
25 Vierjährige auf einem Geburtstag!? Ich weiß schon sehr genau, warum ich den Job einer Erzieherin so bewundere. Ich bin bereits mit meinen drei Jungs zu Hause ziemlich gut ausgelastet. Wenn die ihre Geburtstage feiern, kommen mal mehr mal weniger Kinder. Je nach Alter und Aktivität. Das Maximum waren einmal 14 Kinder, inklusive meiner eigenen drei. Das fand ich schon echt sportlich. Schließlich trägt man ja auch die Verantwortung für alle Eingeladenen. Als ich also den Post von Karla Ney sah, die auf Instagram (@wir.tigerenten) regelmäßig über ihren Auswanderer-Alltag in Dänemark postet, blieb ich direkt hängen. Sie schreibt, dass sie zum Kindergartenstart ihres vierjährigen Sohnes Anfang des Jahres einen Flyer erhalten habe, in dem unter anderem auf Folgendes hingewiesen wurde:
Es sollen möglichst nicht nur einzelne Kinder zum Kindergeburtstag eingeladen werden, sondern wenn dann die ganze Gruppe. So soll Mobbing oder Ausgrenzung vermieden werden.
Pluspunkt: Der Kindergarten bietet hierfür seine Räumlichkeiten an – kostenlos!
Eine kontroverse Debatte entsteht ...
Unter dem Post sammeln sich relativ schnell viele Kommentare. Einige Stimmen finden die Idee einfach nur toll und würden sich ein ähnliches Konzept auch für ihre Kindergärten wünschen – vor allem Eltern, die selbst schon Ausgrenzung mit ihren Kindern erlebt haben, befürworten den integrativen Vorschlag.
Wieder andere Eltern merken Zweifel an: Für alle Kinder eine Mitgebsel-Tüte? Auf jedem Geburtstag ein Geschenk mitbringen? Das könnten sich einige Eltern doch einfach nicht leisten!?!
Weder Mitbringsel-Tüten noch teure Geschenke auf dänischen Kindergeburtstagen
Zum einen gibt es gar keine Mitgebsel-Tüten in Dänemark. Zum anderen werden wenn überhaupt, keine teuren Geschenke erwartet. In machen Einrichtungen heißt es: Präsente dürfen nur bis 25 Kronen (entspricht etwa 3 Euro) kosten. In wieder anderen bringen die Eltern stattdessen einfach einen kleinen kulinarischen Beitrag zum Büffet mit.
Und für alle, die sich jetzt fragen: Nein, Muffins oder Frühstück werden hier nicht noch zusätzlich am Morgen vom Geburtstagskind ausgegeben. Ein "doppeltes" Einladen gibt es also nicht. Um eine Kleinigkeit für das Geburtstagskind kümmert sich immer die Kita.
"Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass solche Feste hier deutlich weniger materialistisch sind, als ich es aus Deutschland kenne", so empfindet es Karla und ergänzt: "Ich erlebe es hier generell als sehr hohe Priorität, dass niemand auf Grund seines Einkommens benachteiligt ist. Gleichzeitig ist hier der durchschnittliche Lohn deutlich höher."
Aber ein Kind einladen, das zum Beispiel andere ärgert, können sich viele Eltern partout nicht vorstellen. Eine Mama merkt in der Kommentarspalte an: "Ich verstehe den Gedanken und finde es toll, aber dennoch würde ich nicht wollen, dass meine Kinder Kinder einladen müssen die sie nicht dabei haben möchten." Eine andere Mutter findet die Idee auch schwierig: "Klar beugt es Ausgrenzung vor aber andererseits lebt es auch vor, dass die eigenen Gefühle weniger wichtig sind, als die der anderen Kinder. Wenn mein Kind keine Lust auf xy hat, werd ich xy sicher nicht einladen."
Das Mobbing-Problem ist damit nicht gelöst
Das Konzept Kindergeburtstag wird in Dänemark offensichtlich anders gedacht als in Deutschland. Karla erklärt ihre Sicht auf die Dinge: "Es ist eher eine Feier im Kindergarten mit allen Kindergarten-Kindern. Es wird gar nicht überlegt, wer eingeladen ist. Der Gedanke dahinter, auch für die Kinder, ist gänzlich anders. Klar, wenn man nach Hause einlädt, lädt man bewusst ein. Aber wenn es ein Fest im Kindergarten ist, ist es auch für die Kinder viel verständlicher, dass dann alle kommen. Der Gedanke 'Man lädt ein, wen man möchte', wird ja meist auch von uns Eltern vorgelebt."
Der jungen Auswanderin ist es wichtig zu betonen, dass diese Umsetzung von Kindergeburtstagen alleine natürlich keine Lösung für die Mobbing-Prophylaxe darstellt. "Ich bin aber der Meinung, dass es mit anderen Maßnahmen zusammen helfen könnte."
Bisher gab es noch keinen Geburtstag für alle
Tatsächlich gibt Karla aber auch zu bedenken: "Wir sind jetzt etwas über ein halbes Jahr in dem Kindergarten und es kam tatsächlich noch nicht vor. Von daher kann ich nicht sagen, inwieweit es tatsächlich umgesetzt wird oder vielleicht auch einfach weniger Kindergeburtstage gefeiert werden."
Ihr Sohn wurde kürzlich vier Jahre alt. Wie sie gefeiert haben? Auch wenn sie das Konzept sehr schätzt, haben sie sich für eine kleine Feier zu Hause entschieden. Warum? "Die meisten Playdates, die mein Kind nach der Kita hat, sind mit Kindern aus anderen Einrichtungen. Wir haben uns entschieden vor allem die einzuladen und noch ein Kind aus seinem Kindergarten." Aber im nächsten Jahr überlegen sie und ihr Mann die Räumlichkeiten des Kindergartens zu nutzen. "Wenn wir besser Dänisch sprechen."
Seit Anfang 2024 wohnt Karla Ney mit Sohn und Mann auf einer dänischen Insel. Die Sozialpädagogin arbeitet von dort freiberuflich als Still- und Ernährungsberaterin, vor allem für Eltern mit Babys und Kleinkindern. Mehr Infos über Karla, ihre Arbeit und ihr Auswandererleben unter bunter-essen.com und auf ihrem Instagram-Kanal @wir.tigerenten.