Aussteigen aus der Optimierungsfalle

Meine 14 schlechten Vorsätze fürs neue Jahr

Gesünder, schöner, achtsamer: Unsere Autorin hat genug von der ewigen Selbstoptimierung. Für 2023 hat sie sich deshalb vorgenommen, einfach mal ein paar Dinge weniger gut zu machen.

Meine 14 schlechten Vorsätze fürs neue Jahr© iStock/Petri Oeschger

Happy new year? Liegt es an mir, oder fühlt sich dieser Wunsch auch für euch irgendwie gar nicht so happy an. Eher wie eine Drohung. So als wäre es ein Vergehen, wenn 2023 nicht wirklich super-duper-happy und vor allem rundum "new" werden würde. Egal wohin ich schaue, ich werde zugeballert mit Vorschlägen, was ich jetzt gefälligst neu, oder eher gesagt anders machen soll als in 2022. Wobei anders natürlich perfekter meint. Zum Beispiel effektiver. Oder disziplinierter, achtsamer, geduldiger – einfach besser.

Dazu habe ich mal eine Frage, liebe Insta-Influencerinnen und Mami-Blogger, liebe YouTuber und Zeitschriftenredaktionen: Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, dass ich in 2023 irgendetwas besser machen möchte? Wer sagt euch, dass ich 2022 nicht längst mein Bestes gegeben habe? Denn das habe ich! Und verdammt noch mal, ich war gut letztes Jahr. Sehr gut sogar! Eine Eins mit Sternchen. 2022 war bereits die beste Version von mir, die Limited-Deluxe-Edition. Da IST nichts mehr, was ich besser machen kann im neuen Jahr. Oder was ich besser machen WILL. Ich habe so was von die Schnauze voll von der ständigen Frage, wie ich mich und mein Aussehen und meine Gesundheit und meine Erziehung und meine Freundschaften und meine Partnerschaft und meinen ökologischen Fußabdruck und einfach ALLES noch weiter optimieren kann – ich mache da einfach nicht mehr mit. Stattdessen schalte ich einen Gang zurück. Vielleicht sogar zwei. Ja, ich habe mir fest vorgenommen, dieses Jahr ein paar Dinge weniger perfekt zu machen – ganz ohne schlechtes Gewissen.

    Wenn ich so drüber nachdenke: Tatsächlich gibt es noch einen 16. Punkt. Nämlich den, To-Do-Listen nicht immer so ernst zu nehmen. Das zählt auch für diese. Vermutlich bringt mein schlechtes Gewissen mich in der Nacht vor den Kindergeburtstagen doch wieder dazu, eine Lego-Ninjago-Torte mit Gummibärenbelag zu zaubern. Aber ganz im Ernst: Allein die Erkenntnis, dass ich an mir nichts "besser" machen muss, reicht mir schon für einen entspannten Start ins Jahr 2022. Wenn es mir dann noch gelingt, auch nur einen einzigen Punkt aus der obigen Liste durchzuziehen – umso besser!

    Hier kommen sie, meine 14 schlechten Vorsätze fürs neue Jahr:

    1. Mehr Nachtisch essen: Die Kinder bekommen ihn täglich, nur ich zähle ständig Kalorien. Warum eigentlich? Das Leben ist zu kurz, um auf Panna Cotta zu verzichten!
    2. Mehr faule Pyjama-Sonntage: Die Familien-Regel "jeden Tag mindestens einmal rausgehen" habe ich eingeführt. Und ja, ich habe die Macht, sie dieses Jahr wieder abzuschaffen.
    3. Mehr Kinderfilme gucken: An diesen Sonntagen will ich dann keine pädagogisch wertvollen Lernspiele spielen, sondern einfach 90 Minuten lang Vaiana auf dem Bildschirm sehen. Oder Eiskönigin Elsa. Oder beide.
    4. Mehr Serien gucken: Und wenn die Kinder dann im Bett sind, möchte ich auch endlich mehr Erwachsenen-Bildschirmzeit! Ich habe ja noch nicht mal "Emily in Paris" gesehen!
    5. Weniger Sport: Qualität vor Quantität! Ich habe keinen Bock mehr, diese frustrierenden YouTube-Videos nachzutanzen. Wenn Sport, dann mit Spaß! Im Zweifel halt (noch) seltener als eh schon.
    6. Weniger selber machen: Dieses Jahr werde ich keine Kinder-Geburtstagseinladungen mehr basteln. Gedruckte gehen auch (und sehen eh schöner aus als das, was ich aus Pappe und Wackelaugen zaubere.)
    7. Weniger selber backen: Und wenn wir schon dabei sind – die Torte wird dieses Jahr auch gekauft. Macht schon mal zwei Pre-Kindergeburtstags-Nachtschichten weniger (und 2x2 Stunden Schlaf mehr).
    8. Öfter zu spät kommen … Es gibt Menschen, die kein Problem damit haben, wenn andere auf sie warten. So will ich auch sein: weniger von A nach B hetzen, öfter einfach die Letzte sein – und es egal finden.
    9. … oder gar nicht dabei sein! Die Steigerung von Punkt 8: Im Jahr 2023 werden Elternabende und andere Pflichtveranstaltungen häufiger ohne mich auskommen (allein schon wegen Punkt 4).
    10. Mehr Fast Food erlauben: 2022 war ich mit meinen Kindern genau ein Mal bei McDonald's. Nur EIN EINZIGES Mal! Dieses Jahr geht es spätestens alle sechs Wochen in den Drive-in – versprochen.
    11. Weniger Wäsche falten: Handtücher, Bettwäsche und Unterhemden werden künftig nicht mehr zusammengelegt, sondern in meinem cleveren Stopfsystem verstaut. Was das an Zeit spart!
    12. Weniger putzen: Und wenn wir schon beim Haushalt sind – die Küche sieht eh jeden Abend wieder aus wie Sau. Ich probiere einfach mal, sie nur noch jeden zweiten Tag zu putzen. Merkt eh keiner.
    13. Weniger aufräumen! Ich hab's sieben Jahre lang probiert, es hat keinen Sinn: Die Kinderzimmer sind an das ewige Spielzeug-Chaos verloren. Die Mühe, dort Ordnung reinzubringen, spare ich mir künftig.
    14. Mehr fluchen: Seit ich Mutter bin, presse ich ein beherrschtes "Sapperlot!" hervor – nur damit die Kinder "Scheiße!" und "Fuck!" im Bus aufschnappen? Dann können sie es auch von mir lernen!
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