Tipps von den Kinderdocs

Verbrühungen und Verbrennungen bei Kindern: So reagiert ihr richtig

Ob am Herd oder durch eine Tasse Tee: Verbrennungen und Verbrühungen bei Kindern passieren leider schnell. Oft ist der Schreck größer als die Wunde, doch im Ernstfall kommt es auf eine richtige und schnell Reaktion an. Unsere Kinderdocs erklären, wie ihr vorgehen solltet.

Eine Minute nicht hingeschaut, schon steht der Nachwuchs am Herd und nähert sich der Pfanne.© Foto: iStock/ronstik
Eine Minute nicht hingeschaut, schon steht der Nachwuchs am Herd und nähert sich der Pfanne.

Was ist der Unterschied zwischen einer Verbrennung und einer Verbrühung?

Erst einmal: Wir unterscheiden zwischen Verbrennungen und Verbrühungen. Verbrennungen entstehen in der Regel durch Flammenverletzungen oder durch Kontaktverbrennungen, zum Beispiel wenn das Kind gegen die heiße Ofentür oder auf die Herdplatte oder direkt in offenes Feuer gefasst hat.

Verbrühungen entstehen durch Hautkontakt mit heißen Flüssigkeiten, meist frisch aufgebrühtem Tee oder Kaffee. Während im Sommer übrigens mehr Verbrennungen passieren, insbesondere beim Grillen, kommt es im Winter vermehrt zu Verbrühungen, zum Beispiel durch Wärmflaschen oder aufgekochten Tee. Wir teilen die Schwere einer Verbrennung in drei Grade ein. Für uns sind an dieser Stelle aber nur die ersten beiden entscheidend, denn bei tieferen Verbrennungen ist immer ein Gang zum Arzt vonnöten.

Die drei Grade einer Verbrennung

Grad 1: Zum Beispiel ein Sonnenbrand ist eine Verbrennung ersten Grades. Die Haut ist gerötet und schmerzt. Es kommt zur narbenlosen Ausheilung, in der Regel innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen.

Grad 2: Zusätzlich zu einer Hautrötung treten flüssigkeitsgefüllte Blasen auf. Diese können sich spontan eröffnen. Das ist ein Hinweis, dass auch tiefere Hautschichten mitbetroffen sind. In diesem Stadium kann es gelegentlich zur Narbenbildung kommen. Die Wundheilung dauert mindestens 14 Tage. Bei tieferen zweigradigen Verbrennungen kann das auch mal deutlich länger sein.

Grad 3: Die Haut ist ganz weiß und fest, kann sogar verkohlt sein, sie ist einfach völlig zerstört, und das darunter liegende Gewebe liegt frei. Meist hat man an dieser Stelle keine Schmerzen mehr, weil die Nervenenden in der Haut zerstört sind. Mehr wollen wir dazu gar nicht sagen.

Das Ausmaß einer Verbrennung oder Verbrühung messen wir in Prozent der Körperoberfläche. Die Hand eures Kindes misst circa ein Prozent seiner Körperoberfläche. Ab zehn Prozent sprechen wir von einem schwerbrandverletzten Kind. Erfahrungsgemäß stellen solcherart Verletzungen eine maximale Stresssituation für euer Kind und euch dar. Wir können euch aber sagen, dass die meisten kleineren Verletzungen folgenlos ausheilen. Also versucht ruhig zu bleiben und befolgt ein paar Schritte.

Was könnt ihr zu Hause bei einer Verbrennung oder Verbrühung eures Kindes tun?

1. Hat sich euer Kind eine Verbrennung oder Verbrühung zugezogen, ist es wichtig, ihm so schnell wie möglich die Kleidung (und auch die vollgesogene Windel!) auszuziehen. Nur so könnt ihr euch überhaupt ein genaues Bild vom Ausmaß der Verletzung machen, außerdem entfernt ihr auf diese Weise eine Hitzequelle, denn gerade Kleidung aus Kunstfasern kann schmelzen und fest an der Haut anhaften.

2. Finden sich Zeichen für eine Verbrennung oder Verbrühung, ist der nächste, wichtigste Schritt die Kühlung, denn dadurch wird das Nachbrennen im Gewebe gemindert. Bitte kühlt mit leicht kühlem bis lauwarmem Wasser aus der Dusche oder dem Wasserhahn, nicht mit gefrorenem Gemüse! Zu kalt ist nicht gut, dadurch wird nur noch mehr Schaden angerichtet. Bitte legt nichts anderes auf die Wunde! Wir erwähnen das hier so explizit, weil wir schon die verrücktesten Dinge von Verbrennungs- und Verbrühungswunden entfernt haben: Joghurt, Zahnpasta, Kaffeesatz, Tomatenmark, Honig. Einmal hatten Eltern sogar Salz auf die Wunde gestreut. Autsch!

3. Verbrennungen und Verbrühungen sind in den meisten Fällen sehr schmerzhaft. Nachdem ihr eurem Nachwuchs die Kleidung entfernt und die verletzte Stelle gekühlt habt, gebt ihm darum bitte ein Schmerzmittel.

4. Erkennt ihr die Verletzung eures Kindes "nur" als eine Verbrennung oder Verbrühung ersten Grades, ist ein abwartendes Verhalten völlig in Ordnung. In der Regel verschwindet die Hautrötung innerhalb von Stunden. Bilden sich im Verlauf doch noch Blasen, könnt ihr immer noch reagieren.

5. Erkennt ihr bei eurem Kind eine Verbrennung oder Verbrühung zweiten Grades, kommt es auf die Ausdehnung der Wunde und die Körperstelle an. Bei kleinen Blasen ist eine Vorstellung in der Notaufnahme nicht nötig. Wenn die Verbrennung oder Verbrühung deutlich kleiner als die Handinnenfläche des Kindes (mit Fingern) ist, könnt ihr selbst einen nicht anhaftenden Verband anlegen und euch bei dem Kinderarzt eures Vertrauens melden. Ausnahmen bilden sensible Bereiche wie das Gesicht, der Genitalbereich, Hände oder Füße.

Achtung!

Verbrennungen und Verbrühungen können im Gewebe mehrere Tage nachbrennen. Das heißt also, es lässt sich gar nicht sofort das Ausmaß der Verletzung bestimmen. Je höher der Siedepunkt einer Flüssigkeit, die auf die Haut gekommen ist, desto mehr brennt es nach. Fettverbrennungen zum Beispiel brennen oft nach und sind ein Grund, eine Notaufnahme aufzusuchen.

Warum ihr die Windel sofort ausziehen müsst, wenn euer Kind sich mit heißer Flüssigkeit überschüttet:

Pflaster auf Brandwunden sind auch keine gute Idee:

Wann müsst ihr in die Notaufnahme?

Bei Verbrennungen und Verbrühungen ersten Grades könnt ihr mit den oben genannten Maßnahmen zu Hause abwarten. Bei kleinen Verbrennungen und Verbrühungen zweiten Grades sucht einmal euren Kinderarzt auf und lasst die Verletzung untersuchen und versorgen. Bei zweitgradigen Verbrennungen oder Verbrühungen über ein Prozent Körperfläche eures Kindes ist eine zeitnahe Vorstellung in einer Notaufnahme sinnvoll.

Was passiert in der Notaufnahme?

Viele thermische Verletzungen finden den Weg in unsere Notaufnahme mit Rettungswagen oder Notarztbegleitung. Meistens hat euer Kind dann schon etwas gegen die Schmerzen bekommen, und ein Verband ist aufgelegt worden, wenn es das Krankenhaus erreicht. Wir versuchen dann erst mal ein ruhiges Umfeld für euch und euer Kind zu schaffen. Hat euer Kind noch Schmerzen, verabreichen wir stärkere Schmerzmittel.

Um das weitere Vorgehen zu planen, ist es für uns unumgänglich, dann einen Blick auf die Verbrennung/Verbrühung zu werfen. Ist nur ein kleines Hautareal betroffen, wird ein desinfizierender Hautverband angelegt, und ihr könnt wieder nach Hause. Der nächste Verbandswechsel kann bei eurem Kinderarzt stattfinden.

Bei etwas ausgeprägteren Befunden wird eine stationäre Aufnahme geplant. Meistens findet dann in der Notaufnahme eine Erstversorgung statt: Wir tragen die Blasen ab und legen einen schützenden Verband an. Danach können wir das weitere Prozedere planen. Da diese Erstversorgung schmerzhaft ist, bekommt euer Kind ausreichend Schmerzmittel. Bei noch ausgeprägteren Befunden legen wir euer Kind in einer kurzen Narkose schlafen, damit es die Behandlung gar nicht mitbekommt und völlig schmerzfrei ist.

Seid ihr mit eurem Kind und einer zweit- bis drittgradigen Verbrennung stationär aufgenommen worden, erwarten euch regelmäßige Verbandswechsel, bis ihr wieder nach Hause gehen könnt. Auf eine ausreichende Schmerz- und Flüssigkeitstherapie wird außerdem großer Wert im Krankenhaus gelegt.

Und wieder zu Hause? 

Euer Kind wird in der Regel mit einem sorgfältig angelegten Verband nach Hause entlassen. Bitte versucht, diesen möglichst reinlich zu behandeln. Der Gang zum Spielplatz ist also erst mal tabu. Die körperliche Schonung verhindert außerdem, dass die speziell aufgelegten Wundauflagen verrutschen. Das genaue weitere Vorgehen wird euch bei der Entlassung von eurem Arzt mitgegeben.

Zum Weiterlesen: Kinderunfälle – was ihr zu Hause tun könnt und wann ihr in die Klinik solltet

Das Kleinkind steckt sich eine Murmel in die Nase. Die Tochter kriegt beim Spielen im Wald einen Ast ins Auge. Der Sohn knallt auf dem Trampolin mit seinem Kumpel zusammen … Kinder tun sich ständig weh, manchmal ziemlich übel. Der erste Impuls vieler Eltern: Ab in die Klinik! Dabei sind die meisten Verletzungen gar keine echten Notfälle. Die Folge: überlastete Notaufnahmen und auf allen Seiten zum Zerreißen angespannte Nerven.

Genau das wollen die Kinder-Docs Benedict-Douglas Sannwaldt und Till Rausch mit ihrem neuen Buch ändern. Es soll Eltern eine Orientierungshilfe für die häufigsten Arten von Verletzungen und Unfällen bieten, um den Ernst der Lage besser einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Ein Buch zum vorsorglichen Drin-Schmökern, aber auch Schnell-mal-Nachschlagen. Mal hoch emotional, mal extrem dramatisch, zwischendurch sogar urkomisch. In jedem Fall aber immer mit viel Herz und Verständnis für alle Eltern, die sich Sorgen um ihren Nachwuchs machen.

"Verknackst, verschluckt, verbrannt: Wie ihr euren Kids zu Hause helft – und wann ihr in die Klinik solltet" von Till Rausch und Dr. Benedict-Douglas Sannwaldt (191 Seiten, Junior Medien, 18,95 Euro).

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