Für dieses Phänomen gibt es sogar einen Namen: "overtouched", also wörtlich übersetzt "überberührt sein". Doch leider kommt unsere Reaktion darauf bei anderen manchmal gar nicht so gut an. Was wir dann tun können bzw. wie wir es ihnen erklären.
Overtouched: Wenn einem der Körperkontakt einfach zu viel wird
Es kann als Mutter schon mal vorkommen, dass man von dem ganzen "Getüddel" mit dem Baby oder den Kindern zwischendurch einfach mal genug hat. Ständig trägt man das Baby am eigenen Körper herum, die Kleinkinder "kleben" am "Rockzipfel" und verfolgen einen auf Schritt und Tritt, mitunter kann man nicht mal mehr alleine aufs Klo gehen oder duschen. Kommt euch bekannt vor? Wenn dann auch noch der Partner nach Hause kommt und kuscheln will, würde man am liebsten Reißaus nehmen. Da kann es schon mal zu ungünstigen Situationen und Missverständnissen kommen. Dabei will man eigentlich niemanden vor den Kopf stoßen, hat aber einfach gerade mehr als den Kanal voll. Natürlich lieben wir unsere Kinder. Und auch unseren Partner. Dennoch will man seinen Körper manchmal einfach nur für sich haben. Man fühlt sich genervt, gereizt und überfordert. Was dann (wie so oft) wichtig ist: klare Kommunikation.
Wie kommt es zum Overtouched-Syndrom?
Eltern, und klassischerweise noch immer vor allem Mütter, sind in der Baby- und Kleinkindzeit ständig mit den Bedürfnissen anderer (und nicht der eigenen) beschäftigt. Das Baby will getragen, gefüttert, bekuschelt, zum Einschlafen begleitet werden – ständig habt ihr es nah am Körper. Doch auch größerer Kinder fordern – zu Recht – Körperkontakt und Kuscheleinheiten ein. Beim Kuscheln schüttet unser Körper das sogenannte Kuschel- oder auch Bindungshormon Oxytocin aus. Das ist hilfreich, wichtig und schön und sorgt im richtigen Maß für Wohlbefinden, Zuneigung und Entspannung. Im Übermaß kann es aber dazu führen, dass man zu viel davon hat und es sich eben nicht mehr gut anfühlt. Man will dann nicht noch mehr Körperkontakt und hat eine Lust mehr auf Kuscheln (egal, mit wem), sondern will einfach nur in Ruhe gelassen werden.
Ein ähnliches Phänomen wurde sogar schon in Cartoons aufgegriffen, wie dieses Reel zeigt:
Was tun, wenn du betroffen bist?
Du hast das Gefühl, dass du gerade einfach nicht angefasst werden willst? Sei liebevoll mit dir selbst. Nimm deine Empfindung wahr und verurteile dich nicht dafür.
Isabel, eine Psychologin, erklärt bei "fühlen wir" das Phänomen des "overtouched"-Seins sehr anschaulich in einem Instagram-Video. Sie sagt darin:
Wegen des ständigen, dauerhaften Körperkontakts mit deinen Kindern, die dich immer irgendwie irgendwo anfassen wollen, küssen wollen, kuscheln wollen oder auf deinen Schoß möchten – möchtest du als Mama irgendwann vielleicht einfach nicht mehr angefasst werden. Weder von deinen Kindern, noch von deiner Partner:in.
Welche Symptome hat man, wenn man "overtouched" ist?
Die Anzeichen dafür, dass man overtouched ist, können sehr unterschiedlich und vielfältig sein. Dazu gehören Stressempfindung, Gereiztheit, Lust- oder Gefühllosigkeit, oder auch das Gefühl von Ekel vor Nähe oder Intimität. Um die eigenen Grenzen wahren zu können, sei es aber ganz wichtig, es anzusprechen, wenn man nicht berührt werden möchte, so die Psychologin.
Was gegen das Overtouched-Syndrom hilft
An dieser Stelle, also, wenn du dich overtouched fühlst, ist es enorm wichtig, dass du dir Unterstützung holst und dir regelmäßig ungestörte Zeit für dich alleine einräumst. Vielleicht ...
- ... kann für ein paar Stunden in der Woche ein Babysitter kommen.
- ... könnt ihr als Paar euch die Aufgaben anders aufteilen.
- ... können die Großeltern regelmäßig einspringen.
- ... möchtet ihr über eine Leih-Oma nachdenken.
- ... findet ihr andere Möglichkeiten, wie du dir regelmäßig eine kleine Auszeit gönnen kannst.
- ... kannst du den Mittagsschlaf deines Kindes für dich nutzen und zum Beispiel ein Bad nehmen oder ein Buch lesen – oder selbst ein Nickerchen machen.
Tatsächlich kann es auch helfen, durch eine Massage, Maniküre, Pediküre oder Ähnliches – also Berührungen, die nur für dich sind – wieder zu spüren, wie wohltuend und nährend Berührungen sein können. Generell ist es wichtig, dass du dir ganz ungestörte Me-Time einrichtest – und das bedeutet nicht, ohne Baby einkaufen zu gehen. Sondern wirklich etwas für dich zu machen bzw. dich ungestört ausruhen zu können.
So erklärst du es deinem Partner
Sage deinem Partner, was los ist und warum du gerade nicht angefasst werden möchtest. Dabei kannst du auch erklären, dass dies nicht bedeutet, dass du deinen Partner (oder deine Partnerin) ablehnst. Das eine hat mit dem anderen wirklich nichts zu tun, aber das Gegenüber könnte es sonst so auffassen. Erkläre, dass es einfach darum geht, dass du gerade Abstand und Raum für dich brauchst. Einfach, weil du zurzeit zu viel Körperkontakt und körperliche Nähe hattest (mit den Kindern).
So erklärst du es deinen Kindern
Du könntest deinen Kindern zum Beispiel sagen, dass du es super gerne magst, wenn sie so nah bei dir sind. Gleichzeitig bräuchtest du aber gerade etwas Raum um deinen Körper herum. Sie sollen sich nicht abgewiesen fühlen, dennoch ist es wichtig, eigene Grenzen klar zu kommunizieren.
Schau dir hier das Video komplett an: