Positives Selbstbild

8 Tipps, damit Kinder lernen, ihren eigenen Körper zu mögen

Ich mag mich, so wie ich bin. Das kann leider nicht jeder von sich behaupten. Die meisten von uns hadern mit dem eigenen Körper – und das schon in ganz jungen Jahren. Mit diesen Tipps helfen Eltern ihren Kindern, ein positives Körperbild zu entwickeln.

Mädchen betrachtet sich im Spiegel.© iStock/vitapix
Spieglein, Spieglein ... Kinder fangen bereits früh damit an, ihren Körper kritisch zu hinterfragen.

Letzten Sommer am Strand. Ein Mädchen im Badeanzug baut eine Sandburg, ein paar Kinder in Badehosen und T-Shirts wagen sich bis zu den Knien ins kühle Wasser, ein anderes flitzt komplett nackt durch den weichen Sand. Alle sind in ihr Spiel vertieft und fasziniert davon, was ihr Körper leisten kann. Sie spüren spitze Muscheln unter ihren Fußsohlen, die Gischt auf ihrer Haut und wie schwer es ist, den dicken Stein am Ufer zu bewegen. Völlig versunken im Augenblick und ohne einen Gedanken daran, dass irgendjemand einen Bauch als zu dick, Beine als zu kurz oder Arme als zu behaart empfinden könnte ...

Wenn Kinder älter werden, bekommt diese absolut positive Verbundenheit mit dem eigenen Körper Risse. Schon im Kindergarten fangen sie damit an, ihr Aussehen kritisch zu hinterfragen. Plötzlich können vermeintliche körperliche Abweichung wie Übergewicht, Erkrankungen, die Hautfarbe, Haarstruktur oder andere Besonderheiten zur Zielscheibe werden. Bodyshaming ist das Stichwort. Und diese Form der Diskriminierung – ob nun durch Gleichaltrige oder durch Erwachsene – hinterlässt tiefe Spuren in Kinderseelen.

"Bereits im Vorschulalter setzen sich Kinder mit dem eigenen Körperbild auseinander", erklärt Sozialpädagogin Jasmin Bühler Navarro. "Diese Auseinandersetzung ist Teil ihrer normalen Entwicklung."

Kinder orientieren sich dabei an ihren Eltern, an anderen Kindern oder auch prominenten Vorbildern. Aber auch gesellschaftliche Vorstellungen von Schönheit, die durch Werbung, bestimmte Spielzeuge wie Barbiepuppen, Superheldenfiguren oder Disney-Prinzessinnen verbreitet werden, spielen eine Rolle. "Unsere Gesellschaft ist stark an Bildern orientiert. Leider stehen die propagierten Ideale im Gegensatz zu einer natürlichen Entwicklung", weiß die Expertin. "So sind Gedanken rund um Figur, Gewicht und Aussehen schon bei Schulkindern ernste Realität – vor allem bei Mädchen, zunehmend auch bei Jungen."

Positives Körpergefühl bei Kindern stärken

All diese Einflüsse von außen können Eltern nicht von ihren Kindern fernhalten – doch sie können sie darin unterstützen, ihren eigenen Körper liebevoll und wohlwollend zu betrachten.

Entscheidend ist, dass Eltern ihren dabei helfen, Körperautonomie und Körperbewusstsein zu stärken, ein Bewusstsein für körperliche Vielfalt schaffen und ihnen helfen, ein Gespür für ihren eigenen Körper zu erhalten. "Es ist unheimlich wichtig, dass unsere Kinder es zulassen können, dass ihr Körper wächst, sich verändert und Raum einnimmt – ohne dass wir unsere Erwachsenen-Zuschreibungen oder unsere eigenen Vorurteile bezüglich Körper und Essen, die sehr wahrscheinlich Generationen alt sind, auf sie übertragen", so Jasmin Bühler Navarro. "Am besten gelingt dies, indem wir ihnen Werte mitgeben."

Die folgenden 8 Wege bestärken Kinder darin, ihren eigenen Körper zu lieben und zu akzeptieren:

1. Offene Gespräche

"Einer der wichtigsten Werte, den wir unseren Kindern vermitteln können, ist, dass jeder Körper ein guter Körper ist", betont die Expertin. Eltern können Alltagsgespräche nutzen, um über Körperdiversität zu sprechen. "Regelmäßige unaufgeregte, neutrale Gespräche über Körper schützen unsere Kinder."

2. Jedes Lebensmittel ist okay

Nicht selten geschieht es, dass Kinder wegen ihres Körpers aufgezogen werden und eine Diät starten. Jasmin Bühler Navarro empfiehlt deshalb, dass jedes Lebensmittel in der Familienküche willkommen ist. "Wenn ein Kind gelernt hat, dass Diäten langfristig bei den allerwenigsten funktionieren und es selbst Experte für den eigenen Körper ist – kein anderer Mensch, Freund, keine Zeitschrift und kein Trend -, dann wird es weniger gewillt sein, sich auf eine gefährliche Diät einzulassen." Ein negatives Körperbild und Diäten erhöhen die Gefahr für Depressionen, Essstörungen und ein verzerrtes Körperbild. 

3. Gesundheit und Wohlbefinden fördern

Überzeugungen wie die, dass Kinder mit einem höheren Körpergewicht unsportlicher seien, können sie einem negativen Kreislauf führen. "Gesundheit ist komplex", erklärt die Sozialpädagogin. "Ab einem gewissen Alter ist es wichtig, mit Kindern darüber zu sprechen, dass wir Gesundheit nicht anhand des Aussehens von einer Person ablesen können und dass wir alle unabhängig von unserem Gewicht etwas für unsere Gesundheit tun können. Es ist bestärkend, schon von klein auf zu wissen, wie man selbst zu der eigenen Gesundheit und dem eigenen Wohlbefinden beitragen kann."

4. Gutes Vorbild sein

Wie in allen Erziehungsbereichen gilt auch im Bezug auf die Körperwahrnehmung: Ein gutes Vorbild hinterlässt bei Kindern oft den tiefsten Eindruck. Dies belegen auch Studien: Mütter, die positiv über ihren eigenen Körper sprechen, beeinflussen die Art und Weise, wie ihre Töchter über ihren Körper sprechen. Der Einfluss der Mutter kann dabei sowohl in die positive als auch in die negative Richtung gehen. "Das Beste, was wir also für das Körperbild unserer Kinder tun können, ist unser eigenes zu heilen. Das gilt auch für die Beziehung zum Essen", so Jasmin Bühler Navarro. "Das ist für viele von uns keine einfache Aufgabe und geschieht sicherlich auch nicht über Nacht. Es geht aber gar nicht darum, ein perfektes Aussöhnen mit dem eigenen Körperbild oder dem Essen zu erreichen. Es geht darum, loszugehen."

5. Das eigene Verhalten hinterfragen

Körperunzufriedenheit ist ein weit verbreitetes Gefühl in unserer Kultur – das betrifft natürlich auch uns Eltern. "Viele von uns haben gelernt, dass wir nicht gut sind, so wie wir sind. Wir haben nie gelernt oder vorgelebt bekommen, wie eine gesunde Beziehung zum eigenen Körper aussieht. Die Gesellschaft gibt uns das Gefühl, nur schlank und durchtrainiert wertvoll zu sein. Dabei haben wir verlernt, auf unsere körperlichen Bedürfnisse zu hören und unserer Intuition zu vertrauen."

All das wirkt sich auf die Folgegeneration aus. Umso wichtiger ist es, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und auf den eigenen Körper und den Körper des Kindes zu vertrauen. "Wir dürfen uns bewusst machen, dass wir nicht unbeabsichtigt eine Diätmentalität weitergeben, sondern körperpositive Kinder fördern wollen."

6. Keine Kommentare über andere Körper

Schon Körper kleiner Babys werden mit scheinbar harmlosen Bemerkungen kommentiert: "Er ist aber groß", "Ein propperes Kerlchen" oder "So ein kleines Würmchen". Und das ist erst der Anfang. Ungebetene Kommentare zum eigenen Körper hat wohl jeder schon einmal zu hören bekommen. Dabei können unbedachte oder sogar positiv gemeinte Sprüche verletzend sein. "Wir wissen niemals, wie andere Menschen über ihren Körper denken. Denn wir leben in einer Welt, die nicht immer nett zu allen Körpern ist. Meine Empfehlung ist daher der Familienregel zu folgen, dass solange wir nicht die Erlaubnis der anderen Person haben, wir ihren Körper nicht kommentieren."

7. Medienkompetenz 

Wenn Kinder lernen, Bilder und Aussagen aus Werbung, Zeitschriften, Filmen, Serien oder Videos richtig einzuordnen, ist dies ein weiterer wichtiger Aspekt hin zu einem positiven Körperbild. "Je nach Alter können Eltern mit ihren Kindern und Jugendlichen darüber nachdenken, wer Geld verdient, wenn wir uns schlecht und unsicher fühlen." So beginnen sie zum Beispiel Werbebotschaften kritisch zu hinterfragen. 

8. Gesundes Verhältnis zu Sport

Sport und Bewegung sind wichtig für die Gesundheit – keine Frage. Allerdings sollten Kinder lernen, dass es dabei darum geht, fit zu bleiben und sich gut zu fühlen – aber nicht darum, einem Schönheitsideal nachzueifern. Entsprechend wichtig ist, dass Sport nicht ausufert und zwanghaft betrieben wird. "Lassen Sie Ihr Kind wissen, dass Ruhe genauso wichtig ist wie unseren Körper zu bewegen", so Jasmin Navarro. "Auch das ist eine Möglichkeit, sich um seinen Körper zu kümmern."

Unsere Expertin: Jasmin Navarro Bühler
Jasmin Bühler Navarro

Jasmin Navarro Bühler ist Sozialpädagogin, Kinderbuchautorin ("Spieglein, Spieglein, wie fühl ich mich?") und Mutter eines Sohnes. Die Schweizerin lebt in Chile.

Mehr Infos: zurueck-zur-intuition.com