Sprachentwicklung

Late Talker: Warum manche Kinder Spätsprecher sind und was Eltern tun können

Hakt es mit dem Sprechenlernen, machen sich viele Eltern Sorgen. Ab wann Kinder als Late Talker gelten und welche Fördermöglichkeiten es gibt, erklären wir hier.

Mutter und Tochter kuscheln im Bett.© iStock/Liderina
Wenn Kinder spät anfangen zu sprechen, können viele Ursachen dahinterstecken.

Kaum ein Entwicklungsschritt ist so faszinierend wie das Sprechenlernen. Wenn aus brabbelnden Babys plötzlich waschechte Plappermäulchen werden, kommen Eltern aus dem Staunen oftmals kaum noch heraus. In Windeseile schaffen sich die Kleinen neue Vokabeln drauf, verbessern laufend Satzbau und Grammatik und werden immer besser darin, sich auszudrücken.

Wie das so ist bei der kindlichen Entwicklung: Auch beim Sprechenlernen haben alle ihr individuelles Tempo – und das ist auch ganz normal. Wenn ein Kind ab einem bestimmten Alter jedoch immer noch kaum oder gar nicht spricht, machen sich Eltern oft Sorgen. Ab wann ein Kind als Late Talker gilt und worauf Eltern achten sollten, erklären wir in diesem Artikel.

Was sind Late Talker?

Late Talker (oder auch Spätsprecher) sind Kinder mit verzögerter Sprachentwicklung. Etwa 10 bis 20 Prozent aller Kinder sind davon betroffen. Die Ursachen sind noch wenig erforscht. Manche Kinder fangen einfach sehr spät an zu sprechen, holen dann aber sehr schnell auf. Bei anderen Kindern liegen jedoch systemische Störungen vor. Sie verstehen nicht, wie Grammatik oder Sprache funktioniert. Es gibt noch keine zuverlässige Art, um vorherzusagen, welche Kinder von selbst aufholen werden. Wenn Eltern den Verdacht haben, dass ihr Kind ein Late Talker ist, sollten sie zunächst das Gehör überprüfen lassen. Auch wenn nicht alle Late Talker eine Sprachtherapie brauchen, sollten dennoch alle von einem Therapeuten untersucht werden.

Fakten über Late Talker

  • "Late Talker" ist keine Diagnose fürs Leben.
  • Kinder gelten als Late Talker, wenn sie mit zwei Jahren noch keine Wörter kombinieren können.
  • Ein Drittel der Late Talker holt von allein auf. Diese Kinder nennt man "Late Bloomer".
  • Late Talker sind in anderen Bereichen zeitgerecht entwickelt und nicht weniger intelligent.
  • Late Talker sind nicht zu faul zum Sprechen, sie können es einfach noch nicht.
  • Jungs sind häufiger betroffen als Mädchen und leiden öfter unter einer Sprachentwicklungsstörung.
  • Mehrsprachige Kinder sind nicht häufiger Late Talker.

Late Talker: Erste Hinweise und Behandlungsmöglichkeiten

Schon Neugeborene sind in der Lage, Umweltgeräusche von Sprache zu unterscheiden. Die Sprachentwicklung beginnt also von Anfang an. Deshalb wird das Hörvermögen auch bereits bei Neugeborenen getestet. Liegt in diesem Bereich eine Behinderung vor, kann es zu einer verzögerten Sprachentwicklung kommen. 

Sind organische Ursachen ausgeschlossen und ein Kind fängt dennoch erst spät an zu sprechen, sind die Gründe meist komplexer und nicht so leicht festzustellen. Eines jedoch ist sicher: An den Eltern liegt es nicht. Auch lässt eine verzögerte Sprachentwicklung keine Rückschlüsse auf die Intelligenz zu.

Logopäden betonen, dass Sprachentwicklung nicht immer reibungslos abläuft. Wichtig ist, dass Eltern und Betreuungspersonen aufmerksam hinschauen und den Kinderarzt informieren, wenn ein Kind Schwierigkeiten hat, zu verstehen oder zu sprechen – der dann ggf. eine Überweisung zum Logopäden ausstellt. Je eher ein Kind Unterstützung bekommt, desto höher ist sind die Erfolgschancen. Die sprachsensible Phase endet etwa mit dem dritten Geburtstag. Frühe Sprachförderung ist daher am effektivsten und auch schon weit vor dem dritten Geburtstag möglich. 

Wie Eltern das Sprechenlernen unterstützen

Ein wichtiger Ansatz ist, die Vorläuferfähigkeit des Sprechenlernens zu fördern, die sogenannte Imitierfähigkeit. Eltern sollten sich fragen: Imitiert mein Kind mich oder andere Bezugspersonen? Das muss erstmal gar nicht sprachlich sein. Vielleicht imitiert es Tiergeräusche, Spielhandlungen, Mimik oder Gestik. Wenn Kinder noch keine Wörter imitieren, können Eltern es mit Tierlauten probieren. Oftmals entwickeln Kinder mit geringem Sprachverständnis clevere Strategien, um dies zu verbergen und verwenden beispielsweise Gesten, um sich mitzuteilen. Für Eltern gilt also, die Sprachentwicklung genau zu verfolgen und sich ggf. an einen Kinderarzt oder Logopäden zu wenden.

Viele Late Talker verwenden vor allem Nomen und wenig andere Wörter. Die Anzahl der Wörter ist zunächst zweitrangig, auch die richtige Aussprache ist anfangs noch nicht so entscheidend. Wichtig ist, dass Eltern keinen Druck machen.

Das beste Sprachtraining ist, wenn Eltern aktiv mit ihrem Kind sprechen – das gilt von Anfang an. Die ersten zwölf Lebensmonate, wenn Babys in der sogenannten Lallphase sind und viel vor sich hinbrabbeln, sind besonders entscheidend für die Sprachentwicklung. Daher ist es wichtig, dass Eltern so oft wie möglich mit ihrem Baby in den Dialog treten und auf seine Laute eingehen. Erlebt das Kind, dass es tatsächlich eine Antwort auf sein Lallen bekommt, wirkt das motivierend und fördert den Spracherwerb.

Ideal fürs Sprechenlernen ist ein spielerischer Ansatz. Rollenspiele, vorlesen, lebhafte Gespräche am Esstisch – all diese Situationen geben Kindern die Möglichkeit, ohne Anstrengung und Mühe seine sprachlichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln. In Momenten, in denen das Kind nicht aufnahmefähig ist, ist Sprachförderung hingegen wenig sinnvoll.

Die Wirksamkeit von Sprachförderung zu Hause ist nachgewiesen. Eltern sollten sich fragen, wie ihr Kind kommuniziert, diese Art der Kommunikation anerkennen und mit ihm auf seinem Niveau spielen. Late Talker brauchen oft viele Wiederholungen in kurzer Zeit, bis sie sich ein Wort merken. Eltern helfen ihrem Kind, indem sie in kurzen Sätzen sprechen, Alltagssituationen beschreiben und nicht allzu viel Aufhebens darum machen, wenn ein Kind ein neues Wort gelernt hat.

Generell gilt: Eltern sind die Experten für ihr Kind. Sie sollten auf ihr Bauchgefühl vertrauen und im Zweifelsfalls einen Kinderarzt oder Logopäden zurate ziehen. Mit guter und individueller Sprachförderung lassen sich die meisten Verzögerungen wieder aufholen. Je eher gehandelt wird, desto besser.