Fürs Fotoalbum

Dokumentarische Familienfotografie: SO sieht unser Alltag wirklich aus!

Kein Posen und kein gekünsteltes Grinsen in die Kamera! Ihr wünscht euch authentische, ungestellte Familienbilder – mitten aus dem Leben. Schon mal von dokumentarischer Familienfotografie gehört? Wir haben mit der Hamburger Fotografin Annie Rohse gesprochen. Sie hat sich genau auf diesen neuen Foto-Trend spezialisiert.

Dokumentarische Familienfotos wollen den echten Moment einfangen, und keine Pose. © Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse
Dokumentarische Familienfotos wollen den echten Moment einfangen, und keine Pose.

Liebe Annie, wie erklärst du "Dokumentarische Familienfotografie“? Worin besteht der Unterschied zu "herkömmlichen" Familienfotos?

Annie Rohse: Zuerst möchte ich sagen, dass ich selbst lange Zeit ganz anders fotografiert habe. Es gibt nicht die eine "richtige" Art der Familienfotografie. Familien sind unterschiedlich und so hat auch jede Art der Familienfotografie ihre Daseinsberechtigung. Als ich die dokumentarische Familienfotografie vor knapp zwei Jahren entdeckte, war ich sofort schockverliebt. Sie passt so gut zu der bindungs- und bedürfnisorientierten Weise, wie wir unsere eigenen Kinder beim Aufwachsen begleiten. Von daher fühlt sie sich für mich wahnsinnig richtig an. Man kann sich entscheiden, ob man für Porträts in ein Studio geht oder ob man sich von einer Fotografin in einer vertrauten Umgebung, wie dem eigenen zu Hause oder auch an einem Lieblingsplatz im Freien fotografieren lassen möchte. 

  • Für Studioporträts überlegt sich die Familie aufeinander abgestimmte Outfits, meist wird vor einem einfarbigen Hintergrund und mit einer Blitzlichtanlage fotografiert. Die Fotografin gibt sehr genaue Handlungsanweisungen und versucht alle Familienmitglieder dazu zu bewegen, fröhlich grinsend und gleichzeitig in die Kamera zu schauen. Der Termin ist komplett unabhängig von der Tages - oder Jahreszeit und dem Wetter.
  • "Lifestyle"-Fotoshootings sind etwas für Familien, die sich Bilder mit Leichtigkeit wünschen, auf denen sowohl die Umgebung, als auch alle Familienmitglieder vor allem fröhlich und natürlich und gleichzeitig auch möglichst perfekt wirken. Oft werden die Outfits aufeinander abgestimmt, die Umgebung/Wohnung wird schön hergerichtet, die Tageszeit wird so gewählt, dass das Licht möglichst günstig steht und die Fotografin regt vor allem Handlungen an, die lachende Gesichter und Spaß erzeugen. In der Regel gibt es keine Bilder, auf denen geweint wird oder die Unordnung zeigen.
  • Und dann gibt es mittlerweile auch immer mehr dokumentarische Familien-Fotoshootings. Bei diesen greift die Fotografin überhaupt nicht ein und verändert auch sonst nichts an der Umgebung oder den fotografierten Personen selbst. Vermutlich wird es sich auch gar nicht so sehr nach "Fotoshooting" anfühlen. Eher, als ob eine gute Freundin mit Kamera zu Besuch ist. Für ein dokumentarisches Familienfotoshooting ist überhaupt kein Vorbereitungsaufwand notwendig. Die Wohnung muss nicht suuuper sauber und ordentlich sein, die Outfits brauchen nicht aufeinander abgestimmt werden. Alle dürfen so sein, wie sie sonst auch sind. Mit all ihren Gefühlen (ja auch mit Wut und Weinen!). Und es wird einfach das gemacht, was sonst auch an einem ganz normalen Tag passiert. Es darf laut sein. Es darf bunt und wild sein. Aber auch ganz leise und langsam. Es ist nicht wichtig, möglichst viel Action zu machen. Am allerwichtigsten ist, dass es echt ist! Stillen, Wickeln, Kuscheln, Vorlesen, Duplo bauen, gemeinsam Kochen und Essen oder Baden. All das rücken wir in den Fokus. Dokumentarische Familienfotografie ist der ganz normale Familienalltag in künstlerischen Bildern, durch die die Schönheit im Chaos eures Alltags sichtbar wird.

Das Coolste an diesen Bildern: Ihr könnt eure Erinnerung an die Kindheit eurer Kinder, viele Jahre lebendig halten. Sie können später auf den Bildern sehen, wie sie geliebt haben und wie sehr sie geliebt wurden. Und auch cool ist, dass die Mütter endlich mal mit drauf sind! (lächelt)

© Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse
Essen, so wie Kinder eben essen.

Wie ist der Trend entstanden?

Dokumentarische Fotografie gibt es vermutlich schon ewig und dass sich jetzt speziell die dokumentarische Familienfotografie in dieser Weise ausbreitet, kommt vermutlich aus Amerika oder Australien. Ich bin vor etwa zwei Jahren über Instagram auf diese sehr liebevolle, achtsame Art der Fotografie gestoßen. Mittlerweile nehme ich wahr, dass die Anzahl der Fotografen und Fotografinnen, die dokumentarisch arbeiten, zu steigen scheint. Bisher ist es wohl eher noch eine Nische, ein Geheimtipp, der sich aber gut zu einem Trend entwickeln könnte, wenn mehr Leute erkennen, wie wertvoll diese Art der Bilder für sie sein kann.

Warum hast du dich für diese Form der Fotografie entschieden?

Ich bin seit zehn Jahren freiberufliche Fotografin. Meine Fotografie hat sich seit meinen Anfängen stetig verändert und mit meinen Lebensumständen ganz natürlich mitentwickelt. Zunächst habe ich Hochzeiten fotografiert. Relativ schnell kamen dann auch Neugeborene und Familien dazu. Damals waren es noch lifestylige Shootings. Zu der Zeit meines Lebens habe ich es geliebt. Ich finde diese Bilder nach wie vor wunderschön. Ich habe dann aber selbst Kinder bekommen und so wurde mein Wunsch größer, an den Wochenenden nicht mehr so viel unterwegs zu sein.

Dann kam die Pandemie, das mit den Hochzeiten hatte sich vorerst erledigt. Als ich dann im Sommer 2020 die dokumentarische Fotografie entdeckte, war für mich klar, dass ich mich darauf fokussieren möchte, weil es einfach so gut passt. Und ich finde, es ist an der Zeit, mehr Realität auf Bildern zu zeigen. All die perfekten Bilder im Internet bzw. auf Instagram sind nicht nur unnütz, sie können uns sogar schaden. Sie setzen uns unter Druck, geben uns nur allzu oft das Gefühl, zu versagen und vermitteln uns eine Welt, die so gar nicht wirklich existiert. Mit meinen Bildern möchte ich Realität normalisieren. Ich möchte, dass wir wissen, wie es kurz nach der Geburt eines Babys im Wochenbett WIRKLICH aussehen kann. Dass da wahnsinnig viel Liebe und Glückseligkeit UND GLEICHZEITIG auch wahnsinnig viel Chaos, Unsicherheit und Hilflosigkeit herrschen können.

Durch meinen liebevollen Blick von außen möchte ich Eltern helfen, zu erkennen, was sie jeden Tag leisten und wie weit sie schon gekommen sind. Und dass Eltern dadurch wissen, dass es okay ist. Dass sie okay sind, weil es vielen so geht, wie ihnen jetzt gerade. Ich möchte, dass so vielleicht etwas weniger Shaming und Blaming unter Eltern stattfindet, und sie sich stattdessen eher gegenseitig unterstützen.

© Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse
Warum immer nur lächeln, wenn man auch mal gähnen kann!? Das ist authentisch.

Wie genau läuft so ein dokumentarisches Familien-Fotoshooting ab?

Bei einem ersten Telefonat lernen wir uns ein wenig kennen und können überprüfen, ob wir zueinander passen. Wir finden heraus, was euch in dieser Lebensphase wichtig ist und welches die Momente sind, an die ihr euch später erinnern möchtet. Wenn ihr euch dann für eine Familiendokumentation entscheidet, komme ich zu der Zeit zu euch, zu der diese Momente üblicherweise passieren.

Nach einem ersten Käffchen gehen wir mit dem Flow. Ich bin bei euch, wie eine gute Freundin, die ihre Kamera mitgebracht hat. Dokumentarische Familienfotoshootings gehen oft über mehrere Stunden (Ich biete Familien-Dokus an, die 1, 5, 4 oder 8 Stunden dauern.) und so werde ich nicht die ganze Zeit nonstop auf den Auslöser drücken. Hierbei dürft ihr meiner Erfahrung und meinem Gespür für Momente vertrauen. Je länger ich bei euch bin, desto mehr werdet ihr euch an mich und meine Kamera gewöhnen und es auch immer mehr zulassen können, dass ganz natürliche Momente entstehen.

Es ist ja recht intim, eine Fotografin so nah dran zu haben – was rätst du Familien, die erstmal Bedenken haben?

Sich dokumentarisch fotografieren zu lassen, erfordert Mut und Offenheit, das kann ich aus Erfahrung von unserem ersten eigenen dokumentarischen Familienshooting sagen. Und ja: Es ist intim, das stimmt. Von daher ist es mir super wichtig, dass es auf persönlicher Ebene zwischen Familie und Fotografin stimmt. Um herauszufinden, ob ich also die richtige Fotografin für eure Familie bin, empfehle ich, meine Website und meinem Instagram-Kanal ganz genau anzuschauen:


  • Sprechen die Bilder euch (emotional) an? 
  • Erkennt ihr ähnliche Werte? 
  • Hättet ihr Lust, einen Nachmittag mit mir zu verbringen?
© Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse
Echte Gefühle: Da wird zwischendurch auch mal getröstet.

Inwiefern wird bei dieser Art von Fotografie retuschiert?

Ich retuschiere gar nichts, also im Sinne von: Pickel weg, Zähne weißer oder Taille schlanker. Meine digitale Bildbearbeitung besteht daraus, den Bildern im Nachhinein einen einheitlichen, warmen Look zu verleihen. Diese Nachbearbeitung verstehe ich als wesentlichen Teil meines ganz persönlichen Stils, für den die Familien sich entscheiden, wenn sie mich buchen.

Was müssen wir als Familie für solch ein Shooting vorbereiten?

Ich möchte euch einladen, es als Chance zu sehen, wenn ich zu euch komme. Eine Chance, euer Leben so dokumentieren zu lassen, wie es ganz in echt und jeden Tag ist. Damit ihr und eure Kinder euch später mit wunderschönen Bildern an euer Leben und eure Geschichten erinnern könnt – so wie sie wirklich waren. Wenn ihr es gerne ordentlich habt, bedeutet das natürlich nicht, dass ihr auf gar keinen Fall aufräumen dürft.

Gleichzeitig möchte ich hier den Druck rausnehmen und euch ermutigen, alle Fünfe gerade sein zu lassen. Schließlich wollen wir gemeinsam das echte Leben fotografieren und wenn der Wäscheständer und das schmutzige Geschirr vom Frühstück noch herumstehen, dann ist das voll okay! Ich bin selbst Mami von zwei Kindern und so oft viel zu müde und erschöpft, um noch aufzuräumen. Ihr braucht auch keine aufeinander abgestimmten Outfits zurechtlegen. Es geht um euch und eure Liebe zueinander! Und nicht darum, euch bloßzustellen oder lächerlich zu machen oder sonst irgendwie in unvorteilhaften Situationen zu zeigen. Ich möchte für euch Bilder erschaffen, auf denen ihr euch wiedererkennt und vielleicht irgendwann einmal schmunzelt, bei der Erinnerung an diesen oder jenen perfekt unperfekten Moment.

© Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse

"Können wir uns das leisten?", fragen sich bestimmt viele Familien. Mit welchen Kosten muss man rechnen?

Wir geben heute viel Geld für nicht nachhaltige Sachen aus, die dann kurze Zeit später in der Ecke landen. Meine Shootingpakete fangen bei 490 Euro an, was sicher für viele Familien eine ordentliche Stange Geld ist, das ist mir klar. Gleichzeitig sind dokumentarische Fotos ein Schatz, der eigentlich unbezahlbar ist. Sich für ein solches Familien-Fotoshooting zu entscheiden, bedeutet auch, in etwas zu investieren, das bleibt. Und zwar nicht nur für die Eltern, sondern auch für die Kinder und vielleicht sogar noch für weitere Generationen.

Wenn Familien sparen möchten, können sie die Kosten reduzieren, indem sie mir die Freigabe für meine Website geben. So lassen sich 100 Euro sparen. Und ich suche auch immer mal wieder Familien, um mein Portfolio zu erweitern. Wer sich also die Investition nicht leisten kann, aber mit der Veröffentlichung einverstanden ist, darf gerne mal nachfragen – ein solches Shooting kostet dann nur 100 bis 200 Euro.

Deine Empfehlung: Gibt es einen besonders schönen Zeitpunkt für ein dokumentarisches Shooting? Wochenbett, Kindergeburtstag oder einfach ein Gammel-Sonntag?

Das Tolle an dokumentarischen Familienfotos: Es ist immer ein guter Zeitpunkt! Im Vorgespräch finden wir heraus, was euch aktuell in eurem Leben besonders wichtig ist. Ihr überlegt euch die Momente, an die ihr euch später unbedingt erinnern möchtet und dann komme ich zum passenden Zeitpunkt. Unabhängig von der Tages- oder Jahreszeit. Es ist nicht wichtig, dass euer Neugeborenes noch besonders tief und viel schläft, damit wir es stylen und in bestimmte Posen bringen können. Wir müssen auch nicht noch den nächsten Meilenstein abwarten, bis euer Kind sitzen, stehen, laufen oder einen Salto kann. Jede einzelne Phase in eurem Leben ist einzigartig und so gibt es an jedem einzelnen Tag so viele kleine Details und Minimomente voller Liebe und Wärme, voller Nähe und Verbindung, die es wert sind, in Bildern festgehalten zu werden. 

© Foto: Familienliebe Fotografie/Annie Rohse
Es sind die kleinen Momente, die manchmal so wertvoll sind.

Vielen Dank für die schönen Einblicke, liebe Annie!

Annie Rohse (38) ist dokumentarische Familienfotografin und lebt mit ihren beiden Kindern (4 und 6) und ihrem Mann in Hamburg Bramfeld. Annie arbeitet seit zehn Jahren als Fotografin.

Mehr zu ihr findet ihr auf ihrer Website Familienliebe Fotografie.

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