Liebevolle Mutter, die ihren traurigen Sohn zu Hause tröstet.© iStock/skynesher
Eltern sollten ihren Kindern Glauben schenken und genau hinhören. Auch oder vor allem wenn Großeltern Grenzen überschreiten.

Klar: Eltern und Großeltern haben oft unterschiedliche Auffassungen von Kindererziehung. Was früher als richtig galt, hinterfragen moderne Eltern kritisch. Und umgekehrt heißt die ältere Generation nicht alles gut, was heutzutage so als Nonplusultra in Erziehungsangelegenheiten gilt.

Aber eines sollte inzwischen doch wohl bei allen angekommen sein: dass Gewalt gar nicht geht.

Nur was, wenn Oma das ganz anders sieht?

Wenn Oma den Enkel schlägt

Eine Mutter veröffentlichte bei "Reddit" einen Beitrag, der hohe Wellen schlug. Sie berichtete darin von einem Vorfall bei ihrer Schwiegermutter. Während sie selbst ihr sechs Monate altes Baby im Arm hielt, kümmerte sich die Oma um ihr älteres Kind. "Er kam gerade aus dem Kindergarten, war wild und aufgedreht", schreibt die Mutter. Dann tat ihre Schwiegermutter das Undenkbare: Sie verpasste ihm einen Klaps. "Ich sagte ihr, dass das nicht der richtige Weg sei, um ein Kind zu erziehen." Doch einsichtig zeigte sie sich nicht.

Schwiegermutter zeigt keine Einsicht

"Sie war verärgert, sagte, ich würde überreagieren und ging hinaus, um sich zu beruhigen", erzählt die Mutter. Als sie zurückkam, erklärte sie weshalb sie sich so verhalten habe – und die Erklärung versetzte die zweifache Mutter in Erstaunen. "Sie sagte mir: 'Es ist besser, wenn ein Kind weint, als wenn ein Elternteil weint, weil sich das Kind verletzt hat'."

Doch wie reagieren Eltern angemessen, wenn die Erziehungsansichten der Großeltern so gar nicht mit den eigenen Werten konform gehen?

"Wenn wir sehen, wie ein Großelternteil oder ein Familienmitglied ein Kind auf diese Weise diszipliniert, kann das ein doppelter Schock sein", sagt die Familientherapeutin Fiona Yassin gegenüber "Huffpost". "Erstens, weil man mit der Tatsache zu kämpfen hat, dass sein eigenes Kind verletzt wurde. Und zweitens, weil es das Vertrauen in die eigenen Eltern zerstört."

Ruhe bewahren und vor allem das Kind schützen

Die Expertin empfiehlt, die Situation vor dem Kind nicht eskalieren zu lassen. "Auch wenn Eltern in diesem Moment schockiert sind, sollten sie bedenken, dass ein Kind, das geschlagen wurde, wahrscheinlich Angst haben wird", sagt sie. "Wenn das Kind dann auch noch den Streit mitbekommt, kann das die Situation noch beängstigender machen."

Sie rät Eltern, die Ruhe zu bewahren – auch wenn es schwierig ist – und das Kind aus der Situation herauszunehmen. "Die Priorität besteht darin, dem Kind die Angst zu nehmen und die Situation zu beruhigen", sagt sie.

Wenn ein Kind erzählt, dass ein Verwandter es geschlagen hat, ist es wichtig, ihm zuzuhören und sich ein Bild von der Situation zu machen – ohne Schuldzuweisungen. "Wenn ein Kind eine Situation beschreibt, kann das oft bedeuten, dass etwas ganz anderes passiert ist, als wir es uns vorstellen", sagt die Therapeutin. 

Das Gespräch mit den Großeltern suchen

Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, die Großeltern auf den Vorfall anzusprechen. Fiona Yassin betont: "Es ist wirklich wichtig, bei der Herangehensweise sanft und ruhig zu sein." Für frühere Generationen sei ein Klaps eine ganz gewöhnliche Erziehungsmaßnahme gewesen. "Aber das macht es nicht richtiger oder akzeptabler", sagt sie.

"Es ist wichtig, den Großeltern mitzuteilen, dass man mit damit nicht einverstanden ist. Eltern sollten ihre Grenzen offen darlegen und auch benennen, welche Erziehungsmethoden für sie vertretbar sind"“, erklärt die Therapeutin. 

Beim Gespräch mit den Großeltern sollten anklagende Du-Aussagen vermieden und stattdessen Ich-Aussagen gewählt werden. So können Eltern beispielsweise sagen: "Ich finde, dass Schlagen in meiner Familie nicht akzeptabel ist und ich möchte mein Kind davor bewahren, Angst vor Erwachsenen zu haben."

Sie rät: "Eltern sollten dem Familienmitglied deutlich machen, dass sie sich wünschen, dass ihr Kind eine liebevolle Beziehung zu ihm hat und dass sie nicht möchten, dass es ängstlich oder wütend ist."