
Die Fotos, die Jakara auf ihrem Instagram-Profil teilt, zeigen Kinderfüße im Matsch, Jungs, die über eine Wiese wirbeln und Wassermelone am Strand essen. Ein Bullerbü-Idyll, das sich nur für einen hohen Preis verwirklichen lässt. Denn Jakara erzieht ihre beiden Söhne kindergartenfrei.
Es ist ein Lebensmodell, das sich erst mal ganz romantisch und nach großer Freiheit anhört. "Wir leben kindergartenfrei" – das klingt nach barfuß über Waldwege laufen, frisch gebackenem Apfelkuchen, nach lachen, singen, tanzen. Reisen, wann man möchte, Kinder, die sich frei entfalten können, fernab von Kita-Regeln, keine starren Bürozeiten für die Mama. Ein Hauch von Hippie-Romantik.

Kindergartenfrei erziehen ist harte Arbeit
Doch dahinter steckt immer ein Elternteil (meistens die Mutter), das auf vieles verzichtet, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Denn: Care-Arbeit ist auch Arbeit. Harte Arbeit sogar, wenn man ganz allein Haushalt und Kindererziehung wuppt. Das bestätigt auch Jakara:
Kindergartenfrei bedeutet eine Menge Arbeit: Du musst extrem strukturiert sein und dich immer wieder auffrischen mit Ideen. Irgendwann ist es ein Selbstläufer, aber es ist eine Herausforderung.
Doch die Youtuberin steht hinter ihrer Entscheidung – auch wenn sie selbst schon Tiefs erlebt hat. "Ich hatte auch Zeiten, in denen ich gezweifelt habe, als ich schwanger war mit meinem zweiten Sohn. Da war ich kräftemäßig nicht gut beieinander und ich hatte das Gefühl, ich werde meinem Kind nicht gerecht. Aber irgendwann war die Sorge einfach weg, wir haben sie zusammen überwunden."
Böse Kommentare sind an der Tagesordnung
Als Vollzeit-Mama erlebt Jakara jede Menge Anfeindungen. "Es ist schade, dass die Vorurteile noch immer in den Köpfen sind und die Leute teilweise wirklich feindselig reagieren. Oder sie sind neidisch, weil sie das vielleicht auch gern machen würden, aber nicht wissen, wie", sagt sie.
Die Kommentare unter ihren Instagram-Beiträgen sind teilweise wirklich heftig:
- "Sozialkompetenzen lernen Kinder am besten mit anderen Kindern. Seinen Kindern die Bildungseinrichtungen vorzuenthalten hat nichts mit Mut zu tun."
- "Dafür muss du auch finanziell abgesichert sein. Als wäre das so einfach, zu Hause zu bleiben und nicht arbeiten zu gehen."
- "Joa, wenn man keine Miete zahlen und Lebensmittel kaufen muss, kann man auch kitafrei leben."
- "Super. Und Mutti verdient kein Geld, keine Rentenbeiträge und ist finanziell abhängig. Von dem sozialen Umfeld, das die Kinder verpassen, ganz zu schweigen."
- "Wenn die Mutter arbeiten geht und nicht vom Staat leben will, geht es nicht ohne Kindergarten. Das hat dann auch nichts mit "hab Mut" zu tun, sondern es geht nicht anders."
- "Mal abgesehen vom Geld, womit viele hier argumentieren. Die Kita ist auch immens wichtig, damit das Kind ein gutes Sozialverhalten erlernt, Freundschaften knüpft usw."
Tatsächlich steht Jakara statistisch gesehen eher allein da. Rund 32 Prozent geben ihr Kind ab dem ersten Geburtstag in eine Krippe, ab Kindergartenalter sind es dann sogar 92 Prozent.
Jakara hat ihre ganz eigenen Antworten auf die Kritik. "Ein Kind braucht doch soziale Kontakte! Oh ja, davon bin ich auch überzeugt, aber ich glaube nicht, dass ein Kind nur in der Kita soziale Kontakte finden kann."
Finanziell ein Kraftakt
Und auch das Argument zu dem finanziellen Aspekt lässt sie nicht gelten: "Manche denken, man muss wirklich reich sein, um das zu verwirklichen. Das kann ich nicht bestätigen. Ich gehe ja nicht arbeiten, mein Mann ist Alleinverdiener, er ist Handwerker. An erster Stelle ist es die Lebenseinstellung."
Die Statistik zeigt: Fast immer sind es die Mütter, die den Job sausen lassen, um sich voll und ganz der Kinderbetreuung zu widmen. Das ist schon rein finanziell für viele Familien ein Kraftakt – aber für viele Frauen eben auch seelisch. Denn nicht vergessen sollte man die Mütter, die eben wieder arbeiten WOLLEN – weil es für sie Selbstbestimmung bedeutet. Viele Frauen sind froh, nach der Elternzeit wieder einen Ausgleich zum Mamasein zu haben.
Kindergartenfrei ist ein Trigger-Thema
Doch warum erhitzt dieses Thema die Gemüter so dermaßen? Klar: weil unausgesprochen schnell ein Vorwurf mitschwingt. Zwischen den Zeilen steht der alte Glaubenssatz: Ein Kind ist bei seiner Mutter am besten aufgehoben. Alles andere ist eben nur zweite Wahl. Kein Wunder, dass sich viele Frauen getriggert fühlen, die sich für Fremdbetreuung entschieden haben.
"Ich kann nicht verstehen, warum eine Mutter, die die Möglichkeit hat, ihr Kind zu Hause zu behalten, es dann abgibt. Die Zeit ist so kostbar. Es ist eigentlich die Aufgabe der Mutter, der Familie, auf die Kinder aufzupassen", findet Jakara.
Dabei war sie als Kind selbst im Kindergarten und hat gute Erinnerungen an diese Zeit. Ihr mütterlicher Instinkt gebe ihr nun aber einen anderen Weg vor, sagt sie. "Als ich meinen ersten Sohn bekomme habe, hat es sich einfach so ergeben. Ich habe erst auf den Spielplätzen gemerkt, dass das, was ich mache, ungewöhnlich ist, weil ich so oft angesprochen werde."
Die Entscheidung ist immer individuell
Doch woher kommt überhaupt der Trend zur kindergartenfreien Erziehung, der vor allem bei Social Media sichtbar wird? Dass sich immer wieder Stimmen zu Wort melden, die vor traumatischen Prägungen durch Kitas warnen, dürfte einen Beitrag dazu leisten.
Dabei sind sich Pädagogen längst sicher, dass Kitas viel mehr sind als Aufbewahrungsstätten für Kinder. Kindgerechte Räume, eine verlässliche Bezugsperson und der Kontakt zu Gleichaltrigen können für Kindergartenkinder ein großer Gewinn für ihre Entwicklung sein.
Plus: Studien haben ergeben, dass Eltern, deren Kinder vormittags im Kindergarten sind, am Nachmittag intensiver mit ihnen spielen.
Am Ende gilt: Beim Thema Kindergarten müssen alle Eltern individuell entscheiden, was für ihre Familie das Beste ist. Jedes Elternteil, das diese Entscheidung – Kita ja oder nein – bewusst trifft, tut damit das Beste für sein Kind. Ein Kind, das stolz eine Bastelei aus der Kita mitbringt ist genauso glücklich wie ein Kind, das vormittags einen Waldspaziergang mit Mama macht. Beides ist toll – und vor allem ist beides weder richtig noch falsch.
Das sieht auch Jakara so: "Das Leben ist nicht perfekt. Ich bin keine perfekte Mutter und es gibt auch kein Rezept für alle. Jeder Weg ist individuell."