
Laut Datenbank der EU-Kommission gibt es zurzeit rund 400 Zusatzstoffe, von denen die meisten ein E tragen. E steht für EU und edible (essbar). Es ist ein internationaler Code, der zeigt, dass die Substanz als sicher für die Verwendung in Lebensmitteln und Getränken eingestuft wurde. Es wird dabei immer mit einer Zahl kombiniert – E 621 etwa ist der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat.
Da wir Verbraucher mit den Namen der Substanz und den E-Nummern wenig anfangen können, muss in der Zutatenliste auf der Verpackung zur besseren Einordnung der Klassenname, z. B. Emulgator oder Konservierungstoff, ergänzend zur E-Nummer angegeben werden. Doch E-Nummern haben einen schlechten Ruf, daher findet man sie immer seltener auf Etiketten. Eine Zutatenliste mit vielen Es liest sich weniger appetitlich als eine Auflistung mit Bezeichnungen wie Emulgator (Lecithin).
Unruhe, Hyperaktivität, Zappeln
Möchte ein Hersteller einen Zusatzstoff in den Verkehr bringen, muss er beweisen, dass die Substanz keine Gesundheitsschäden beim Menschen hervorruft. Tatsächlich stellt sich aber oftmals erst im Nachhinein heraus, dass ein Zusatzstoff Probleme bereitet. So sind z. B. sogenannte Azofarbstoffe seit Langem zum Färben von Süßigkeiten und Getränken erlaubt. Doch 2007 zeigte eine Studie der Universität Southampton, dass die Farbstoffe bei Klein- und Schulkindern zu Unruhe, Hyperaktivität und Zappeln führen. Seitdem ist für sechs Azofarbstoffe der Warnhinweis "Kann sich nachteilig auf die Aktivität und Konzentration von Kindern auswirken" vorgeschrieben. Konsequenter wäre allerdings ein Verbot gewesen.
"Knochenkiller in Cola und Wurst"
Zu den Zusatzstoffen, die in den letzten Jahren besonders in die Kritik geraten sind, zählen vor allem Phosphate (E 338 bis 340 und E 450 bis 452). Sie gelten als "Knochenkiller", weil sie Kalzium aus den Knochen lösen und sie instabil machen. Mit einem Liter Cola, der die erlaubte Höchstmenge an Phosphorsäure enthält, werden bereits 50 bis 75 Prozent der täglich akzeptablen Phosphatmenge getrunken. Zugesetztes Phosphat findet sich auch in Bratwurst, Aufschnitt, Schmelzkäse, Backpulver und Instantkaffee. Die Grenze der vertretbaren Aufnahme ist also mitunter schnell erreicht. Bio-zertifizierte Produkte enthalten jedoch keine Phosphate, da die ökologischen Vorgaben dies grundsätzlich nicht erlauben (mit Ausnahme von Kalziumphosphat, E 341, das als Säureregulator, Trenn- oder Festigungsmittel verwendet wird).
Etiketten werden reingewaschen
Obwohl immer mehr Hersteller mit "frei von ..." und "ohne ..." werben, heißt das nicht, dass die Lebensmittel auch "ohne" sind. Stattdessen werden Substanzen eingesetzt, die dieselbe Wirkung haben wie ein Zusatzstoff, aber keine Zusätze im Sinne des Lebensmittelrechts sind. Im Zutatenverzeichnis auf der Verpackung tragen sie also keine E-Nummern und keinen Hinweis auf die jeweilige Wirkung, wie Verdickungsmittel oder Farbstoffe. So werden die Etiketten ganz einfach reingewaschen. "Funktionale Additive" ist die korrekte Bezeichnung für Substanzen, die statt eines Zusatzstoffs den Lebensmitteln zugesetzt werden, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen.
Drei Beispiele der Irreführung
- Ohne künstliche Farbstoffe: Statt einer Lebensmittelfarbe mit E-Nummer wird ein natürliches Färbemittel eingesetzt. Der Fruchtjoghurt wird durch Rote Bete rosa, der Vanillejoghurt durch einen Kürbisextrakt gelb und die Wasabinüsse durch Algenpulver grün. Auf dem Etikett steht lediglich die entsprechende Zutat, also Rote-Bete-Pulver oder Kürbiskonzentrat, jedoch keine E-Nummer.
- Ohne geschmacksverstärkende Zutaten: Weil Glutamat & Co. einen schlechten Ruf haben, verzichten selbst die großen Nahrungsmittelkonzerne zunehmend darauf – und setzen stattdessen auf Hefeextrakt, Würze auf der Basis von Eiweiß, Tomatenpulver oder Sojaprotein. Denn sie enthalten alle ebenfalls Glutaminsäure, die den Geschmack verstärkt. Das ist aus Sicht der Hersteller sehr praktisch, denn das Etikett bleibt frei von Zusatzstoffen.
- Ohne Konservierungsstoffe: Diese Angabe bedeutet meist, dass andere als die üblichen Konservierungsstoffe in einem Produkt enthalten sind: Carnosolsäure beispielsweise, ein Extrakt aus Rosmarin, schützt fetthaltige Speisen vor Verderb. Um die Deklaration E 392 zu umgehen, wird auch die Bezeichnung Rosmarinextrakt verwendet.
Autorin: Petra Heimann