Nach der Entbindung ...

Physiotherapeutin erinnert: "Über diese Geburtsverletzung spricht kaum einer ..."

Geburtsverletzungen sind ein großes Thema! Für die Physiotherapeutin Rosa Lang gehört die Beckenbodenmuskulatur dabei mehr in den Fokus gerückt.

Eine Frau direkt nach der Geburt mit ihrem Baby© iStock/guvendemir
Direkt nach der Geburt spüren die wenigstens Frauen ihre Verletzungen ... 

Die Geburt ist überstanden, ein gesundes Kind ist geboren! Eine Wolke aus Erleichterung und Glückseligkeit liegt in der Luft. Wer kann nachempfinden, welche Schmerzen und Einschränkungen nicht wenigen Frauen nach der Geburt noch zu schaffen machen? Geburtsverletzungen sind ein Thema! Auch in der Physiotherapie.  

Für die Physiotherapeutin Rosa Lang gehört die Beckenbodenmuskulatur dabei noch mehr in den Fokus der körperlichen Gesundheit gerückt. Das scheint immer noch alles "untenrum" und damit nicht gesellschaftsfähig. Hier kommt deshalb ein kurzer Einblick auf die Geburtsverletzungen, die entstehen können. Dazu 6 Tipps, wie man diese lindern oder sogar verhindern kann, mit leicht umsetzbaren Maßnahmen von der Expertin.

Was sind Geburtsverletzungen?

Gibst du "Geburtsverletzungen" in die Suchleiste ein, erscheint als erstes eine Auflistung der Schäden und Verletzungen, die Kinder bei der Geburt erleiden können. Soweit, so wichtig. Nach einer überstandenen Geburt steht die Mutter selbst nicht mehr so im Scheinwerferlicht, wie während ihrer Schwangerschaft. Das Kind ist gesund, die Mama lebt, alles gut ...!?

Mögliche Geburtsverletzungen der Frau:

Wundgefühl, Blutergüsse, kleine Hautrisse 

Das sind Verletzungen, die fast jede Frau nach der Geburt zu spüren bekommt. Im gesamten Geburtsbereich kommt es auf Grund der Dehnung zu mehr oder weniger starken Beschwerden. Innerhalb der nächsten Tage bilden sich diese Verletzungen meistens von selbst zurück.

Dammriss

Ein Dammriss wird medizinisch in vier Grade eingeteilt. Bei Grad III und IV ist jeweils auch der Schließmuskel beteiligt. 

Dammschnitt

Das ist eine chirurgische Maßnahme, die in Notfällen stattfindet. Es geht darum, durch einen gezielten Schnitt das Einreißen der Darmschleimhaut zu verhindern.

Scheidenriss oder Labienriss

Durch den Druck des Baby-Schädels reißt beim Scheidenriss die Vagina, beim Labienriss reißen die Schamlippen. 

Verletzungen durch bestimmte Geburtsbeschleunigungsmaßnahmen

Geburtszange und Kristeller Handgriff sind als "Geburtshelfer" zum Glück nicht mehr so angesagt. Heute wird das Kind bei Komplikationen mit Hilfe einer Saugglocke oder durch einen Kaiserschnitt auf die Welt gebracht.  

Und was ist mit der Beckenbodenmuskulatur?

Das alles sind Geburtsverletzungen, die laut medizinischen Diagnoseschlüssel nach der Geburt behandelt werden. Die Therapie liegt irgendwo zwischen Wundsalbe und dem Nähen der Risse. Von muskulärem Aufbau und Regeneration ist eher selten die Rede. Eine durch die Geburt beschädigte, geschwächte Beckenbodenmuskulatur macht sich, wenn sie unbehandelt bleibt, manchmal erst in den Wechseljahren bemerkbar. Zum Beispiel durch eine leichte bis schwere Inkontinenz.  

Bindegewebe und Muskeln im Beckenboden

Das sind die Strukturen die bei einer Geburt am stärksten gefordert sind. Was liegt näher, als genau darauf achtzugeben? Und zwar vor, während und nach der Geburt. Leider hat nicht jede angehende Mutter das Glück, darüber ausführlich beraten zu werden. Selbst im Fachbereich der Physiotherapie bekommt die Beckenbodenmuskulatur nicht immer die Aufmerksamkeit, die sie benötigt. 

6 Tipps, um Geburtsverletzungen zu lindern und zu verhindern

1. Werde dir deiner Beckenbodenmuskulatur bewusst

Und zwar egal, ob du jung oder alt bist, ob du schwanger bist, werden möchtest oder bereits in den Wechseljahren bist: Sorge für eine starke Körpermitte! Deine Beckenbodenmuskulatur ist vorn mit den Bauchmuskeln verbunden und hinten mit der Rückenmuskulatur. Sämtliche Bindegewebe, wie Faszien, Sehnen und Bänder, sind auf gesunde, kräftige Muskeln angewiesen. Halte Ausschau nach Übungen für die Beckenbodenmuskulatur. Bleibe in jeder Lebensphase aktiv, indem du entsprechende Trainingseinheiten fest in deinen Alltag integrierst. 

2. Vor der Geburt ist nach der Geburt

Zumindest in Bezug auf das Training deiner Muskeln. Besonders in der Zeit vor und die ersten Wochen nach der Geburt, solltest du dir fachlichen physiotherapeutischen Rat für angepasste und zielführende Übungen einholen.  

3. Das Kind im Mittelpunkt

Natürlich hast du nun viele neue Aufgaben, die von allen Seiten auf dich zukommen. Nichts ist mehr wie vorher. Überall gilt es, sich umzustellen und auf den neuen Erdbewohner einzustellen. Damit das einigermaßen geschmeidig abläuft, musst du auch an dich denken. Erinnerst du dich an die Sauerstoffmasken-Szene vor dem Abflug? Da wird betont: "Setzen Sie sich zuerst die Maske auf, dann helfen Sie Ihrem Kind oder anderen Personen." Das macht Sinn, nicht wahr? Also vergiss die Nummer mit Aufopferung, um nur noch für das Kind da zu sein. Das hält niemand lange durch, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. 

4. Vertrauensvolle physiotherapeutische Hilfe

Scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen! Physiotherapeutische Rückbildungsprogramme sollten fachgerecht und vor allem individuell abgestimmt erfolgen.  

5. Beckenbodenmuskulatur nebenbei trainieren

Was du auf jeden Fall vor einer Schwangerschaft jederzeit machen kannst: deine Beckenbodenmuskulatur trainieren! Die einfachste Übung: spanne die Muskeln an (Gefühl wie hochziehen) und entspanne sie wieder (loslassen). Bei der Entspannung atmest du ein (mehr Raum) und bei der Ausatmung spannst du die Beckenbodenmuskeln an. Übertreibe es nicht mit der Anspannung und sorge für ein völliges Loslassen bei der Entspannung. 

6. Die passende Position während der Geburt

Auch wenn die meisten Frauen bei der natürlichen Geburt auf dem Rücken liegen und die Beine gespreizt hochgelagert sind: Sprich vor der Geburt mit der Hebamme darüber. Die Rückenlage mag für Geburtshelfer perfekt sein, doch nicht immer für die Gebärende. Es gibt einige Positionen, die schonender und wesentlich besser geeignet sind. 

Rosa Lang hat als ausgebildete Physiotherapeutin und Heilpraktikerin einen ganzheitlichen Blick auf den Menschen. Speziell auf die Physis von Frauen, die in der Medizin immer noch nicht vollumfänglich Beachtung findet. Bis es soweit ist, musst du selbst besonders gut auf dich achten! Der Beckenbodenbereich der Frau ist kein Tabu-Thema!