
"Ich habe mich ganz bewusst entschieden, zu Hause zu bleiben"

Luise (39), Hebamme aus Glinde, eine Tochter (3 ) und ein Sohn (5): "Am Anfang war es nicht geplant, dass ich zu Hause bleibe, wenn die Kinder in die Kita gehen. Mein Großer kam mit 16 Monaten in eine Betreuung. Ich war als Hebamme selbstständig tätig, das heißt, ich habe die Familien während und nach der Schwangerschaft betreut und habe Kurse gegeben. Nach der Geburt unseres zweiten Kindes sind wir umgezogen, und da habe ich ganz bewusst entschieden, zu Hause zu bleiben. Ich kann den Familien keine Betreuungen für einen kurzen Zeitraum anbieten. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen nicht gerade verlockend, viel Stress für wenig Geld. Wir haben das Glück, dass mein Mann genug verdient. Dafür bin ausschließlich ich nach der Kita für die Kinder da. Jetzt bin ich wieder schwanger und freue mich darauf, weiter für meine Kinder da sein zu können, ohne noch zusätzlichen Stress zu haben. Ich werde später noch viel Zeit haben, um zu arbeiten, und genieße jetzt die Zeit zu Hause."
"Das Vollzeit-Mamasein hätte mich intellektuell nicht ausgelastet"

Karen (39), Fachärztin für Rheumatologie aus Hamburg, eine Tochter (5) und ein Sohn (9): "Für mich kommt ein Leben als Hausfrau nicht infrage. Ich habe einen vielseitigen, interessanten, spannenden und auch sinnstiftenden Beruf, der mir sehr viel Spaß bringt. Ich arbeite 30 Stunden die Woche, die ich auf vier Tage aufgeteilt habe, als Fachärztin für Rheumatologie in einem Hamburger Krankenhaus.
Die Frage, ob ich dauerhaft zu Hause bleibe oder mehrere Jahre aus meinem Beruf aussteige, habe ich mir nie gestellt. Mir war immer klar, dass ich nach der Elternzeit wieder in meinen Beruf zurückkehre. Ich war vor den Kindern Ärztin und bin das ja mit Kindern immer noch. Ich hätte hier das Gefühl, dann einen Teil meiner eigenen Identität aufzugeben. Das Vollzeit-Mamasein hätte mich auch intellektuell nicht ausgelastet. Deshalb habe ich mich bewusst dazu entschieden, auch nach den Geburten meiner Kinder weiterzuarbeiten."
"Mir macht es Freude, meine Kinder selbst zu betreuen"

Kristin (33), Hausfrau aus Polch, zwei Töchter (3 u. 5) und ein Sohn (7): "Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, hatte ich gerade mein Grundschullehramts-Studium beendet. Da ich im Gegensatz zu meinem Mann kein Einkommen hatte, entschieden wir, dass ich das erste Jahr Elternzeit nehme. Mein Plan war, dass ich anschließend mein Referendariat mache. Doch als ich kurz nach dem ersten Geburtstag unseres Kindes ein Praktikum absolvierte, stellte ich fest, dass die Belastungen durch die Arbeit an der Schule und die Care-Arbeit zu Hause sehr groß waren. Zudem wurde es uns als Eltern während des ersten Lebensjahres unseres Sohnes bewusst, dass wir ihn ungerne vor dem zweiten Geburtstag in eine Fremdbetreuung geben wollten.
Ich hatte vor der Geburt die Arbeit als Hausfrau und Mutter sehr unterschätzt. Sie lastet mich voll aus und wird mit zunehmenden Alter der Kinder auch nicht weniger. Mir macht es total viel Freude, meine Kinder lange und intensiv selbst zu betreuen, die Arbeit erfüllt mich mehr als die Arbeit als Lehrerin. So bin ich nicht zerrissen zwischen Erwerbsarbeit und Care-Arbeit. Wenn die Kinder älter sind, kann ich es mir aber sehr gut vorstellen, einzusteigen – wann es so weit ist, kann ich gerade noch nicht abschätzen."
"Ich möchte meinen Töchtern ein Vorbild sein"

Julia (39), Cutterin aus Hamburg, zwei Töchter (3 u. 6 ): "Ich arbeite als Cutterin in Teilzeit, 20 Stunden die Woche. Da ich aber in Schichtarbeit tätig bin, sind das immer ganze Tage. Momentan drei bis vier pro Woche. Zusätzlich biete ich noch Wochenenden an, an denen bei uns auch produziert wird. Dann habe ich aber dementsprechend unter der Woche frei. Meine Kinder haben einen Zehn-Stunden-Kita-Gutschein, und wir sind die "Spät bringen – spät holen"- Eltern. Es kommt also vor, dass unsere Töchter bis 17 Uhr in der Kita sind. Die zehn Stunden haben wir aber noch nie erreicht.
Für mich stand immer fest, dass ich wieder arbeiten gehe. Wir haben ein Haus am Stadtrand von Hamburg gekauft, da möchte ich meinen Teil zu beitragen, und auch sonst schätze ich eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit von meinem Mann. Mir ist meine Arbeit beim Fernsehen sehr wichtig. Gerade die letzten beiden Jahre haben gezeigt wie elementar "die Medien" sind, und ich bin froh, ein Teil davon zu sein. Darüber hinaus möchte ich meinen Töchtern ein gutes Vorbild sein und ihnen zeigen, dass beides geht: Mama sein und arbeiten. Vor allem, dass beide arbeiten gehen, also Mama und Papa."
Die Rentenlücke bei Frauen ist häufig größer als bei Männern
Die Gründe, weshalb Mütter sich dafür entscheiden, nach der Geburt des Kindes nicht wieder in den Beruf einzusteigen, sind vielfältig. Mal machen sie es ganz bewusst, um ganz für die Kinder da zu sein, um sich nicht aufzureiben zwischen Care- Arbeit und Erwerbsarbeit. Oft sind sie auch dazu gezwungen, weil sie keinen Betreuungsplatz für die Kinder finden, die Zeiten nicht passen würden oder aber Tagesmutter und Kitaplatz so teuer sind, dass die Betreuungskosten den Arbeitslohn einfach auffressen.
Frauen sind schnell finanziell abhängig
Doch egal, wie die Beweggründe sind: Frauen sollten nicht vergessen, dass sie sich mit der Entscheidung, nicht wieder in den Beruf zurückzukehren, nicht nur Wiedereinstiegschancen in den Beruf erschweren, sondern sich auch in eine finanzielle Abhängigkeit begeben, warnt Natascha Wegelin. Die als "Madame Moneypenny" bekannte Finanzexpertin berät Frauen zu finanziellen Themen mit dem Ziel, wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen. "Der Gedanke, dass Finanzen Männersache sind, ist in der Gesellschaft immer noch verankert", weiß Natascha Wegelin. Noch bis 1962 durften Frauen ohne Erlaubnis des Mannes nicht einmal ein eigenes Bankkonto haben! "Noch immer sprechen Frauen zu wenig über Finanzen und Altersvorsorge und werden teilweise aktiv oder passiv von den Themen abgeschirmt", warnt die Expertin. Das führe dazu, dass manchmal sowohl der Mut als auch das Finanzwissen fehlt, um sich mit dem Thema zu befassen – dabei sind genau das die Themen, die jede Frau genau bedenken sollte, wenn sie sich entscheidet, mit dem Geldverdienen zu pausieren.
Wer nicht arbeitet, zahlt nichts in die öffentliche Rentenkasse ein und hat auch kein Geld, um private Altersvorsorge zu betreiben. "Im Fall einer Trennung oder einer Scheidung steht die Frau in der Regel deutlich schlechter da. Weil Frauen viel häufiger als Männer zu Hause bleiben und die Care-Arbeit übernehmen oder für die Familie jahrelang nur in Teilzeit arbeiten, ist die Rentenlücke bei Frauen häufig größer als bei Männern", erklärt Natascha Wegelin. Und machen wir uns nichts vor: Bei aller Romantik ist es ein Fakt, dass jede dritte Ehe in Deutschland geschieden wird.
Ausgleichszahlungen mit dem Partner vereinbaren
Sollte eine Frau sich dennoch entscheiden, zu Hause zu bleiben, rät die Finanzexpertin, einen Blick auf die Altersvorsorge zu werfen: "Eine gute Idee ist es, mit dem Partner Ausgleichszahlungen zu vereinbaren und so weiterhin die Möglichkeit zu haben, für sich selbst vorzusorgen, auch wenn frau kein Einkommen oder nur ein sehr geringes Einkommen hat. Care-Arbeit ist auch Arbeit und warum sollte der Elternteil, der diese leistet, finanziell benachteiligt sein." Dafür rät sie zum Beispiel zu einem Sparplan, mit dem man in breite und global diversifizierte ETFs investiert.
Auch wer nur vorübergehend als Hausfrau arbeitet, sollte sich im Klaren darüber sein, dass die Pause die Rentenlücke weiter vergrößert. "Wer sich finanziell vom Partner abhängig macht, steht auf ziemlich wackeligen Beinen", stellt Wegelin klar. Sollte es einmal zu einer Trennung kommen, ohne dass man finanziell vorgesorgt hat, leiden nicht zuletzt auch die Kinder unnötig darunter.
Autorin: Nathalie Klüver