Mehr Freude am Esstisch

Familienessen: 6 Tipps, um Kinder von neuen Lebensmitteln zu begeistern

Es ist zum Verzweifeln: Wenn sich Kinder plötzlich beharrlich weigern, neue Lebensmittel zu probieren, sind Eltern oft ratlos. Gut möglich, dass Neophobie dahintersteckt. Was das bedeutet und was Eltern tun können, erklärt eine Kinderärztin. 

Kind sitzt vor einem Teller mit Gemüse und hat den Kopf auf den Tisch gelegt© iStock/PeopleImages
Wenn Kinder partout keine neuen Lebensmittel probieren wollen, stecken sie vermutlich in der Neophobie-Phase.

"Was ist das?" - "Aubergine." - "Ich mag keine Obersine!"

Woher er das weiß? Vermutlich eine übernatürliche Eingebung. Probiert hat er "Obersine" nämlich noch nie.

Seit Neuestem hält es der Dreijährige am Esstisch nach dem Motto: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Sobald etwas Unbekanntes auf seinem Teller liegt, schaltet er erstmal in den Verweigerungsmodus. 

Wenn Kinder plötzlich Picky Eater werden und es beharrlich ablehnen, etwas Neues zu probieren, kann das Eltern einiges an Nerven kosten. Schließlich wissen wir doch alle, wie wichtig Grünzeug für gesundes Wachstum ist. Nur: Wie kriegen wir das Gemüse ins Kind?

Nachdem ich das Buch von Kinderärztin und Ernährungsmedizinierin Nikola Klün gelesen habe, kenne ich den Fachausdruck für das, was wir gerade regelmäßig am Esstisch erleben: Neophobie. 

"Mit Neophobie bezeichnet man ganz allgemein die Angst vor Neuem – eine Angst, die wir gut im Kleinkindalter beim Essen beobachten können", erklärt die Ärztin, Bloggerin, Podcasterin und Autorin ("Kompass Kinderernährung: Gesund und gut versorgt in jeder Altersstufe. Mit Rezepten und Tipps für die täglichen Herausforderungen beim Essen. Auch für Vegetarier und Veganer"). 

Fast alle Kinder durchlaufen die Neophobie-Phase

Auch wenn diese Phase für Eltern eine wahre Geduldsprobe ist, steckt durchaus ein plausibler Grund hinter dem wählerischen Essverhalten. "Evolutionsbiologisch macht die Angst vor Neuem – also Neophobie – im Explorationsalter der Kleinkinder durchaus Sinn", so die Expertin. "Die Skepsis vor unbekannten Lebensmitteln hat früher einmal dafür gesorgt, dass sich von der Mutter wegbewegende Kleinkinder nicht auf unbekannte Lebensmittel gestürzt haben, die sie hätten vergiften können. Heutzutage wäre eine gewisse Neugier auf neue Lebensmittel sicherlich nicht lebensgefährlich, aber Millionen Jahre an Erfahrung lassen sich nicht einfach durch unseren Lebensstil überschreiben."

Deshalb durchlaufen fast alle Kleinkinder eine Phase, in der sie zurückhaltender und vorsichtig sind, wenn es darum geht, neue Lebensmittel auszuprobieren. 

Picky Eater: Wann zum Kinderarzt? 

"Die meisten Kleinkinder sind vorsichtig. Sie brauchen die gesamte Kindheit bis zum Vorschulalter, um eine große Bandbreite an Lebensmitteln zu sich zu nehmen. Werden sie mit neuen Lebensmitteln regelmäßig konfrontiert, werden sie sie irgendwann probieren und vielleicht sogar gerne essen", so die beruhigende Prognose der Kinderärztin.

Doch auch beim Thema Essen gilt: Jedes Kind ist individuell. Manche Kinder sind von Natur aus eher abenteuerlustig, andere eher mäkelig. "Diese Kinder haben Probleme mit neuen Lebensmitteln, mit ungewohnten Konsistenzen, mit gemischten Konsistenzen oder starken Geschmäckern. Meist liegt ein überdurchschnittliches sensorisches Empfinden in der Mundregion zugrunde", erklärt Nikola Klün. Für Eltern ist das besonders nervenzehrend – schließlich ist die Sorge groß, dass das Kind dennoch genügend wichtige Nährstoffe zu sich nimmt. 

Doch es gibt einige Tricks, um auch sehr wählerische Esser dazu zu bewegen, neue Lebensmittel zu probieren. ...

7 Tricks, um neue Lebensmittel einführen 

Gemeinsame Gartenarbeit

Im Kindergartenalter erlangen Kinder ein Verständnis dafür, woher Lebensmittel kommen. Wenn sie lernen, dass Gemüse in der Erde wächst und Pflege, Wasser und Sonnenlicht braucht, erwacht damit oft auch ein Interesse an den Lebensmitteln. Studien zeigen sogar: Wird in der Schule gegärtnert, zeigen Kinder ein besseres Essverhalten. Auch ohne eigenen Garten gibt es Möglichkeiten, mit Kindern zusammen zu gärtnern – auf dem Balkon oder sogar auf dem Fensterbrett.

Einkaufen gehen mit Kindern

Klar: Mit Kleinkindern in den Supermarkt zu gehen, kann eine Herausforderung sein. Aber es lohnt sich: Werden Kinder in den Wocheneinkauf einbezogen und dürfen vielleicht sogar eigene Kaufentscheidungen treffen, lernen sie eigene Entscheidungen über ihr Essverhalten zu treffen.

Nein zu ungesunden Lebensmitteln

Generell gilt: Mit satten Kindern einkaufen zu gehen, ist meist entspannter. Es hilft oft auch, im Vorfeld Regeln festzulegen und beispielsweise klarzustellen, dass keine Süßigkeiten gekauft werden. Oftmals können Eltern auch eine gesündere Alternative anbieten und vorschlagen, die ungesunden Supermarkt-Kekse zu Hause in einer zuckerärmeren Variation selbst zu backen.

Keine Bewertung am Esstisch

Auch wenn Picky Eater die Geduld strapazieren können, ist es wichtig, nicht genervt zu reagieren oder das Essverhalten abfällig zu kommentieren. Wichtig ist, das Kind liebevoll und wohlwollend zu begleiten und darauf hinzuweisen, dass bestimmte Lebensmittel nicht BÄH sind, sondern dass es sie NOCH NICHT mag.

Dranbleiben

Wenn ein Kind ein Lebensmittel partout nicht essen will, heißt das nicht, dass sie nie wieder auf dem Teller landen sollten. Im Gegenteil: Es ist sinnvoll, sie in regelmäßigen Abständen erneut anzubieten. Und: Es ist bereits ein Gewinn, wenn das Kind akzeptiert, dass sie auf dem Teller liegen dürfen. 

Gemüse-Tricks

Grünes Gemüse ist bei den meisten Kindergartenkindern ein absolutes No-Go. Damit sie sich Schritt für Schritt mit Spinat, Brokkoli & Co. vertraut machen, hilft ein kleiner Trick: Aus vielen Gemüsesorten lassen sich Gemüsechips herstellen: einfach fein schneiden, mit Olivenlöl, Hefeflocken und Gewürzen sieben Minuten bei 180 Grad im Backofen backen. Auf diese Weise können sich Kinder langsam mit Zucchini, Grünkohl oder Aubergine anfreunden.

Mit gutem Vorbild vorangehen

Eine Studie hat ergeben: Die von der Mutter gegessene Gemüsemenge steht im Zusammenhang mit der Menge an Gemüse, die ihr Kind zu sich nimmt. Deshalb ist es wichtig, ausgewogenes und gesundes Essverhalten vorzuleben. Wenn das Kind sieht, dass Gesundes zum Essen dazugehört, wird es viel eher bereit sein, selbst davon zu probieren.

Neophobie – wenn Kinder keine neuen Lebensmittel probieren wollen

Zwischen zwei und sechs Jahren erreicht das eingeschränkte Essverhalten meist seinen Höhepunkt: In dieser Zeit sind Kinder oft nicht bereit, neue Lebensmittel auszuprobieren. Dahinter stecken eine Vielzahl an Gründen: die neu gewonnene Autonomie, die kognitive Entwicklung und auch das nun nicht mehr ganz so rasante Wachstum. Wenn Kinder alles Neue oder Fremde ablehnen, sollten sich Eltern ihr eigenes Essverhalten ganz genau anschauen: Die Angst vor neuen Lebensmitteln wird genetisch weitergegeben.