Experteninterview

Kuhmilch fürs Baby: 10 Fragen und Antworten

Dürfen Babys überhaupt Kuhmilch trinken? Wenn ja, ab wann und wie viel? Und eignen sich auch pflanzliche Milch-Alternativen für den Babybrei? Eltern haben viele Fragen, unsere Expertin, Diplom-Oecotrophologin und Ernährungsberaterin Vera Hille, hat die Antworten.

Eltern sollten einige Dinge beachten, wenn sie ihrem Baby Kuhmilch geben. © Foto: Getty Images/Brantley, Anita
Eltern sollten einige Dinge beachten, wenn sie ihrem Baby Kuhmilch geben.

Brauchen Babys überhaupt Kuhmilch?

Säuglinge brauchen keine Kuhmilch, sondern Muttermilch – oder, wenn aus welchem Grund auch immer nicht gestillt wird, eine spezielle Säuglingsmilch. Nur so können sie ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt werden. Mit der Beikosteinführung im Alter von fünf oder sechs Monaten erhalten die Babys dann auch Nährstoffe aus anderen Lebensmitteln. Die Rolle der Muttermilch bzw. Säuglingsmilch wird Schritt für Schritt geringer. Erst gegen Ende des ersten Lebensjahres, wenn das Baby kein Fläschchen mehr braucht oder abgestillt ist, ist es nicht mehr auf die speziell zusammengesetzte Milch angewiesen. Das ist normalerweise der Zeitpunkt, an dem Babys auf das normale Familienessen mit fünf Mahlzeiten über den Tag verteilt umsteigen. 

Ab wann dürfen Babys Kuhmilch trinken?

Das ist eine Frage, die sich viele Eltern stellen. Und trotzdem gefällt mir die Frage, so wie sie gestellt ist, nicht so ganz. Denn Kuhmilch ist aufgrund seines hohen Nährstoff- und Energiegehaltes für uns Ernährungsberater grundsätzlich kein Getränk, sondern ein Nahrungsmittel, so wie Brot, Käse und Eier auch. Die Frage sollte also eigentlich lauten: Ab wann darf ein Baby Kuhmilch bekommen? Der Zeitpunkt hängt eng mit der Einführung der Beikost zusammen. Zusätzlich kommt es sehr auf die Menge an.

Grundsätzlich darf der Milch-Getreide-Brei, der normalerweise zwischen dem 6. und 8. Lebensmonat eingeführt wird, mit etwa 200 ml normaler Kuhmilch hergestellt werden. Ich empfehle meinen Eltern, nur diesen Brei mit Milch anzurühren. Der Mittagsbrei und der Getreide-Obst-Brei sollten komplett milchfrei sein, damit das Eisen aus dem Fleisch bzw. Vollkorngetreide besser vom Baby aufgenommen werden kann. 

Welche Milch eignet sich am besten für Babybrei?

Bei der Milch sollte man darauf achten, den vollen Fettgehalt zu wählen (also 3,5 Prozent oder 3,8 Prozent). 

Dürfen Babys H-Milch trinken – oder bekommen?

Ob Vollmilch aus dem Kühlregal oder H-Milch, macht keinen Unterschied. Nur Rohmilch sollte man Babys nicht geben. Ihr Immunsystem ist noch nicht ausgereift genug, die höhere Keimbelastung der Rohmilch könnte zu einem Problem werden.
 

Wieviel Kuhmilch darf ein Baby denn im 1. Jahr bekommen?

Eltern sollten darauf achten, dass das Baby pro Tag nicht mehr als 200 ml Kuhmilch bekommt, denn sie enthält eine zu geringe Menge an Eisen, Jod und Kupfer im Vergleich zur Muttermilch. Der Säuglingsmilch werden diese Nährstoffe extra zugesetzt. Sie würden dem Baby fehlen, wenn das Baby durch Kuhmilch zu satt werden würde, seine Milchmahlzeiten also durch Kuhmilch ersetzt würden. Außerdem hat Kuhmilch einen deutlich höheren Eiweißgehalt als Muttermilch und Säuglingsmilch, der die Nieren des Babys in höheren Mengen überlasten würde.

Und danach?

Irgendwann zwischen dem 10. und 12. Monat, bei manchen Babys auch erst später, gehen die Breie dann in die normalen Mahlzeiten am Familientisch über. Milch oder andere Milchprodukte sollten jetzt täglich auf dem Tisch landen. Und Milch darf jetzt natürlich auch im Glas angeboten werden. Sie ist ein toller Lieferant für den Mineralstoff Calcium, der dafür sorgt, dass die Knochen der Kinder gut aushärten. Zusätzlich liefert Milch hochwertiges Eiweiß und Vitamin D und viel Energie. Ein Becher zum Frühstück und ein Becher zum Abendessen sind ein guter Richtwert. Alternativ kann die Milch natürlich auch im Müsli landen oder als Joghurt, Quark, Frischkäse oder Käse usw. auf den Tisch kommen.

Kann das Baby von Kuhmilch Blähungen bekommen?

Kuhmilch ist nicht dafür bekannt, bei gesunden Babys Blähungen auszulösen. Blähungen haben eher damit zu tun, wie ein Baby trinkt: oftmals schlucken Babys beim Trinken viel Luft. Aber auch Stress, Unruhe und Reizüberflutungen können für den kindlichen Darm leicht zu viel werden und Blähungen fördern.

Die bei Erwachsenen weit verbreitete Form der Laktoseintoleranz gibt es bei Babys übrigens noch nicht, sie entwickelt sich erst im Lauf des Lebens. 

Kann Kuhmilch bei Babys Allergien auslösen?

Ja, eine Kuhmilchallergie ist eine der häufigsten Allergien im Säuglings- und Kleinkindalter. Und trotzdem kommt sie noch vergleichsweise selten vor – nur etwa jedes 350. Baby ist hiervon betroffen. Dabei reagiert das Immunsystem des Babys auf Eiweißbestandteile in der Milch. Der Körper reagiert mit unterschiedlichsten Symptomen wie Hautausschlägen und Juckreiz, Ekzemen, Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit oder Erbrechen. Auch Neurodermitisschübe können durch eine Milchallergie ausgelöst werden. Zum Glück verliert sich eine Kuhmilchallergie mit zunehmendem Alter in der Regel von selbst. Die Hälfte der betroffenen Babys vertragen im Alter von einem Jahr wieder Milch und Milchprodukte, bis zur Schulzeit ist die Milchallergie für die allermeisten Kinder kein Thema mehr. Sollten Eltern bei ihren Kindern eine Milchallergie vermuten, sollten sie mit ihrem Verdacht unbedingt zum Kinderarzt gehen. 

Was muss man bei der Umstellung von Babymilch auf Kuhmilch beachten?

Ich empfehle meinen Eltern immer eine ganz klare Trennung von Babymilch und Kuhmilch: Babymilch gehört in die Flasche, Kuhmilch ins Glas oder in den Becher.  Das hat viele Vorteile: Erstens akzeptieren Babys den neuen Geschmack der Milch häufig besser, wenn es aus einem anderen Gefäß angeboten wird. Zweitens besteht so weniger die Gefahr des Dauernuckelns. Auch Milch enthält Zucker (Milchzucker) und schädigt auf Dauer, wenn sie viel zu lange Babys empfindliche Milchzähnchen umspült, die Zahnsubstanz. Außerdem erhöht ein Zuviel an Nuckeln die Gefahr, dass die Mundmotorik sich nicht richtig entwickelt und der Kiefer sich nicht richtig ausformt. Selbst die natürliche Sprachentwicklung kann durch zu viel Nuckeln beeinträchtigt werden. Drittens vergessen viele Eltern, dass Milch ein sehr nahrhaftes Lebensmittel ist. Natürlich auch ein sehr gesundes Lebensmittel, aber es kann eben auch zu viel werden. Aus dem Fläschchen werden schnell mal nebenbei und unbemerkt große Mengen getrunken, ohne dass ein Sättigungseffekt eintritt. Das kann zu überflüssigen Pfunden führen.

Gibt es Alternativen zu Kuhmilch für Babys, zum Beispiel Hafermilch, Sojamilch, Reismilch oder Mandelmilch?

Das Wort "Milch" ist an dieser Stelle sehr irreführend. Mit wirklicher Milch haben diese Getränke, einmal abgesehen von der Farbe, kaum etwas gemeinsam. Das Sojaschaf oder die Haferkuh gibt es ja nunmal nicht ... Und so haben diese Milchersatzgetränke auch ein deutlich anderes Nährstoffprofil als Kuhmilch und Muttermilch. Sie dürfen deshalb nicht als Milchersatz für Säuglinge verwendet werden. Auch im Kindesalter sind diese Milchersatznahrungen kein vollwertiger Ersatz für Kuhmilch. Wird, aus welchen Gründen auch immer, auf Milch verzichtet, muss die Ernährung sorgfältig geplant werden, um keine Mangelernährung zu riskieren. Ich empfehle unbedingt, sich von einem zertifizierten Ernährungsberater unterstützen zu lassen.

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