Großeltern im Gespräch mit ihren Enkeln im Garten.© iStock/Morsa Images
Die Bindung zwischen Großeltern und Enkeln ist etwas ganz Besonders - und kann auch herausfordernd sein.

Zunehmend sind es die Großeltern, die ihre Enkel beim Heranwachsen begleiten, ihnen Nestwärme vermitteln und zu den engsten Bezugspersonen gehören. Großeltern springen ein, wenn die Kita mal wieder geschlossen bleibt, wenn die Eltern abends mal wieder zu zweit ausgehen wollen oder einfach so, um gemeinsame Zeit mit den Enkel zu verbringen. Eine starke Großeltern-Enkel-Bindung hilft Kindern, zu starken und gesunden Persönlichkeiten heranzuwachsen. Großeltern halten Enkel psychisch gesund – und umgekehrt.

Fast drei Viertel der Großeltern haben mindestens wöchentlich Kontakt zu ihren Enkelkindern. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts kam zu dem Ergebnis, dass die ältere Generation wert darauf legt, den Kontakt zu den Enkelkindern selbstbestimmt zu gestalten und ihre eigenen Interessen dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Großeltern, die gesundheitlich fit sind, viele Freizeitaktivitäten unternehmen und ein großes soziales Netzwerk haben, genießen die gemeinsame Zeit mit den Enkeln besonders. 

Viele Großeltern opfern sich auf 

Entscheidend ist auch, dass sich die Großeltern nicht ausgenutzt fühlen. Gegenseitige Unterstützung innerhalb der Familie ist der Studie zufolge wichtig für die Zufriedenheit. Geben und Nehmen ist das Stichwort. 

Wenn Großeltern hingegen den Eindruck haben, keine Wertschätzung für ihr Engagement zu erhalten, führt dies oftmals zu Frust. "Einige Großeltern erzählen mir, dass sie ihren Enkelkindern viel Fürsorge, Unterstützung oder Geschenke zukommen lassen, ohne dass sie dafür viel Anerkennung erfahren", sagt Regina Koepp, klinische Psychologin für Gerontopsychologie, gegenüber "Huffington Post". Schließlich seien viele bereit, ihren Kindern und Enkeln zuliebe selbst zurückzustecken. "Ich habe mit einigen Großeltern zusammengearbeitet, die in dem Dilemma steckten, ob sie ihren Nachwuchs finanziell unterstützen und dafür auf eine Reise oder dringende Reparaturen am Haus verzichten sollen."

Die Aufopferungsbereitschaft geht teilweise soweit, dass ältere Menschen regelrecht Druck verspüren, "funktionieren" zu müssen. Die Angst, eines Tages nicht mehr fit genug zu sein, um sich um die Enkel zu kümmern, beschäftigt viele. "Ich habe mit einigen Großeltern zusammengearbeitet, die eine wichtige Rolle bei der Betreuung ihrer Enkelkinder spielen und sich Sorgen machen, was passiert, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, sich um sie zu kümmern", so die Expertin.

Beziehung kommt vor Erziehung

Großeltern wissen, was es bedeutet, Kinder großzuziehen. Doch Enkel zu haben, ist eine ganz andere Aufgabe, die ganz eigene Herausforderungen birgt und die viele unterschätzen. Großeltern haben keinen Erziehungsauftrag. Viel wichtiger ist es, dass sie eine starke Beziehung zu ihren Enkeln aufbauen und lernen, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Das kann zu Konflikten führen, denn die Generationen haben oft unterschiedliche Vorstellungen davon, was "gut" für die Kinder ist. Viele Großeltern haben selbst einen autoritären Erziehungsstil erlebt, und es fällt ihnen schwer, den beziehungs- und bedürfnisorientierten Ansatz, den viele Eltern heute wählen, nachzuvollziehen. Das kann dazu führen, dass sie sich zurückziehen und verunsichert sind.

"Es ist ein altersbedingtes Phänomen, dass ältere Menschen oft das Gefühl haben, unsichtbar und irrelevant zu sein, selbst wenn sie einen bedeutenden Beitrag in der Familie leisten. Es ist daher hilfreich, wenn Eltern Wertschätzung für die Rolle der Großeltern zeigen", bestätigt Regina Koepp. Manchmal geht die Verunsicherung so weit, dass Großeltern sich nicht mehr trauen, ihre Ansicht zu äußern – aus Sorge, dann von ihren Kindern ausgeschlossen zu werden.

Wenn es Großeltern jedoch gelingt, eine enge Bindung zu den Enkeln herzustellen, können sie Anker und Vertrauensperson in schwierigen Situationen sein. Von der Gelassenheit, die sie mitbringen, können Kinder und junge Eltern profitieren. Auf der anderen Seite kann auch Eifersucht entstehen, wenn die Großeltern-Enkel-Bindung besonders eng ist.

Kommunikation ist der Schlüssel

Die Psychologin weiß: Konflikte entstehen meist dann, wenn die Parteien nicht miteinander reden – oder wenn sich jemand benachteiligt und nicht gesehen fühlt. Auch wenn sich Großeltern ausgenutzt fühlen und beispielsweise ständig spontan zum Babysitten einbestellt werden, kann dies zu Spannungen führen. "Gemeinsame Zeit und offene Gespräche können eine Familie viel enger zusammenbringen", so Regina Koepp. Die Elterngeneration sollte den Großeltern zudem ruhig Freiheiten einräumen. Bei den Großeltern dürfen andere Regeln gelten als zu Hause. Kinder können das gut unterscheiden, so die Expertin. Andererseits sollten Großeltern die Vorgaben der Eltern beispielsweise bezüglich Bildschirmzeit, Ernährung oder Schlafroutinen respektieren.

Offenheit und Verständnis für die Sichtweisen aller Generationen seien das beste Mittel, um Konflikte aus dem Weg zu räumen. Gemeinsame Essen, Spieleabende oder ein gemütliches Beisammensein, bei dem Großeltern ihre Geschichten und Weisheiten mit den anderen teilen dürfen, können ein guter Anfang sein. "Offene Diskussionen über die Bedürfnisse und das Wohlbefinden jedes Einzelnen können Missverständnisse verhindern und ein Gefühl des gegenseitigen Respekts fördern", sagt Regina Koepp.

Quellen: dji.de/huffpost.com