen dürfen, kann man sich vielleicht von den Franzosen abgucken. 

Dr. Azizi Seixas ist stellvertretende Direktorin des Schlafzentrums an der University of Miami. Gegenüber der Website Sleepopolis stellt sie fest: "Dieser Ansatz hilft Eltern, sich nicht zu sehr aufzuregen und zu versuchen, alles sofort in Ordnung zu bringen, damit ihr Kind besser schlafen kann." 

Keep calm, also! Aber: Erinnert das Ganze nicht doch irgendwie ein bisschen an Schlaftrainings à la "Jedes Kind kann schlafen lernen", die Ferber- oder die Sanduhr-Methode, bei denen sich schon kleine Babys in den Schlaf weinen müssen? Um abzuhärten! Das Prinzip: Mama und Papa – nachts kaum bis nicht verfügbar. Nachweislich recht sichere Wege, um bereits kleine Menschen zu traumatisieren. Die Kinderärztin Leah Alexander aus New Jersey entschärft allerdings gegenüber dem Medium Sleepopolis: "Die La Pause-Methode unterscheidet sich von der Schreienlassen-/Ferber-Methode darin, dass sie viel sanfter ist und das Baby nicht über längere Zeit weinen lässt ... Mit der La Pause-Methode sind Eltern immer noch da, um ihrem Baby Unterstützung und Sicherheit zu geben, aber auf eine Weise, die seinen natürlichen Schlafprozess nicht stört."

Auch die Bestseller-Autorin Pamela Druckermann, die als Amerikanerin nach Paris gezogen ist, schwärmt in ihrem Buch "Warum französische Kinder keine Nervensägen sind – Erziehungsgeheimnisse aus Paris" von den Schlafgewohnheiten ihrer Neuheimat. Sie hat erlebt, dass Eltern in Frankreich ihren Babys bereits im Alter von zwei bis vier Monaten zutrauen durchzuschlafen. Sicherlich auch eine Frage der Kultur und ganz schön ambitioniert, aber sie meint: "Ein Grund für das Innehalten ist, dass kleine Babys im Schlaf viele Bewegungen und Geräusche machen. Das ist normal und in Ordnung. Wenn Eltern jedes Mal, wenn es piepst, herbeieilen und das Baby hochheben, wecken sie es manchmal auf." Eine Garantie fürs Durchschlafen gibt es zwar auch mit "La Pause" nicht: "Doch viele, die es ausprobiert haben, berichten von erstaunlichen Fortschritten", erzählt Druckermann im Tagesspiegel-Interview.

Fakt ist: Schlaf spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung eines Babys. Währenddessen verarbeitet das junge Gehirn die Eindrücke des Tages und fördert das Wachstum. Ein regelmäßiger Schlafrhythmus unterstützt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die emotionale Stabilität, das Bonding und das Lernvermögen des Kindes. Mamas und Papas sollten also darauf achten, eine beruhigende Schlafumgebung zu schaffen, feste Einschlafrituale zu etablieren – aber das Durchschlafen nicht auf Krampf zur Priorität zu machen. Wir wissen aus eigener Erfahrung: Leichter gesagt als getan. Babyschlaf ist schließlich auch eine echte Herausforderung. Aber ein bisschen Innehalten hat mit Sicherheit noch niemandem von uns geschadet.