Junge auf einem Fahrrad in den 70ern.© iStock/Shanina
Die Kinder der Boomer-Generation sind die Millennial-Eltern von heute.

Wenn aus Paaren Eltern werden, ändert sich auf einen Schlag ihr ganzes Leben. Das war schon immer so und wird immer so sein. Für alle Eltern ist schließlich oberste Priorität, dass es ihren Kindern gut geht – und dass sie zu glücklichen Erwachsenen heranwachsen. Nur: Die Welt und die Meinung darüber, wie "gute Erziehung" sein soll, ist in ständigem Wandel. Und im Rückblick wünschten sich wohl viele Eltern, sie hätten sich in manchen Situationen anders verhalten ...

Die Familientherapeutin Stephanie Lindemann erklärt, in welche Falle Eltern verschiedener Generationen in Erziehungsfragen häufig tappen. In ihren TikTok-Videos richtet sie sich vor allem an Millennials (zwischen 1980 und 1996 geboren) und Boomer (in den 50ern und 60ern geboren).

Was Millennial-Eltern oft falsch machen

Wer zwischen 1980 und 1996 geboren wurde, ist mit dem Handy quasi großgeworden. Und genau darin besteht die größte Schwachstelle in der Erziehung dieser Generation. Die Therapeutin verweist auf das sogenannte "Still-Face-Experiment". Bei diesem Experiment wird die Bezugsperson gebeten, für kurze Zeit eine emotionale Neutralität zu zeigen und ihr Gesichtsausdruck in einen "stillen" Ausdruck zu verwandeln. Dies bedeutet, dass sie keine Mimik oder Gestik zeigt und keine verbale oder nonverbale Reaktion auf die Signale des Babys gibt. Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass Säuglinge auf diese emotionale Unterbrechung reagieren, indem sie zunächst versuchen, die Aufmerksamkeit der Bezugsperson wiederzuerlangen. Wenn dies nicht gelingt, können sie Anzeichen von Frustration, Angst oder Verwirrung zeigen. Einige Säuglinge geben schließlich auf und zeigen Anzeichen von Resignation oder Rückzug.

Das Still-Face-Experiment verdeutlicht die Bedeutung der emotionalen Kommunikation zwischen Eltern und Kindern für deren Entwicklung. Es zeigt auch, wie wichtig es ist, dass Bezugspersonen auf die Bedürfnisse und Signale ihrer Kinder reagieren, um eine gesunde Bindung und emotionale Entwicklung zu fördern.

"Stellen Sie sich nun vor, dass Mamas Gesicht still ist und sie dabei ein Telefon in der Hand hält. Das Baby versucht, mit der Mutter Verbindung aufzunehmen, aber die Mutter reagiert nicht. Wenn Sie Ihren Kindern diese empathische Verbindung nicht vermitteln, werden sie sich diese von jemand anderem holen", erklärt die Therapeutin.

Was Boomer-Eltern oft falschmachen

Eltern, die in den 50er- und 60er-Jahren geboren wurden, stehen vor ganz anderen Herausforderungen. Diese Generation hat oftmals ein schwieriges Verhältnis zu den inzwischen erwachsenen Kindern, was nach Ansicht der Therapeutin daran liegt, dass sie keine Verantwortung für Erziehungsfehler übernehmen wollen. Boomer-Eltern seien oftmals nicht bereit, selbstkritisch und offen für Feedback zu sein. Laut Stephanie Lindemann haben sie zwei Möglichkeiten: "Sie können sich dafür entscheiden, herauszufinden, wie sich ihr Verhalten möglicherweise auf ihre Kinder ausgewirkt und sie verletzt hat. Oder sie können sich dafür entscheiden, in die Defensive zu gehen, sich zu verteidigen – was dazu führen wird, dass ihre Kinder aufhören werden, ihnen zu erzählen, wie es ihnen geht."

Sie räumt ein, dass es herausfordernd ist, sich mit seinen eigenen Erziehungsfehlern auseinanderzusetzen. Doch es lohne sich, da sich dadurch die Beziehung zu den eigenen Kindern verbessern werde. 

So reagieren die Eltern auf die Kritik

Im einem folgenden Video macht Stephanie Lindemann die Reaktionen der jeweiligen Eltern-Generationen auf ihre Kritik öffentlich. "Die Ergebnisse sind urkomisch und auch tragisch", erklärt sie. Während Millennial-Eltern sich sofort ertappt fühlten und gelobten, ihr Verhalten zu verbessern, sieht es bei den Boomern ganz anders aus. "Viel Abwehr, einige Angriffe, einige Beschimpfungen, einige wechseln das Thema", fasst sie die Reaktionen zusammen, die ihrer Meinung nach viel Rückschluss auf ihre Erziehungsmethoden zulassen. "Haben sie bei ihren eigenen Kindern auch die Strategie angewendet, sie abzutun, sie zu beschimpfen, diese passiv-aggressiven Drohungen auszusprechen und das Thema zu wechseln?", fragt sie.