
"Der hat aber süße Speckrollen" – "Die ist aber gut im Futter" – "Was gebt ihr ihm denn zu essen, dass er so stämmig ist?!"
Der Ablauf ist immer der gleiche: Ein Gesicht beugt sich über den Kinderwagen, begutachtet den Nachwuchs, und 3,2,1: ein Kommentar wird abgefeuert. Gerade bei Babys, die entweder besonders schmal oder eher kräftig sind, beziehen sich die Sprüche von Freunden, Bekannten (oder auch Fremden) gern mal auf Aussehen und Gewicht.
Ist doch auch nichts dabei. Oder?
Wie schlimm ist Bodyshaming bei Babys?
Klar: Ein Baby "süß" oder "niedlich" zu finden (und das auch zu äußern), ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit. Aber was ist mit Begriffen wie "speckig", "propper" oder "zierlich"? Ist es okay, den Körperbau von kleinen Kindern zu beurteilen? Natürlich verstehen Babys die Sätze noch nicht. Aber ist das ein Freifahrtschein für Erwachsene, all ihre Gedanken laut auszusprechen?
Über dieses Thema haben sich Marie Nasemann und Sebastian Tigges Gedanken gemacht. In ihrem Podcast "Vier ist 'ne Fete" sprechen die beiden Influencer über Bodyshaming bei Kindern.
Tatort Kindergeburtstag
"Es war eine total schöne Feier und alles", erzählt Sebastian Tigges im gemeinsamen Podcast. Das Geburtstagskind, auf dessen Party er eingeladen war, wurde zwei und war genauso groß wie Maries und Sebastians Tochter, die über ein Jahr jünger ist. "Das ist auch lustig, und wir können darüber lachen. Aber es kam ungefähr fünfmal der Kommentar: 'Oh, die ist aber groß. Die wird bestimmt über zwei Meter. Ist euer Sohn auch SO groß?'. Da habe ich gedacht: 'Ist ja mal gut jetzt'. Das ist auch ein bisschen Bodyshaming. Ich würde mich ja auch nicht hinstellen und sagen 'Boah, der ist aber klein'. Wo ist der Unterschied?", gab der zweifache Vater zu bedenken.
Er stellt die Frage: "Ist Bodyshaming bei Kindern überhaupt relevant?" Zwar empfinden die Kleinen noch keinen Druck, irgendeiner gesellschaftlichen Norm zu entsprechen. Doch seiner Meinung nach seien unreflektierte Kommentare eben dennoch Bodyshaming.
Versteckte Kritik an den Eltern
Mit diesem Thema sind Marie und Sebastian bereits bei Instagram in Berührung gekommen. Dort wurde unter einem Foto ihrer Baby-Tochter die vermeintlich kräftige Statur kommentiert. Ein Grund für die Influencerin, sich über Bodyshaming bei Kindern zu empören.
Ihrer Meinung nach schwingen in den Beurteilungen oft auch Kritik oder Vorwürfe an die Eltern mit. Gerade wenn es um das Gewicht geht, steht zwischen den Zeilen: Da wird wohl zu Hause nicht auf ausgewogene Ernährung geachtet.
Das ewige Vergleichen und Beurteilen schürt bei Eltern zudem oft Unsicherheiten. Isst mein Baby etwa nicht genug? Wird es später womöglich übergewichtig? Wer ständig ungefragt Kommentare über seine Kinder hört, wird sich diese Fragen früher oder später stellen.
Marie Nasemann findet: "Man kann natürlich sagen, dass das ja nicht negativ gemeint sei. Aber das kann man bei allen Körperkommentierungen sagen." Und Sebastian Tigges' Fazit lautet: "Man sollte Körper einfach gar nicht kommentieren, bei niemandem."
Übergriffige Kommentare vermeiden
Wie schwer das jedoch gerade bei Kindern sein kann, bemerken die beiden selbst schnell: "Du hast es aber gerade selber gemacht. Du hast gesagt wie groß sie ist und dass sie komisch aussieht in der Trage", hält sie ihm vor. "Man nimmt sich immer raus, dass man das als Eltern darf, aber auch als Eltern sollte man es nicht tun."
Die Wahrheit liegt wohl – wie so oft – in der Mitte. Klar rutscht jedem mal ein unbedachter Satz heraus. Doch bei so manchem Kommentar, der einem auf der Zunge liegt, darf man gut und gern hinterfragen, ob er wirklich lustig oder einfach nur übergriffig ist – und ihn im Zweifelsfall für sich behalten. Schließlich weiß man nie, in welche Wunde man damit bei den Eltern trifft. Und über ein einfaches "Was für ein süßes Kind" freuen sich so gut wie alle Eltern wohl immer noch am meisten ...
Was Sebastian Tigges über die Mama-Phase sagt, lest ihr in folgendem Artikel: