Kleines Mädchen mit Tablet im Bett.© Getty Images/Liderina
Vom Fernsehen gibt es zwar keine quadratischen Augen. Das Gehirn verändert sich allerdings schon ...

Kaum ein anderes Thema wird unter Eltern so heiß diskutiert wie dieses: Ab wann und wie lange ist Bildschirmzeit für Kinder okay?

Die meisten Eltern plagt das schlechte Gewissen, wenn sie ihre Kinder Fernsehen schauen lassen – aber so ganz ohne Serien, Videos und Co. geht es heutzutage doch ohnehin nicht. Oder? Und: Schadet die Berieselung wirklich?

Neue Studie über Gehirn und Mediennutzung

Mit einer neuen Studie hat man herausgefunden, dass die Zeit, die Kinder mit Fernsehschauen oder Computerspielen verbringen, eine messbare und langfristige Auswirkung auf ihre Gehirnfunktion hat.

Insgesamt 23 Jahre lang haben sich Neurowissenschaftler mit dem Einfluss von Bildschirmzeit auf die Entwicklung von Kindern beschäftigt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich sowohl positive als auch negative Effekte feststellen lassen.

Die Studie, die nun in der Fachzeitschrift "Early Education and Development" veröffentlicht wurde, hat die Auswirkungen von digitaler Technologie auf die Gehirne von Kindern unter zwölf Jahren untersucht. Insgesamt nahmen mehr als 30.000 Probanden an der Studie teil, und die Ergebnisse sind erstaunlich.

So verändert sich das Gehirn durch fernsehen

Die Forscher fanden heraus, dass Bildschirmzeit in folgenden Bereichen zu Veränderungen am Gehirn führt:

  • im präfrontalen Kortex des Gehirns, der für das Gedächtnis verantwortlich ist
  • im Scheitellappen, der uns hilft, Berührung, Druck, Hitze, Kälte und Schmerz zu verarbeiten
  • im Schläfenlappen, der für Gedächtnis, Gehör und Sprache wichtig ist
  • im Hinterhauptslappen, der dafür da ist, visuelle Informationen zu verarbeiten

Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass frühe Mediennutzung einen erheblichen Einfluss auf Form und Funktion des Gehirns habe. Die Auswirkungen seien überwiegend negativ, aber nicht ausschließlich …

Die Art der Bildschirmzeit macht einen Unterschied

Dabei macht es offenbar einen Unterschied, welche Art von Medien Kinder nutzen. Bei Tablet-Usern wurden eine schlechtere Gehirnfunktion und schlechtere Problemlösungsfähigkeiten festgestellt.

Bei Kindern, die oft Videospiele spielen oder im Internet surfen, ließen sich Veränderungen im Gehirnvolumen und in den Gehirnbereichen nachweisen, die sich auf die Intelligenz auswirken.

Insgesamt ergab die Studie, dass intensive Mediennutzung einen Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten von Kindern hat und darauf, wie sie visuelle Eindrücke verarbeiten.

So weit zu den negativen Aspekten. Andere Messungen ergaben hingegen, dass sich digitale Medien auch positiv auf die Gehirnfunktion eines Kindes auswirken können. Forscher wiesen teilweise verbesserte Konzentrations- und Lernfähigkeiten im Frontallappen des Gehirns nach. Außerdem legten die Ergebnisse nahe, dass Videospielen möglicherweise die kognitiven Fähigkeiten von Kindern verbessern könnten. 

Generell gilt hier: Die Dosis macht das Gift. Die Wissenschaftler gaben keine Empfehlung ab, welche Bildschirmzeit für Kinder angemessen ist. Ihrer Einschätzung zufolge ist es wichtiger, Eltern zu sensibilisieren, altersgemäße Programme auszuwählen, die die Gehirnentwicklung ihrer Kinder fördern.  

Bildschirmzeit für Kinder: Was empfiehlt die WHO?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Empfehlungen zur Bildschirmzeit für Kinder herausgegeben. Laut der WHO sollten Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren nicht mehr als eine Stunde pro Tag vor Bildschirmen verbringen. Für Kinder unter einem Jahr wird empfohlen, komplett auf Bildschirmzeit zu verzichten. Die WHO betont, dass zu viel Zeit vor Bildschirmen negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern haben kann. Stattdessen sollten Kinder in diesem Alter ausreichend Zeit für körperliche Aktivitäten, Spiel und soziale Interaktionen haben. Eltern werden ermutigt, die Bildschirmzeit ihrer Kinder zu begrenzen und alternative Aktivitäten zu fördern, um die ganzheitliche Entwicklung ihrer Kinder zu unterstützen.