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Hach, was ist es schön, wenn die Kleinen anfangen zu reden! Und ich meine nicht das erste "Mama" oder "Papa", das sowieso das Herz in der Brust hüpfen lässt vor lauter Liebe. Ich rede von den wirklich hilfreichen Worten. So etwas wie "Arm!", "Aua!", "Ham Ham" oder direkt "Hungaaar". Wo vorher nur Gebrüll war, kommt durch diese Worte endlich eine Ahnung, WARUM das Kind gerade weint. Was für eine Erleichterung für den Alltag mit Kleinkind. Zumindest auf den ersten, hinterhältigen Blick
Erst kommen die Worte, dann die Wut
Wenn Kinder anfangen verbal zu kommunizieren, finden wir Eltern das einfach nur phänomenal und zuckersüß. Erst recht, wenn die kleinen Mäuse so niedliche Wortkreationen fabrizieren. Natürlich bekommt die Zweijährige noch eine dritte Banane vorm Abendessen, wenn sie soooo süß nach "Nane?" fragt! Wer könnte da nein sagen? Im Gegenteil: Wir loben, was das Zeug hält und erfüllen unseren lieben Kleinen jeden Wunsch, den wir ihnen nun endlich nicht mehr von ihren Augen abzulesen brauchen. Schwierig wird es eben nur, wenn wir einmal doch NEIN sagen müssen.
Kind kommuniziert, Mutter pariert – oder nicht?
Bei uns war es der "Gogo". Meine Tochter ist sehr wählerisch beim Essen. Was war ich also froh, als ich endlich raushatte, dass sie mit "Gogo" Joghurt meint. Ab sofort hatte ich immer eine lächerlich große Auswahl Joghurt im Haus (den ich leicht grenzdebil nun auch nur noch als "Gogo" betitelte). Die geschmierte Stulle am Abendbrottisch wurde nur noch einmal abgeleckt, um dann mit süßem Dackelblick Richtung Kühlschrank zu zeigen und nach einem "Gogo?" zu verlangen. Klar, klappte ja auch immer wunderbar: "Du möchtest einen Gogo, mein kleiner Schatz? Aber natürlich, Mami holt dir einen!" Kind kommuniziert, Mutter pariert, alle sind happy.
Der Klassiker: die Supermarkt-Situation
Solange, bis der "Gogo" nicht im heimischen Kühlschrank, sondern im Rewe-Regal steht. Und der Wunsch nach selbigen nicht innerhalb von Sekunden erfüllt wird. "Gogoooo!" strahlt die Tochter noch in der einen Sekunde – um sich in der nächsten brüllend auf den Supermarktboden zu werfen, weil sie keinen davon JETZT sofort essen darf. Klar, die Erkenntnis muss hart sein: Jetzt kann man als zweijähriger Stöpsel zwar endlich rudimentär kommunizieren, aber was soll das bringen, wenn Mama nicht macht, was man ihr sagt.
Verständnis für Kleinkinder in der Autonomiephase
Im Grunde verstehe ich die Wut, die sich da in dem kleinen Trotzkopf abspielt, also ganz genau. Ich bin auch sauer, wenn ich mich auf leckere Nudeln beim Italiener freue und dann vor Ort erfahre, dass frische Pasta gerade aus ist. Nur schmeiße ich mich dann nicht eine halbe Stunde lang brüllend auf die Auslegeware, bis der verzweifelte Kellner mir etwas anderes zu essen bringt. (Das ich dann sowieso plärrend in die Ecke werfe.) Ich schreie mir auch nicht die Seele aus dem Leib, wenn die Pasta dann doch noch kommt – sich aber die Nudeln und die Soße berühren. Oder weil der Kellner mir das Wasser in mein Glas eingeschenkt hat, obwohl ich das selbst machen wollte. Oder weil er das Baguette zu schräg aufgeschnitten hat.
Kinder müssen angemessenes Verhalten erst lernen
Wir Erwachsenen haben andere Mittel, unsere Gefühle zu verbalisieren. Kinder, die in der Trotzphase (oder etwas neutraler formuliert: in der Autonomiephase) stecken, müssen diese erst kennenlernen. Das Weinen, Schlagen, Treten und Brüllen, wenn ein Vorhaben nicht gelingt oder ein Wunsch nicht erfüllt wird, ist ein ganz natürlicher Entwicklungsprozess, den alle Kinder durchlaufen. Sie tun es nur in unterschiedlich ausgeprägter Intensität.
Die Autonomiephase ist wichtig und wertvoll!
Den Spruch "Kinder mit 'nem Willen, kriegen eins auf die Brillen" kennen wir vermutlich alle noch von unseren Großeltern. Zum Glück stirbt er langsam aus. Denn mal abgesehen davon, dass körperliche Strafe natürlich nie eine Option sein darf, ist ein eigener Wille nun wirklich nichts, was überhaupt unter Strafe stehen sollte! Auch nicht bei einem Kleinkind, dessen Wille uns gerade nicht in den Kram passt. Denn das Gute an der Entdeckung der eigenen Meinung (das man sich immer wieder Mantra-mäßig aufsagen sollte, wenn das Kind mal wieder mit einem Wutanfall die ganze S-Bahn unterhält): Die Autonomiephase trägt maßgeblich zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Das Ich-Bewusstsein bildet sich in dieser Zeit heraus. Das bedeutet: Das Kind nimmt sich zunehmend als eigenständige Persönlichkeit wahr. Es möchte Dinge ausprobieren, erkunden und ganz viel selbermachen.
Im Trotzalter ist vieles frustrierend
Blöd ist nur, dass vieles von diesem "Selbermachen" nicht auf Anhieb klappt. Das löst natürlich Frust aus, der im Trotzalter schnell zum Wutanfall wird. Diesen zu ertragen, ist für die Eltern selten leicht.
In der Autonomiephase reagiert jedes Kind anders
Tipps, wie man mit den kleinen Wüterichen am besten umgehen sollte, gibt es viele. Welche wie gut funktionieren, hängt natürlich von vielen Faktoren ab: vom Kind selbst, von den Eltern, von Regeln, die zu Hause bestehen, von Grenzen, die bislang gesetzt wurden (oder auch nicht), von der Erziehungsform und von vielen weiteren äußeren Faktoren.
Während man meinen Sohn mit Auf-den-Arm-nehmen oft beruhigen kann, darf man meine Tochter (mit ihren zwei Jahren gerade frisch angekommen im unterhaltsamen Trotzalter) nicht einmal falsch angucken, wenn sie sich gerade in Rage schreit.
Aktueller Fall: Ich wollte heute Nacht um 04:17 Uhr nicht das Bobo-Siebenschläfer-Buch vorlesen. Ein halbstündiger Wutausbruch war die Quittung.
Tipp für die Autonomiephase: Das klappt bei uns!
Was bei uns bei beiden Kindern gut funktioniert, sowohl bei der Zweijährigen als auch beim Fast-Fünfjährigen, ist dieser kleine Trick, den ich einem meiner ersten Elternratgeber entdeckt habe (und der unter erwachsenen Arbeitskollegen übrigens genauso effektiv ist): Ablenken und Optionen anbieten lautet dabei die Devise. Ein Beispiel: Einen Lego-liebenden Stubenhocker wie meinen Sohn bekomme ich mit: "Zieh dich endlich an, wir gehen jetzt auf den Spielplatz" garantiert nicht vor die Tür, sondern nur in den nächsten Wutanfall. Frage ich ihn aber: "Welche Lego-Sachen möchtest du mitnehmen, wenn wir gleich auf den Spielplatz gehen?", hole ich ihn ganz anders ab. Seine Gedanken kreisen nun um die Spielplatz-Tasche, die gepackt werden muss. Und allein ER entscheidet, was dort hineinkommt.
Bei der Tochter ist es das verhasste Zähneputzen: Statt "Komm jetzt, wir müssen noch Zähneputzen!" locke ich sie mit "Welche Zahnpasta willst du heute nehmen?" ins Badezimmer. Sie allein entscheidet dann, ob rote Conni-Zahnpasta oder blaue Drache-Kokosnuss-Paste auf die Zahnbürste kommt. Ich gebe zu: Das klappt nicht an allen Tagen. In harten Fällen muss ich ein "Welches Buch soll ich dir beim Zähneputzen vorlesen?" hinterherschieben.
Durchatmen, ruhig bleiben, abwarten
Und an diesen Tagen, an denen selbst das nichts bringt (und die wir Eltern ALLE kennen), hilft nur eins: Durchatmen. Den Wutausbruch geschehen lassen. In der Öffentlichkeit: Nicht von Blicken und Kommentaren anderer beirren lassen. Und nicht verzweifeln: Auch die anderen Kinder machen diese Autonomiephase durch. Alle. Und jedes einzelne von ihnen wird eines Tages als erwachsener Mensch im Restaurant sitzen – und sich nicht mehr brüllend auf den Boden werfen, nur weil das Leibgericht heute aus ist.