Gefühle begleiten

"Das ist die beste Methode, ein wütendes Kind zu beruhigen", weiß eine Familienberaterin ...

Fühlst du dich als Mama oder Papa oft frustriert oder hilflos, weil dein Kind dich provoziert, weint und tobt? Welcher Trick jetzt hilft, die Kleinen zu verstehen und mit ihnen in Verbindung zu bleiben, verrät Gastautorin Masha Hell-Höflinger, eine erfahrene Beraterin für Beziehungs- und Familienthemen.

Wutanfälle im Kleinkindalter – kennen die meisten Eltern. Aber was hilft wirklich? © Foto: istock/Nadezhda1906
Wutanfälle im Kleinkindalter – kennen die meisten Eltern. Aber was hilft wirklich?

Über die Gastautorin:

Masha Hell-Höflinger ist Geschäftsführerin und Coach der Beziehungs Academy SozialDynamik und hat sich damit einen Herzenswunsch erfüllt. Als Coach im Love Life Master Mentoring hilft sie täglich Menschen, ihre Trigger, Ängste und Blockaden zu erkennen, zu hinterfragen und aufzulösen. Als Mutter von zwei Jungen und Unternehmerin unterstützt sie speziell Frauen dabei, ihre weibliche Energie besser zu spüren und diese in der Liebe zu ihrem Beruf wie auch privat zu leben. Zudem unterstützt Masha Eltern dabei, eine tiefere Verbindung zu ihren Kindern aufzubauen, damit der Umgang miteinander schöner gelingt und die Kinder frei sind, ihr Leben voller Selbstvertrauen und Stärke zu gestalten.

Mehr Infos und Kontakt unter www.sozialdynamik.at.

Es ist eine Situation, die Eltern in den Wahnsinn treiben kann: Das Kleinkind weint, schreit und tobt, wirft sich auf den Boden und ist kaum zu trösten. "Was ist bloß los mit dem Kind? Warum macht es so ein Theater?" denken wir als Eltern dann und werden mit jedem Moment selbst immer frustrierter, hilfloser und vielleicht sogar wütend auf das Kind. Was kann in einer solchen Situation helfen?

Kleine Kinder können ihre Gefühle weder voll begreifen noch artikulieren

Einer der einfachsten Tricks, den ich vor vielen Jahren gelernt habe und der mir immer wieder hilft, mich zu beruhigen und dem Verhalten des Kindes mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Verständnis zu begegnen, ist dieser: Ich mache mir in solchen Momenten bewusst, dass das Kind mich so fühlen lässt, wie es sich selbst fühlt.

Kinder sind, gerade wenn sie noch klein sind, kognitiv nicht so gut darin, ihre Gefühle zu begreifen und durch Sprache zum Ausdruck zu bringen. Wenn sie wütend, frustriert sind oder sich hilflos fühlen, können sie das nicht sagen. Stattdessen bringen sie ihre Gefühle durch Schreien, Weinen, Toben zum Ausdruck und versuchen so, ihre Botschaft an Mama oder Papa zu vermitteln: "Mir geht es gerade nicht gut, bitte hilf mir, mit diesem Gefühl umzugehen."

Das Kind trifft zielgenau unsere wunden Punkte ...

Deshalb sei dir sicher: Jedes Mal, wenn du Wut, Frust, Traurigkeit oder Hilflosigkeit im Zusammenhang mit deinem Kind verspürst, weil das Kind dich auf eine gewisse Art und Weise behandelt, versucht das Kind, dich so fühlen zu lassen, wie es sich gerade selbst fühlt.

Das passiert natürlich nicht bewusst. Das Kind kommt nicht um die Ecke und sagt: "Jetzt, wo ich die Wörter nicht finde und Mama nicht sagen kann, dass ich selber gerade hilflos bin, mache ich Theater, bis sie sich genauso hilflos fühlt." Nein! Aus der Unfähigkeit heraus mit dem Gefühl zurechtzukommen, fließt etwas aus dem Kind heraus und das trifft dich als Elternteil auf eine Weise, die wir oftmals gelernt haben, persönlich zu nehmen. Das Kind trifft zielgenau unsere wunden Punkte, die Stellen, wo wir Angst haben, nicht gut genug zu sein. Wir denken dann: 

Warum respektierst du mich nicht? Habe ich dich nicht gut genug erzogen? Ich habe sowieso schon so viel Stress!

...und werden selbst mit jedem Moment immer aufgeregter.

Was (bei) einem wütenden Kind hilft:

Hol in einem solchen Moment einmal tief Luft und mach dir bewusst: In Wahrheit will dein Kind dich nicht provozieren, sondern es will darauf aufmerksam machen, dass es mit einem Gefühl zu kämpfen hat, das es alleine nicht verarbeiten kann. Dieses kleine Kind vor dir ist kein Angreifer, der dich verletzen will. Sein Verhalten ist ein Hilfeschrei: "Mama, bitte unterstütze mich dabei, dass ich diese Gefühle irgendwie verarbeiten kann."

Was in einem solchen Moment viel mehr hilft als Schimpfen, Schreien oder Drohen, ist: Atme tief durch. Beruhige dich. Versuche, herauszufinden, was dein Kind gerade wirklich braucht. Fehlt ihm Liebe, Anerkennung, Sicherheit oder das Gefühl von Zugehörigkeit? Und dann versuche, deinem Kind genau das zu geben.

Wütende Kinder brauchen Co-Regulation

Benenne die Gefühle deines Kindes, damit es lernt, sie zu beschreiben: "Du bist gerade traurig, weil Papa im Moment keine Zeit hat, mit dir zu spielen." Oder: "Du bist wütend, weil das mit den Bauklötzen noch nicht so klappt, wie du das gerne möchtest." Werte die Gefühle deines Kindes nicht, sondern sei einfach da und halte die Gefühle mit ihm aus. Biete körperliche Nähe an und gehe liebevoll mit deinem Kind um.

Oft reicht es schon, als Mama oder Papa Präsenz zu zeigen und dem Kind das Gefühl zu geben, dass es gesehen wird in dem, was es gerade empfindet. "Ja, ich verstehe, du willst, dass ich das kaufe, aber ich kaufe es jetzt nicht, das ärgert dich. Es tut mir leid, aber manchmal muss ich 'Nein' sagen“. Damit vermittelst du deinem Kind: Seine Gefühle sind valide, sie sind berechtigt.

Das Fachwort für dieses Vorgehen ist Co-Regulation: Am Beispiel von Mama oder Papa lernt das Kind, seine Gefühle zu verstehen, zu benennen und mit ihnen umzugehen. Es lernt, dass alle Gefühle sein dürfen und ihren Platz im Leben haben. Es lernt, dass seine Gefühle nicht falsch sind und dass es bedingungslos geliebt wird, egal, welches Gefühl gerade in seinem Inneren tobt. Das ist eine wertvolle Erfahrung für dein Kind, die ihm ganz viel Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl gibt und die euch auf einzigartige Weise miteinander verbindet.

In diesem Instagram-Reel spricht Masha Hell-Höflinger noch einmal klar darüber, wie wichtig es ist, mit Kindern über ihre Gefühle – positive und negative – zu sprechen und sie zu benennen, statt sie zu abzutun oder abzulenken: