Beige Babys

Gefährliche Trendfarbe: Wieso Beige der kindlichen Entwicklung schadet

Wer als Baby heutzutage etwas auf sich hält, trägt beige. Die Schattierungen reichen von Knochen- bis Cremetönen. Es gilt: Hauptsache farblos. Doch der neue Trend birgt auch Gefahren ...

Baby komplett in Beige gekleidet© iStock/inarik
Beige ist das neue Bunt.

Okay, ich gebe es zu: Wenn ich die Wahl zwischen einem Kinderpullover mit Feuerwehr-/Bagger-/Rennauto-Motiv und einem schön schlichten Modell habe, so klickt mein Finger automatisch auf letzteren. Und wenn ich mich in meinem Instagram-Feed so umschaue, dann geht es nicht nur mir so. Was ich dort sehe: Beige in allen Schattierungen! Naturtöne im Kinderzimmer und bei Kinderkleidung sind voll im Trend.

Wenig überraschend, denn auch Mode- und Interior-Marken für Erwachsene orientieren sich schon seit längerem an dem neuen Minimalismus. Waren in früheren Jahrzehnten eher schrille Farben angesagt, kehrt man nun zurück zur Natürlichkeit. Nun schwappt der Trend auch hinüber ins Kinderzimmer.

Die Idee dahinter ist ja auch erstmal nicht verkehrt. Schließlich wirken Beige- und Brauntöne beruhigend, warm und erdend. Und genau diese Atmosphäre wünscht man sich doch schließlich für seine Kinder.

Zu viel Beige ist schädlich

Doch auch beim Beige-Trend gilt: Die Dosis macht das Gift. Natürlich schadet niemand seinem Kind mit einer cremefarben gestrichenen Wand oder einem hellbraunen Pullover. Doch viele Eltern neigen dazu, Farbe komplett aus dem Kinderzimmer zu verbannen. Absurder Höhepunkt: ein Regenbogen-Mobile in fünf verschiedenen Brauntönen. Das mag dem eigenen ästhetischen Befinden vielleicht zusprechen – doch unseren Kindern tun wir mit der Beige-Eskalation keinen Gefallen.

Kinder brauchen Farben!

Denn: Für die Gehirnentwicklung brauchen Kinder Farben. Gegenüber dem "Wall Street Journal" erklärte die US-Kinderpsychologin Ann-Louise Lockhart: "Es ist wichtig, Kinder dem Lernen von Farben auszusetzen, um ihnen bei ihrer visuellen Wahrnehmung zu helfen. Abwechslung ist wichtig für die Gehirnentwicklung."

Ein weiterer Nachteil ist der Preis. Es gilt oftmals: Je blasser, desto teuerer. Der Boho-inspirierte Trend stammt oft von exklusiven skandinavischen Marken, die sich ihre stylishen farblosen Spielzeuge teuer bezahlen lassen. Doch natürlich sind auch bereits große Ketten wie H&M oder Zara auf den Zug aufgesprungen und bieten die begehrten Teile für kleineres Geld an.

Spott für den Farblos-Trend

Der Beige-Hype hat inzwischen sogar schon einen Namen: In englischen Medien spricht man von "Sad Parenting" ("Trauriger Elternschaft"). Die Comedienne Hayley DeRoche feiert mit ihrem Instagram-Account "Official Sad Beige" große Erfolge, indem sie den Farbentzug bei der Kinderausstattung aufs Korn nimmt. Mehr als 300.000 Follower lachen regelmäßig über ihre Postings.

Was mich betrifft, so habe ich seit Beikosteinführung helle Farbtöne aus reinem Pragmatismus weitgehend verbannt. Es stellte sich nämlich heraus, dass Karottenbrei und Heidelbeeren jeden Fleckentferner an seine Grenzen bringen.

Doch es scheint auch Kinder zu geben, die nicht kleckern. Oder Eltern, die geschickter darin sind, ihre Kleinen vor der Breischlacht für Instagram in Szene zu setzen. Anders kann ich mir die Fotos von Kindern in cleanen Naturton-Sets, die direkt einem H&M-Katalog entsprungen zu sein scheinen, nicht erklären.

Und was das Kinderzimmer betrifft: Spätestens seit mein Sohn auf Lego Duplo, Bilderbücher, Puzzles und Rennautos steht, ist vor allem der Fußboden seines Zimmers eines: BUNT! Unterwandert er damit mein ausgeklügeltes Deko-Konzept? Definitiv. Und ist es mir trotzdem egal? Herzlich egal sogar. Es gibt schließlich Wichtigeres als "schön" ...

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